Synchrone Prozesse bei Gebhardt Fördertechnik

Vollautomatische Produktionsplanung

Die Intralogistik-Anlagen von Gebhardt bestehen aus bis zu 100.000 einzelnen Komponenten. ( (Bild: Gebhardt Fördertechnik GmbH))
Die Intralogistik-Anlagen von Gebhardt bestehen aus bis zu 100.000 einzelnen Komponenten. ( (Bild: Gebhardt Fördertechnik GmbH))

Go-live nach wenigen Monaten

Bereits im Juni gleichen Jahres war der Go-live, inklusive der Rückschreibung neu terminierter Fertigungsaufträge aus Asprova in SAP. Auch die Prozesse, Prozessregeln und Restriktionen waren bereits vollständig im APS-System hinterlegt:

  • • Die Fähigkeiten/Kapazitäten und Restriktionen für alle einzelnen Produktionsressourcen wie Fertigungsanlagen, Arbeitsplätze und Mitarbeiter,
  • • das System gibt eine Kantmatrix vor, welches Blech auf welcher Kantbank gefertigt werden darf,
  • • je nach Gerätetyp stehen bestimmte Montageplätze bereit. Das ERP-System gibt die Arbeitsplatzgruppe vor, das APS wählt den Montageplatz,
  • • Prozesszeiten, Umrüstzeiten und Wartezeiten zwischen Prozessen mit individuellen Regeln stehen ohne aufwendige Datenpflege zur Verfügung,
  • • zwanzig Auswärtsfertiger sind eingepflegt. Dabei hat jede Auswärtsfertigung eine unterschiedliche Durchlaufzeit. Asprova APS kalkuliert automatisch die Abholungs- und Rücklieferungstermine,
  • • der Planer kann bei knappen Inhouse-Ressourcen simulationsgestützt entscheiden, Komponenten in die passende Auswärtsfertigung zu geben,
  • • für den Bereich Abkanten und Drehen wurde eine Umrüstzeitmatrix hinterlegt, um die Reihenfolgeplanung gerade mit Blick auf Umrüstzeiten zu optimieren.

Materialbestand im Blick

Die Intralogistikanlagen von Gebhardt bestehen aus bis zu 100.000 Komponenten. Die Lagerhaltung und Materialversorgung ist dementsprechend herausfordernd. Die APS-Lösung plant und berücksichtigt nun die Bestände aller Komponenten, deren Fluktuation und den Materialeingangsplan. Zudem verknüpft die Software einzelne Komponenten und Teile dynamisch mit den Produktionsaufträgen. So wird ein One Piece Flow mit synchronisierten Unterkomponenten möglich. Auch die Zeitpunkte der Fertigstellung und der Bedarf für Halbfabrikate sind hinterlegt. Für die Materialverfügbarkeitsprüfung werden die Stücklisten und Bestände mit den Bestellungen sowie Bestellanforderungen abgeglichen. Weiterhin verwaltet das System erforderliche Bestellungen inklusive ihrer Mengen und den zugesagten Eingangsterminen. Oder es werden Bestellanforderungen mit einem Wunschlieferdatum ausgegeben. All diese Daten fließen in die Produktionsplanung, um etwa auf der Basis der erwarteten Materialeingänge den frühestmöglichen Starttermin für einen Auftrag zu errechnen. Selbstverständlich berücksichtigt das System dabei die Bearbeitungszeiten im Wareneingang.

Programmlogik und Einlasten

In Asprova lassen sich für jeden Produktionsauftrag, jede Ressource sowie Kunden und so weiter individuelle Einlastungsregeln einstellen. So kann das Tool mit Sequenzregeln über mehrere Planungsschleifen hinweg z. B. so sortieren, dass erst Nacharbeitsaufträge eingeplant werden, dann Aufträge mit handfesten Lieferterminen und schließlich Aufträge, in denen Lagerbestand produziert wird. Die Fertigung von Komponenten lässt sich auch entsprechend der Reihenfolge und Termine der Montage beim Endkunden planen. Da die APS-Anwendung alle Unterkomponenten eines Montageauftrages verknüpft, wirkt sich der Liefertermin des darüberliegenden Kundenauftrags auf alle Unteraufträge und die Sequenzierung der verschiedenen Montagestationen aus.

Ein typischer Planungslauf

Eine typische Produktionsplanung beginnt beim Anlagenbauer Gebhardt mit der Vorbereitung: Vorgänge werden erstellt und die Aufträge miteinander verknüpft. Dabei werden auch die BDE und fixierte Vorgänge zugewiesen. Dann werden Auftragsköpfe und die Montage geplant, wobei beim Sortieren die Einlastungsregeln greifen. Dann wird vorwärts mit begrenzter Kapazität geplant, wenn das Material bis zum Liefertermin verfügbar ist. Fehlen Teile, wird noch frühzeitiger eingeplant. Falls etwas übersteuert wurde, können die Anwender die Planung dann ein wenig rückwärts anpassen. Im Anschluss werden die Unterkomponenten geplant und die Montage planerisch feinjustiert. Die Unterkomponenten werden abhängig von ihrem Auftragskopf vorwärts einsortiert. Dann greifen Regeln für die Arbeitsgänge in der mechanischen Fertigung, die von Merkmalen wie Blechparameter oder CNC-Programmen abhängen. Als Nicht-Engpassressourcen sind in der APS-Installation bei Gebhardt neben Aufgaben für das Laserschneiden auch die Elektrowerkstatt und die Auswärtsfertigung hinterlegt. Diese werden erst gegen Ende des Planungslaufes nochmal rückwärts zum Starttermin des nächsten Prozesses, Vorganges oder Fertigungsauftrages eingeplant. Die Startzeit für die Nachfolgeprozesse hängen dabei von den definierten Vorgängen ab, die bis zu drei Tage Puffer erfordern. Am Schluss wird der erstellte Produktionsplan noch mittels Kennzahlen bewertet.

Effekte der APS-Einführung

Seit Integration der APS-Software und der Umstellung auf die automatische Produktionsplanung hat sich bei Gebhardt einiges verändert: Die Reihenfolgeplanung ist seit der Systemeinführung realistisch und machbar. Die Prozesse laufen synchron und damit effizient parallel zueinander ab. Materialverfügbarkeit und Planung sind im Einklang. Täglich werden mehr als 30.000 Produktionsaufträge über einen Horizont von zwei Jahren vorberechnet – in rund zwei Minuten. Visualisiert wird der Status der Aufträge durch ein Auftrags-GANTT-Diagramm, Ressourcen-GANTT-Diagramm, eine Tabelle für Reihenfolgefertigung sowie ein Kapazitäts-Auslastungsdiagramm. Die Effekte der Systemeinführung sind spür- und messbar: Die Mitarbeiter bei Gebhardt wissen nun genau, wann die einzelnen Kundenaufträge fertig sind. Und als Folge der gesunkenen Durchlaufzeiten konnte die Firma ihren Output bei gleichbleibender Produktionsfläche um 100 Prozent steigern. Vor allem aber: Im Zusammenspiel trugen alle Effekte dazu bei, dass die Gebhardt GmbH ihren Umsatz in den letzten vier Jahren verdoppelte.


Keine Konsistenz auf dem Mittelweg

Die zentrale Anforderung an eine Software zur Produktionsfeinplanung ist die Fähigkeit, die Realität der Fabrik hundertprozentig abzubilden. Das schließt Produkt eigenschaften, Prozesse, Prozessregeln und -restriktionen sowie Planungsrestriktionen ein. Wenn nur eine vermeintliche Kleinigkeit nicht erfasst wird, ist die logische Konsistenz nicht mehr durchgängig gegeben und das Planungsergebnis entfernt sich von der Realität. Und schlechte Ergebnisse sind die wohl beste Einladung an die Planer, wieder auf manuelle Prozesse umzustellen. Zu einer durchgängigen Konsistenz in der Produktionsplanung gelangt man über keinen Mittelweg.