Digitale Transformation und Machine Learning

Operational Excellence in der Montage

Um die Prozess- und damit auch die Produktsicherheit bei steigender Variantenvielfalt auf ein neues Niveau zu heben, hat die Gruner AG in der Elektronikfertigung das Produktionssystem SAP Manufacturing Execution (SAP ME) eingeführt. Das darin integrierte Add-on Assembly-by-Motion von IGZ führt die Werker gestengesteuert durch die Montage und kontrolliert die Schritte lückenlos.

Automatisierte Montagekontrolle mit Objekt-, Positions-, Farb- und Qualitätserkennung (Bild: IGZ Ingenieurgesellschaft)
Automatisierte Montagekontrolle mit Objekt-, Positions-, Farb- und Qualitätserkennung (Bild: IGZ Ingenieurgesellschaft)

Seit Gründung im Jahr 1953 ist es Gruner gelungen, mit einem fein justierten Angebot an Relais, Magneten und Stellantrieben eine Spitzenposition in hart umkämpften Märkten zu besetzen. Speziell in Deutschland bündelt der im baden-württembergischen Wehingen beheimatete Hersteller seine Kompetenzen in den Bereichen Entwicklung und Design, Elektronikfertigung, Werkzeugbau, Stanzen, Spritzen und Stellantriebe. Bereits 1977 wurde die Internationalisierung durch die Erweiterung um einen Montagestandort in Tunesien eingeleitet. Weitere Werke befinden sich heute in Serbien und Indien. Weltweit ist die Gruner AG mit mehr als 1.400 Mitarbeitern vertreten. 2019 belief sich der Umsatz auf rund 100 Millionen Euro, bei einem Exportanteil von 60 Prozent.

Flexibel und präzise

Die Grundwerte von Gruner finden ihren Ausdruck im ‚Slinky‘, einem aus einer Schraubenfeder bestehenden Objekt, das sich selbständig zu bewegen scheint und auf den US-amerikanischen Mechaniker Richard James zurückgeht. Es zeigt die Faszination der Physik – und symbolisiert Flexibilität in Reinkultur. Diese Fähigkeit in Verbindung mit Innovation, Effizienz und Qualität zeichnen das mittelständische Familienunternehmen aus. „Wir haben eine extrem große Variantenvielfalt und arbeiten stark Kundenorientiert“, sagt Martin Spreitzer, Vorstand Produktion. „Daher sind wir auch getriggert, einen extrem hohen Qualitätsgrad in unseren Prozessen abzubilden.“ Auf Basis der über Jahre gewachsenen Infrastruktur waren die Vorgaben an Qualitätskontrolle und Fehlerprävention sowie weitere Anforderungen an die Digitalisierung zunehmend schwer zu bedienen. Dies sollte sich durch die Einführung des standardisierten Produktionssteuerungssystems SAP ME ändern. Für eine Ablösung der vorhandenen IT-Architektur sprach insbesondere deren Komplexität. So befanden sich verschiedene zugekaufte und auch aus Eigenentwicklung stammende Sub-Systeme im Einsatz. Diese waren teils veraltet und mussten aufwendig gewartet und synchronisiert werden. Erschwerend hinzu kamen SPS-gebundene Prüfvorgänge, die bei jeder neuen Produktvariante neu angepasst werden mussten. Auch der Zeitverzug zwischen Auftragsstart und Abschlussmeldung wollte das Unternehmen aufgrund fehlender Transparenz nicht mehr tolerieren.

Wegweisendes Pilotprojekt

Die Ziele der SAP-ME-Einführung als zentrale Digital-Manufacturing-Lösung waren klar definiert: Durchgängige Transparenz, auch um anhand aktueller Informationen schneller auf Unplanmäßiges reagieren zu können, sowie ein verbesserter und hoher Dokumentationsgrad für die einzelnen Produkte. Parallel sollte über eine strikte Prozessverriegelung die Produktqualität sichergestellt werden. Für das Manufacturing Execution System (MES) von SAP entschieden sich die Projektverantwortlichen, da es offen und konfigurierbar war, die Benutzeroberfläche überzeugte und sich sämtliche Fertigungsprozesse digital steuern und überwachen ließen – bis hin zu Losgröße 1. Zudem konnte Gruner so die bereits eingeschlagene SAP-Strategie bis in die Produktion weiterverfolgen und die Hana-Datenbank, die für ME eingesetzt wird, vor dem geplanten Umstieg auf die SAP S/4-Plattform kennenlernen. Entsprechend hohe Erwartungen wurden an den Implementierungspartner gerichtet. „Entscheidend im Auswahlprozess war eine fundierte Einsatzanalyse, in deren Verlauf die IT-Spezialisten von IGZ ihre nachgewiesene Kompetenz im Bereich SAP Manufacturing unter Beweis gestellt haben“, sagt Sebastian Kosicki, Projektleiter und Koordinator für die Digitalisierung der Produktion bei Gruner. Überzeugt haben zudem Referenzbesuche sowie die Präsentation des neuen Best Practices Assembly-by-Motion (ASM) von IGZ, eine ME-integrierte kamerabasierte Lösung zur Montageführung und -kontrolle. Vor diesem Hintergrund erhielt IGZ den Auftrag, SAP ME am Produktionsstandort Wehingen zu implementieren. Gleichzeitig ging Gruner eine Pilotpartnerschaft mit dem IT-Dienstleister ein, um ASM in die Prozesse einzubinden.