Augmented Reality und Crowd Service im Außendienst

Die neue Sicht für den Kundenservice

Von Maschinenherstellern werden heute moderne Dienstleistungen, schnelle Reparaturen und hohe Flexibilität erwartet. Digitalisierung und Fachkräftemangel steigern den Druck auf deren Kundenservice weiter. Dagegen helfen könnte folgendes Konzept: Digitales Field Service Management in Verbindung mit Crowd Service und Augmented Reality.

 (Bild: ©zapp2photo / stock.adobe.com)
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Wenn eine Fertigungsanlage in der Industrie unvermittelt ausfällt, zählt jede Minute: Ohne qualifizierte Servicetechniker, die schnell vor Ort sind, fallen unversehens hohe Ausfallkosten für den Produktionsstillstand an. Im Extremfall drohen dem Anlagenbetreiber sogar Strafzahlungen an seine Abnehmer – vielleicht inklusive globalem Imageschaden. Der Druck auf den Kundenservice steigt zudem durch die steigende Durchdringung industrieller Anwendungen mit Digitaltechnik. Beispielsweise führt die Integration des Internet of Things in Maschinen dazu, dass die Konnektivität und zugleich die Anforderungen an Servicetechniker größer werden. Das Fachpersonal im Kundenservice muss sich nicht mehr nur mit Standardreparaturen auskennen, sondern auch mit Software- und Hardwarefehlern. Hinzu kommt der herausfordernde Anstieg von Wartungsabrufen durch Predictive Maintenance und Condition Monitoring. Die Konsequenz der wachsenden Anforderungen: Maschinenherstellern fehlen zunehmend qualifizierte Servicetechniker – das gilt insbesondere für Unternehmen mit kleiner Personaldecke. Eine aussichtsreiche Lösung bietet ein systematisches Konzept aus digitalem Field Service Management (FSM) ergänzt durch Crowd Service in Kombination mit Augmented Reality.

Effizienter im Feld arbeiten

Die Koordinierung von Service- und Instandhaltungsaufträgen ist ein zeitintensiver und fehleranfälliger Prozess. Der klassische Technikereinsatz mit Klemmbrett und Durchschlagformular sorgt oft für Zettelwirtschaft samt ineffizienteren Workflows. Hier beschleunigen digitalisierte Abläufe für Serviceaufträge meist deutlich. FSM-Ansätze basieren auf einer Software, die für den mobilen Einsatz und die Vernetzung von Auftraggeber und Techniker ausgerichtet ist. Sobald ein Servicecall ausgelöst wird, setzt sich eine Prozesskette in Gang: Ist das digitale FSM-System beispielsweise an das ERP-System des Herstellers angeschlossen, kann der Servicemitarbeiter rasch einen verfügbaren Techniker bestimmen. Dieser erhält die Auftragsinformationen auf seinem mobilen Gerät. Die Nachricht umfasst oft eine detaillierte Beschreibung des Schadens, eine Anleitung zur Instandsetzung inklusive Checklisten und Video-Tutorials sowie Informationen über den Maschinenbetreiber. So kann der Techniker beim ersten Einsatz alles Benötigte mitbringen. Derweil wird der Kunde via SMS informiert, wann der Servicetechniker bei ihm eintreffen wird.

Crowd Services

Ergänzen lässt sich das digitalgestützte FSM durch das Konzept Crowd Service. Indem der Zugriff auf einen Pool von zertifizierten und qualifizierten Servicetechnikern ermöglicht wird, können Hersteller ihr Kontingent an Servicetechnikern exponentiell und bedarfsgerecht ausbauen. Im Ergebnis umfasst das verfügbare Personal Mitarbeiter des eigenen Unternehmens, von Partnern und Subunternehmern sowie qualifizierte Freiberufler. Zudem können Hersteller mit einer Crowd Service-Lösung erfahrene Mitarbeiter in Teilzeit halten und weiterhin auf ihr Fachwissen und ihre Erfahrungen zugreifen. Zudem lässt sich deren wertvolles Know-how so gut mit neuen Arbeitskräften teilen. Weitere positive Effeke können sich ebenfalls einstellen: eine Kostenersparnis durch On-Demand-Arbeitskräfte und Cost-per-Event-Preismodelle, größere Reichweite infolge der weltweiten Verfügbarkeit von Fachkräften und kurze Reaktionszeiten, die zu einer schnelleren Abwicklung der Serviceaufträge führen.

Mit Augmented Reality-Technik lassen sich Informationen zu einer Maschine auf dem Bildschirm eines Handhelds einblenden. (Bild: ©NicoElNino / stock.adobe.com)
Mit Augmented Reality-Technik lassen sich Informationen zu einer Maschine auf dem Bildschirm eines Handhelds einblenden. (Bild: ©NicoElNino / stock.adobe.com)

Zugang mit AR-Technik

Selbst ein globales Crowd Service-Netzwerk funktioniert am besten, wenn es seine Grenzen kennt und mit geeigneten Maßnahmen dort überwindet, wo es möglich ist. Der Serviceeinsatz an einer Spezialmaschine verlangt unter Umständen individuelle Fachkenntnisse, die nur wenige Techniker im Pool haben. Hier könnte Augmented Reality weiterhelfen. Mit Augmented Reality-Technik können sich Außendiensttechniker von Fachleuten, die nicht vor Ort sind, akustisch und visuell anleiten lassen. AR-Systeme übertragen Bildmaterial von der Umgebung ihres Standorts quasi in Echtzeit auf die Bildschirme der Experten, die eine Lösung finden und bei der Umsetzung unterstützen können.

Ein Beispielszenario

Folgende Schilderung illustriert, wie FSM, Crowd Service und AR-Anwendungen im Zusammenspiel aussehen könnten: Ein Servicetechniker aus einem Crowd Service-Pool erhält auf seinem mobilen Endgerät die Benachrichtigung über einen Auftrag und kann entscheiden, ob er den Auftrag übernimmt. An einer Maschine, die an die individuellen Anforderungen eines Anwenders aus der metallverarbeitenden Industrie angepasst wurde, liegt eine Störung vor. Sobald der Techniker den Auftrag annimmt, werden ihm detaillierte Kundeninformationen und die Servicehistorie der betreffenden Maschine zur Verfügung gestellt. Als der Techniker während seines Einsatzes vor Ort auf ein Problem stößt, das spezielles Fachwissen über die Bau- und Funktionsweise der Maschine erfordert, aktiviert er auf seinem Device die entsprechende Applikation und fordert Hilfe. Unverzüglich öffnet sich ein Bildschirm und der Techniker richtet die Kamera des Geräts auf die reparaturbedürftige Maschine. Ein Experte am anderen Ende sieht dasselbe wie sein Kollege vor Ort, kann in das Bewegtbild hineinzoomen, Notizen hinzufügen, einzelne Bildausschnitte markieren und so den Techniker vor Ort anleiten. Der Techniker folgt den Instruktionen über sein Mobilgerät, löst das Problem und bringt die Maschine wieder zum Laufen. Anschließend können die betreffenden Informationen archiviert und in eine Wissensdatenbank hochgeladen werden, wo sie zur Verwendung für zukünftige Servicecalls bereitstehen. Eine solche Prozesskette wäre nach heutigem Maßstab eine äußerst effiziente Variante, um selbst schwierige Probleme schnell und günstig zu lösen.