Digitaler Zwilling im Praxiseinsatz

Nie wieder eine Schraube locker

Die visualisierte theoretische Temperaturentwicklung des physikalischen Modells (Orange) im Vergleich zur tatsächlichen Temperaturentwicklung (Blau) bei normalem Systemverhalten zeigt bereits eine große Übereinstimmung. (Bild: Infoteam Software AG)
Die visualisierte theoretische Temperaturentwicklung des physikalischen Modells (Orange) im Vergleich zur tatsächlichen Temperaturentwicklung (Blau) bei normalem Systemverhalten zeigt bereits eine große Übereinstimmung. (Bild: Infoteam Software AG)

KI-basiertes Modell

Bedingt durch die Gerätekomplexität ist dieses physikalische Modell jedoch mit großen Toleranzen behaftet, da nicht alle in den Daten versteckten Abhängigkeiten identifizierbar bzw. mathematisch modellierbar sind. Deshalb und aufgrund der großen Datenmengen – Daten von 10.000 Geräten wurden über mehrere Jahre erfasst – verfolgt der Softwaredienstleister zusätzlich zum physikalischen Modell den Ansatz eines KI-basierten Modells, um nutzungsabhängige Temperaturverläufe vorherzusagen. Ein solches Modell benötigt kein Expertenwissen, sondern entwickelt sich selbst zum Experten. Zudem können seine Vorhersageergebnisse auch zum Entschlüsseln weiterer Temperaturanomalien dienen.

Natural Language Processing

Das selbstlernende KI-Modell nutzt Methoden aus dem Natural Language Processing (NLP), also Computerlinguistik. Die Algorithmen sind in der Lage, natürliche Sprache zu verarbeiten und kontextbezogene Zusammenhänge zu verstehen. Im vorliegenden Anwendungsfall lernt ein neuronales Netz, die in eine ’sprachähnliche Form übersetzten‘ Betriebsdaten zu interpretieren. Da die Betriebsdaten teilweise längere Arbeitssequenzen beinhalten, eignen sich Long-Short-Term-Memory(LSTM)-Netzwerke, um damit die Ergebnisqualität zu verfeinern. Der Abgleich mit Betriebs- und Temperaturdaten fehlerfreier Geräte zeigte, dass das trainierte KI-Modell präzisere Vorhersagen treffen konnte als das manuell erstellte physikalische Modell.

Lockerungen früh erkennbar

Der Vergleich des tatsächlichen Temperaturverlaufs eines Geräts mit dem theoretischen Temperaturverlauf seines digitalen Zwillings ermöglicht es nun, signifikante Abweichungen von der Norm zu identifizieren. In der Folge weist der Vergleich zwischen der Temperaturvorhersage aus dem KI-Modell und den tatsächlich am Gerät gemessenen Daten nach: Nicht das Überschreiten eines festen temperaturbezogenen Schwellenwerts ist kennzeichnend für eine Lockerung der Schraubverbindungen, sondern ein über mehrere Wochen langsam ansteigender Versatz der Temperaturtrajektorien, also des Temperaturverlaufes. Diese Erkenntnis verlängert den zeitlichen Handlungsspielraum gegenüber der vom Gerätehersteller ursprünglich gewünschten Lösung um mehrere Wochen, in denen der schleichende Lockerungsprozess bereits sichtbar und behebbar ist. Um in der Praxis dem nachgewiesenen individuellen Verhalten jedes einzelnen Geräts gerecht zu werden, implementiert der Softwaredienstleister einen Automatisierungsprozess, der aus dem entwickelten KI-Basismodell ein individuelles Modell für jedes im Einsatz befindliche Gerät erstellt. Der Gerätehersteller ist seither in der Lage,

  • • alle Geräte bezüglich auftretender Temperaturanomalien zu überwachen,
  • • die Analysen über Dashboards zu visualisieren,
  • • automatische Service-Tickets bei Temperaturanomalien zu erstellen,
  • • die Geräte frühzeitig in geplanten Service-Einsätzen zu reparieren, ohne dass Schäden entstehen.






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