Resiliente Lieferketten in globalen Krisen

Supply Chain Management

Die Corona-Krise hat für Disruption im produzierenden Gewerbe gesorgt. Und mit dem langfristigen Auswirkungen des Klimawandels ist die nächste Krise fast schon greifbar. Unternehmen sollten ihre Lieferketten daher so aufstellen, dass Extremwetterereignisse möglichst wenig Auswirkungen haben. Alexander Lubbadeh, Operations Engineering Manager bei FM Global, gibt Tipps für resilientere Lieferketten.

Bild: ©Kalyakan/stock.adobe.com

Während im Zuge der Corona-Pandemie vieles zum Erliegen kam, versuchten Industrieunternehmen unter allen Umständen, die Warenflüsse aufrechtzuerhalten. Das zeigt die Bedeutung einer verlässlichen Rohstoff- und Teileversorgung für die Industrie. Dabei ist die Pandemie eine zeitlich beschränkte Krise, die irgendwann vorüber sein wird. Beim Klimawandel geht es beispielsweise um einen ganz anderen Zeithorizont. Daher sollten sich Unternehmen schon heute ihre Lieferketten so gestalten, dass diese nicht durch Klimarisiken unterbrochen werden.

Effizienz vor Resilienz

Viele globale Lieferketten wurden in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Effizienz und ohne Berücksichtigung von Resilienz aufgebaut – was sie anfällig für Klimarisiken macht. Der Global Risks Report 2021 des Weltwirtschaftsforums zeigt, welchen Stellenwert Klimarisiken mittlerweile haben. 52,7 Prozent der Befragten glauben, dass extreme Wetterereignisse eine unmittelbare Gefahr darstellen. Unternehmen müssen diese Risiken daher in ihre strategischen Überlegungen miteinbeziehen und Lieferketten schaffen, die auch extremen Wetterereignissen standhalten können.

Aus einer von FM Global beauftragten Studie geht hervor, dass mehr als drei Viertel (77 Prozent) der befragten CEOs und CFOs zugeben, dass ihre Unternehmen nicht ausreichend auf die negativen finanziellen Auswirkungen des Klimawandels vorbereitet seien. Und das obwohl 76 Prozent der Teilnehmer denken, dass ihre Unternehmen dem Klimarisiko teilweise bis sehr stark ausgesetzt sind. Am meisten zeigen sich die befragten Führungskräfte von Überschwemmungen, Dürre und Wirbelstürmen beunruhigt. Diese werden als die wahrscheinlichsten negativen Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzen wahrgenommen. 82 Prozent der Umfrageteilnehmer glauben, dass sie keine Kontrolle über den Einfluss des Klimawandels auf ihre Unternehmen haben. Jedoch lassen sich negative Auswirkungen durch gute Planung abmildern oder ganz verhindern.

Risiken analysieren

Wenn Unternehmen die konkrete Gefährdung ihrer Produktion analysieren, ist es wichtig zunächst unverzichtbare Lieferanten identifizieren. Anschließend sollten sie sich auf die Analyse des Klimarisikos konzentrieren. Datengesteuerten Risikobewertungs-Tools können Erkenntnisse darüber liefern, welche Regionen, Standorte oder Geschäftspartner besonders anfällig sind.

Der Resilience Index von FM Global ist ein Instrument, das Unternehmen bei diesem Prozess unterstützt. Dieser vergleicht die Risiken in fast 130 Ländern und liefert Daten zu Faktoren, die sich auf die Resilienz von Lieferketten auswirken können. Dazu gehören Wahrscheinlichkeit von Naturkatastrophen, Qualität der Infrastruktur, Kontrolle von Korruption, die Unternehmensführung und die Transparenz der Lieferkette. Unternehmen können diese Informationen nutzen, um potenzielle Schwachstellen in ihren Lieferketten zu identifizieren. Auch können so beispielsweise alternative Produktionsstandorte aufgezeigt werden.

Bewertung vor Ort

Aus den verschiedensten Gründen kommt oftmals eine Verlagerung von Lieferketten nicht in Betracht und Unternehmen müssen trotz eines gewissen Risikos mit Partnern in bestimmten Ländern zusammenarbeiten. In diesem Fall sind Risikobewertungen vor Ort hilfreich. Zu derartigen Risikobetrachtungen gehören unter anderem lokale Hochwasserstudien, die Topografie des Standorts und die Güte der Bausubstanz. Unternehmen können diese Form der Bewertung nutzen, um eine endgültige Entscheidung darüber zu treffen, ob sie sich von einem Lieferanten trennen oder mit ihm zusammen daran arbeiten, seine Widerstandsfähigkeit gegen Klimarisiken zu stärken.

Oft sind die besten Lösungen vor Ort vergleichsweise einfache Schadenverhütungsmaßnahmen, die die Bausubstanz von Gebäuden schützen: Barrieren zum Schutz vor Hochwasserschäden, Risikoverbesserungsmaßnahmen bei Extremwetterereignissen, effektive Sprinkleranlagen oder erhöhte Plattformen zum Schutz von Waren vor möglichen Überschwemmungen. Diese Maßnahmen können dazu beitragen, die Wiederaufnahme der Produktion zu beschleunigen.

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