Flucht ist auch keine Lösung

Grundsätzlich kann Angst in zwei Reaktionen münden: Angriff und Flucht. Dabei gibt Angriff dem Betroffenen eine Form von Kontrolle über die Lösung von bedrohlich empfundenen Situationen. Das Gefühl, etwas aktiv zu tun – und sei es nur, Widerstand zu leisten – wirkt sich beruhigend aus. Flucht wiederum ist der passive Ausdruck von Angst. In diesem Fall erstarrt der Mitarbeiter und verharrt in alten Denkmustern. Beide Reaktionen, sowohl Angriff als auch Flucht, korrespondieren als Reaktionsmuster mit den Perspektiven Misstrauen und Vertrauen. Dabei handelt es sich insofern um keine Gegensätze, sondern unterschiedliche Sichtweisen zur Bewertung der Chancen aus Angriff und Flucht.

Vom richtigen Zeitpunkt

Eine gelungene Informationspolitik steht in engem Zusammenhang mit der gelebten Führungskultur und den Kompetenzen der beteiligten Führungskräfte. Ohne Fingerspitzengefühl jedoch lässt sich die Aufgabe nicht erfolgreich bewältigen. Es ist die Aufgabe der Managementebene, die richtigen Informationen zum geeigneten Zeitpunkt empfängergerecht bereitzustellen, zu erklären, Missverständnisse zu vermeiden und ein gutes Gespür für die Stimmung unter den betroffenen Akteuren zu entwickeln. Ein zentraler Erfolgsfaktor bei der Implementierung von Veränderungsprozessen ist die klare Information über das Geplante. Dazu zählen vor allem das Ziel der Veränderung und die damit verbundenen Schritte sowie der daraus resultierende Nutzen und die Notwendigkeit. Verstehen die Betroffenen die Beweggründe und erkennen den Nutzen der Veränderung auch für ihre eigene Position, fällt es ihnen leichter, Maßnahmen zu akzeptieren. Der Inhalt einer Information variiert dabei mit der Phase der Veränderung. Hierfür gilt es zentrale Fragen zu beantworten:

  • • Warum wird etwas verändert?
  • • Welche angestrebte Veränderung soll erreicht werden?
  • • Wer ist in die Veränderung involviert?
  • • Warum soll sich der/die Betroffene ändern?
  • • Welche Medien werden für die Kommunikation der geplanten Maßnahmen verwendet?
  • • Wer leitet den Veränderungsprozess und wer sind die Ansprechpartner?

Verpackung ist alles

Wie lässt sich eine Botschaft gut verpacken, damit sie die Mitarbeiter wie gewünscht erreicht und keine Angst schürt? Gerade bei Veränderungsprozessen ist eine vorsichtige, aber nicht beschönigende Wortwahl angebracht. In der Praxis hat es sich als hilfreich erwiesen, weniger von Veränderungen zu sprechen als vielmehr von Weiterentwicklung. Die Botschaft an die Betroffenen könnte lauten: „Wir sind heute gut und um noch besser zu werden, ist es notwendig, den nächsten Schritt zu gehen!“ Dieser Ansatz trifft auf deutlich mehr Akzeptanz als die Haltung: „Wir sind schlecht und müssen uns dringend verändern!“ Das muss allerdings glaubwürdig und ehrlich transportiert werden, denn sonst wird es schnell als Phrase erkannt und verfehlt die Wirkung. Eine objektive und umfassende Information kann grundlegend dazu beitragen, unbegründete Befürchtungen und Ängste abzubauen. Hierbei lassen sich drei verschiedene Arten nützlicher Informationen unterscheiden: Als Erstes solche, die durch Gründe, Ziele und Phasen der beabsichtigten organisatorischen Veränderung transparent gemacht werden. Als Nächstes Informationen, die den Betroffenen helfen, ihre neuen Rollen und Aufgaben zu verstehen und richtig auszufüllen, wie beispielsweise durch Training und Simulation. Letztlich gibt es noch Informationen, die sich auf die Auswirkungen der Veränderung beziehen und etwa Aussagen zu Status, Arbeitsplatz und Einkommen enthalten.

Das Ziel vor Augen

Warum ist die geplante Veränderung überhaupt notwendig? Diese Frage beschäftigt die betroffenen Mitarbeiter. Führungskräfte sind gefragt, dies adäquat zu beantworten. Dabei hilft ein möglichst klares, positives Zielbild. Mit solch einem Bild lässt sich der Nutzen der Veränderung für die individuellen Abnehmer aufzeigen und motiviert diese gleichzeitig, auf das Ziel hinzuarbeiten. Alle folgenden Aktivitäten erhalten somit einen nachvollziehbaren Sinn. Denn ohne Basis ergeben angestrebten Veränderungen keinen Sinn. Schon Konfuzius wusste: „Wenn über das Grundsätzliche keine Einigkeit besteht, ist es sinnlos, miteinander Pläne zu machen.“ Nur mit einem adäquaten Informationsfluss bekommen die Mitarbeiter die Chance, Rückfragen zu stellen. Hieraus entsteht ein meist produktiver Austausch, der sich zur Vorstufe der Partizipation entwickelt. Demzufolge geht es weniger um die Menge der Informationen, sondern vielmehr um ihre Qualität. Diese Vorgehensweise hat einen maßgeblichen Einfluss auf das Verhalten der betroffenen Akteure, denn die Entscheidung, ob ein Mensch eine Veränderung annimmt oder nicht, vollzieht sich in seiner eigenen Wirklichkeit. Vor einer möglichen Akzeptanz muss bei den Betroffenen erst eine positive Geisteshaltung entstehen, die die geplante Weiterentwicklung befürwortet. Das Schaffen von Transparenz bleibt dabei die beste Basis für Vertrauen. Angst hingegen ist kein guter Berater – weder aufseiten der Führungskräfte noch als betroffener Mitarbeiter. Das gilt für den normalen Arbeitsalltag und im Besonderen für einen anstehenden Change Prozess.