In China tritt ein neues Gesetz zur Cybersicherheit in Kraft. Betroffen sind auch alle europäischen Unternehmen, die im elektronischen Geschäftsverkehr in China tätig sind. Was bedeutet das für sie und welche Schritte sollten sie einleiten?

Am 1. Juni 2017 tritt das von der chinesischen Regierung erlassene neue Gesetz zur Cybersecurity in Kraft. Bei vielen deutschen und europäischen Unternehmen herrscht große Unsicherheit darüber, inwiefern sie von der Gesetzesänderung betroffen sind und welche Schritte sie unternehmen müssen, um ihren Geschäftsbetrieb nicht zu gefährden. Werden entsprechende Änderungen nicht vorgenommen, so droht der Entzug der sogenannten Bei’an-Lizenz und die chinesische Website oder Datenübertragungen in China werden gesperrt.

Die Gesetzestexte sind weder auf Deutsch noch auf Englisch verfügbar, sodass eine korrekte Auslegung schwierig ist. Das trägt zur Verunsicherung bei. CDNetworks, spezialisiert auf Content Delivery und Cloud-Security-Lösungen und ein Experte für den chinesischen Markt, hat die am häufigst gestellten Fragen von Unternehmen zusammengestellt, die momentan auf sie zukommen, und empfiehlt, welche Schritte Organisationen vornehmen sollten.

Was besagt das neue Gesetz und welche Änderungen ergeben sich damit?

Das Gesetz umfasst eine Vielzahl von Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr. Es definiert Leitlinien für die zukünftige Entwicklung der Netzlandschaft und die Rolle des Staates in diesem Zusammenhang. Die Cyberadministration of China (CAC) erhält maßgebliche Funktionen in der Gesetzgebung und fungiert als Prüf- und Zulassungsstelle.

Eine Änderung, von der sehr viele Unternehmen aktuell betroffen sind, ist die neuen Regulierungen der ‚Datenauslieferung‘ in China. Laut aktuellen Auslegungen der neuen gesetzlichen Vorgaben sollen alle als sensibel beziehungsweise personenbezogen definierte Daten im Land gehostet werden und China in Zukunft auch nicht mehr verlassen dürfen – außer mit spezieller Erlaubnis der Regierung.

Aufgrund der langsamen Ladezeiten, verursacht durch die große Entfernung nach China sowie die automatische Überprüfung von Inhalten durch die sogenannte ‚Great Firewall‘, stellen viele Unternehmen ihre Inhalte bereits über einen Server oder Knotenpunkt in China zur Verfügung. Das kann über einen Hoster, Cloud-Dienstleister oder Content Delivery Network-Anbieter geschehen. Auch hier ergeben sich die entsprechenden Konsequenzen.

Welche Unternehmen sind von dem neuen Gesetz ab 1. Juni betroffen?

Betroffen sind alle Unternehmen, die im elektronischen Geschäftsverkehr in China tätig sind. Dazu gehören Betreiber von Netzwerk- oder sogenannten Critical Information-Infrastrukturen, aber auch jedes andere Unternehmen und jede Organisation, die Web-Inhalte (Websites, Apps et cetera) in China ‚ausliefert‘ beziehungsweise dazu einen Betreiber von Netzwerk- oder sogenannten Critical Information-Infrastrukturen für das Hosting oder die Auslieferung nutzt.

Beispiel: Hatte ein E-Commerce-Anbieter datenverarbeitende Systeme, wie Bestell-, Rechnungs- oder Warenbestandsysteme bisher außerhalb von China, hat diese aber über einen Dienstleister China ausgeliefert, muss dieses nun gespiegelt werden, damit die Daten innerhalb von China verarbeitet werden. Auch bei Daten von Apps – vom Fitnessarmband bis zu Anwendungen, die Stromzähler- oder Boiler-Daten übermitteln – ist dies der Fall.

Es sind also Unternehmen aller Branchen betroffen, von Handel, über IT-Service-Anbieter bis hin zu Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Tourismus, Medien, Online-Werbung und Gaming.

Nicht betroffen sind Unternehmen die ihre Inhalte von außerhalb Chinas anbieten, wozu auch Hongkong zählt. Da Hongkong zwar zu China gehört, aber außerhalb der ‚Great Firewall‘ liegt müssen diese Organisationen jedoch nach wie vor mit Ladezeiten rechnen, die die Geduld der potenziellen Nutzer übersteigt, daher ist dies oft nicht wirklich eine Alternative.

Was sind die Konsequenzen?

Tausende Zertifizierungsbeamte sowie intelligente Algorithmen prüfen zurzeit, ob ausländische Organisationen, die entsprechende Inhalte von China aus für den chinesischen Markt anbieten, alle Bedingungen der neuen Gesetzgebung erfüllen. Wenn sie bereits mit einem Hosting-Dienstleister oder CDN-Anbieter zusammenarbeiten, wird außerdem geprüft, ob dieser die dafür benötigten Lizenzen besitzt. Ist dies nicht der Fall, kann die in China notwendige Bei’an-Lizenz entzogen und die Website oder Web-Inhalte gesperrt werden.

Bereits jetzt erhalten Unternehmen Anrufe der Regierungsbeauftragten und werden aufgefordert in kürzester Zeit die benötigten Änderungen einzuleiten.

„Auch wir – genau wie andere Hosting, Cloud- und CDN-Anbieter – dürfen die Websites unserer Kunden nur noch dann beschleunigen, wenn der Ursprungsserver auch in China ist. Ansonsten wird die Bei’an-Lizenz entzogen und wir müssen den Service abstellen“, erläutert Alex Nam, Managing Director bei CDNetworks EMA.

Was sind die wichtigsten Schritte für Unternehmen, die in China tätig sind?

  • Unternehmen müssen prüfen, wo ihre Daten vorgehalten und verarbeitet werden.
  • Es empfiehlt sich unbedingt, die Domain für China in China registrieren zu lassen.
  • Wird eine eigenen Infrastruktur verwendet, muss diese auf Konformität hin geprüft werden oder sie sollten einen Anbieter finden, der konform mit der neuen Regulierung ist und sie dabei unterstützen kann, alle notwendigen Schritte umzusetzen.
  • Arbeiten Unternehmen bereits mit einem Hosting-, Cloud- oder CDN-Anbieter für den chinesischen Markt zusammen, sollten sie prüfen, ob er die Bedingungen erfüllt und ob notwendige Änderungen gemeinsam vorgenommen werden können. Dazu gehören neben Hosting und der Datenauslieferung in China gegebenenfalls auch Unterstützung bei der Spiegelung von Systemen sowie der sichere Datentransport.