Interview mit Rolf Lisse, Head of Development and Customer Support bei Cideon

„Cloudsysteme werden sich durchsetzen“

Bild: Cideon Software & Services GmbH & Co. KG
Bild: Cideon Software & Services GmbH & Co. KG

Welche Trends sehen Sie im Markt?

Lisse: Der ganz große Trend ist der zur Cloud. Gerade die Coronakrise hat den Unternehmen noch einmal klargemacht, wie abhängig wir alle von der Bereitstellung von Daten und Software sind. Viele Unternehmen haben schnell reagiert und ihre Konstrukteure samt CAD-Lizenz ins Homeoffice geschickt. Doch was nützt mir die lokal installierte CAD-Software, wenn ich vor Arbeitsbeginn erst einmal anderthalb Gigabyte Daten herunterladen muss? Wenn man auf ein Cloud-CAD-System wie Onshape oder Fusion 360 umsteigt, müssen nur noch die Ansichtsdaten über die Internetleitung gehen. Die eigentlichen, großen CAD-Daten bleiben in der Cloud. Und man bekommt Echtzeitzusammenarbeit quasi kostenlos obendrauf. Ein anderer Gesichtspunkt: Ein Kunde sagte mir kürzlich, dass das Onboarding eines neuen Konstrukteurs – also die Zeit, bis er wirklich arbeitsfähig ist – ihn aktuell etwa drei Wochen kostet. Hardware muss besorgt, eine CAD-Lizenz, die Software muss installiert werden und so weiter. Arbeitet man mit Konstruktionsdienstleistern zusammen, ist das nicht machbar. In einem Cloud CAD-System erstellt der Administrator für den neuen Mitarbeiter einen Account, setzt ihn an irgendeinen Rechner, dieser öffnet den Browser, loggt sich ein und kann loslegen. Deshalb sind wir den Schritt gegangen, die Verbindung von Cloud-CAD zu ERP anzubieten – unabhängig davon, ob das ERP-System in der Cloud oder On-Premise, also beim Anwender, läuft.

Wie schwer ist heute das Verbinden zweier entfernter Systeme?

Lisse: Die Systeme, die sozusagen Cloud-nativ entwickelt wurden, bieten APIs und Webservices zur Anbindung anderer Systeme und Prozesse. Es sind eher die älteren, traditionellen Systeme, die noch nicht so offen sind, wie man es sich wünscht. Aber auch deren Anbieter ziehen nach, weil sie wissen, dass kein Weg an der Cloud-Integration vorbeigeht. Cideon hat gerade in diesem Bereich sehr viel Erfahrung und kennt aus der täglichen Consulting-Praxis Arbeitsweisen und Firmen gut. So finden wir Wege, die richtigen Daten an den richtigen Ort zu bringen.

Sie können beides, Verbindungen von CAD zu ERP oder von PLM zu ERP. Was ist Ihnen lieber?

Lisse: In den meisten Fällen macht die Direktanbindung der Autorensysteme an das ERP-System den größten Sinn. Dann sind die Zuständigkeiten klar geregelt – CAD erzeugt die Daten, ERP verwaltet sie und verarbeitet sie weiter. Schaltet man ein PLM-System dazwischen, ist nie ganz klar, wer nun die Oberhand hat – PLM oder ERP. Werden Materialnummern nun im ERP-System gebildet, wo sie später genutzt werden? Oder doch im PLM-System, wo auch die CAD-Daten integriert sind und entstehen? Wer verwaltet die Stückliste? Hier kommen viele Fragen auf. Das Dazwischenschalten eines PLM-Systems würde ich dann empfehlen, wenn sich die Anforderungen an die Verwaltung nicht im ERP umsetzen lassen und die Flexibilität der PLM-Systeme genutzt werden muss, um die Anforderungen zu erfüllen. In der Welt, in der sich Cideon bewegt, im Mittelstand bei Inventor-, SolidWorks- oder Solid Edge-Anwendern, sehe ich die Notwendigkeit extrem selten.

Herr Lisse, wie bedanken uns für das Gespräch.