Fachartikelserie GPS Digital, Teil 3: Industrie 4.0 in der Praxis

Algorithmen an die Komponente bringen

Durch die Nutzung von Sensordaten können Anwender einen signifikanten Mehrwert erzielen – wenn Algorithmen beispielsweise den Zeitpunkt der nächsten Wartung prognostizieren. Das Ulmer Beratungshaus GPS hat nachgesehen, wie sich der Antriebstechnikhersteller Mayr diesen Ansatz im Sinne einer Industrie 4.0 zunutze macht.

Seit Mitte des letzten Jahrhunderts baut die Firma Christian Mayr in Mauerstetten bei Kaufbeuren Antriebskomponenten, unter anderem Kupplungen und Bremsen. Diese Kupplung mit der Bezeichnung ROBA DSM ist auf 9.000 Umdrehungen der Antriebswelle ausgelegt. (Bild: Chr. Mayr GmbH & Co. KG)
Seit Mitte des letzten Jahrhunderts baut die Firma Christian Mayr in Mauerstetten bei Kaufbeuren Antriebskomponenten, unter anderem Kupplungen und Bremsen. Diese Kupplung mit der Bezeichnung ROBA DSM ist auf 9.000 Umdrehungen der Antriebswelle ausgelegt. (Bild: Chr. Mayr GmbH & Co. KG)

Der Wunsch, wichtige Informationen aus der Umwelt automatisch zu erfassen und zu kommunizieren, besteht schon lange. Seit der Technologie-Pionier Kevin Ashton 1999 jedoch erstmals den Begriff ‚Internet of Things‘ verwendet hat, ist ein regelrechter Run auf automatisch und permanent sprudelnde Datenquellen für das Internet der Dinge ausgebrochen. Die Quellen sitzen beispielsweise dort, wo Maschinen angetrieben oder gesteuert werden. Die Maschinen müssen jedoch auch gewartet werden. Vor der Digitalisierung schalteten Wartungstechniker die Maschinen zu diesem Zweck in festgelegten Zeitabständen ab, um Motoren, Kupplungen und Bremsen im Anschluss zu überprügfen und ggf. auszutauschen. Dabei kam es vor, dass einige Bauteile vorbeugend ausgewechselt wurden, obwohl sie eigentlich noch völlig in Ordnung waren und bedenkenlos weiter genutzt werden hätten können.

Condition Monitoring

Die Firma Christian Mayr fertigt in Mauerstetten bei Kaufbeuren Antriebskomponenten, wie etwa Kupplungen und Bremsen. Mit dem Industrie 4.0-Gedanken als Motivation begannen die Entwicklungsingenieure der Firma vor einigen Jahren nach Digitalisierungsmöglichkeiten zu suchen. Ziel war es, ein Konzept für das Condition Monitoring – also die sensorbasierte Zustandsüberwachung – zu entwickeln. Dadurch sollte unter anderem die Sicherheit der produzierten Kupplungen und Bremsen verbessert werden. Diese Zusatzangebote eröffneten dem Unternehmen neue Märkte. Viele Kunden waren von den neuen Möglichkeiten, die sich durch die Ausgabe digitaler Daten aus den Komponenten ergeben, so überzeugt, dass sie den Einsatzzweck bis heute geheim halten, weil sie darin einen Konkurrenzvorsprung sehen.

Die Überwachung der Antriebsteile in der Produktionsmaschine signalisieren, nach wie viel Betriebsstunden eine Wartung erforderlich ist. Ein Algorithmus im Server könnte die passende Lücke im Produktionsplan finden, in der die Wartung ohne Produktionsausfall durchgeführt werden könnte. (Bild: GPS Gesellschaft zur Prüfung von Software mbH)
Die Überwachung der Antriebsteile in der Produktionsmaschine signalisieren, nach wie viel Betriebsstunden eine Wartung erforderlich ist. Ein Algorithmus im Server könnte die passende Lücke im Produktionsplan finden, in der die Wartung ohne Produktionsausfall durchgeführt werden könnte. (Bild: GPS Gesellschaft zur Prüfung von Software mbH)

Wenige Daten genügen

Zunächst sollte durch das Condition Monitoring der Kupplungen die Laufzeit, die Anzahl der Einschaltintervalle und Überlastzustände erfasst und gespeichert werden. Was man mit diesen Daten machen kann, zeigen die folgenden Beispiele.

  1. Die zuvor verbauten Sicherheitssysteme waren im Vergleich zu digital gesteuerten leicht unpräzise. Für ein verlässliches Sicherheitssystem, zum Beispiel für eine Notabschaltung, werden Sensordaten in Echtzeit benötigt. Zudem können die gespeicherten Daten im Schadensfall zur Aufklärung des Defekts beitragen.
  2. Die wohl größte Kosteneinsparung im Lebenszyklus einer Maschine ist die Verlängerung des Produktivbetriebs wichtiger Maschinenelemente. Ein Condition Monitoring mit exzellenter Sensorik und geeigneter Messdatenerfassung könnte eine gute Basis dafür sein. Allerdings müssten die Daten in digitaler Form vorliegen. Die Ingenieure der Firma Mayr haben die von ihren Komponenten gelieferten Daten daher sichtbar gemacht. Deren Auswertung, Analyse und gegebenenfalls daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, sehen sie als Aufgabe des Anwenders an.

Schäden vermeiden

Einen weiteren Nutzen der Sensordaten kann der Anwender aus einer Datenanalyse erreichen, wenn ’schlaue‘ Algorithmen den Zeitpunkt der notwendigen Wartung prognostizieren. Dazu sind anlagenspezifische Kenntnisse erforderlich. Die dabei erzielbaren Erfolge sind vielfältig: Durch den Blick in die Zukunft können früher unvorhersehbare Maschinenschäden vermieden werden. Das wiederum ergibt einen verbesserten Schutz für die Maschine und die Umwelt, sowie die bestmögliche Nutzung der Lebensdauer der Komponenten. Die Mehrkosten für entsprechende Sensorik an sicherheitsrelevanten Bauteilen werden durch eine genauere Abnutzungsbetrachtung der einzelnen Komponenten und die damit einhergehende Nutzenmaximierung kompensiert. Viele Maschinenhersteller setzten heute entsprechende Technik ein. Denn zufriedene Kunden haben Produkte, die funktionieren und nicht durch unplanmäßige Stillstände die Produktion oder den Betrieb lahmlegen.

Daten vernetzen

Als nächsten Schritt hat man bei Mayr die Vernetzung der Daten ins Auge gefasst. Allerdings sind heutige Planungssysteme dafür noch zu statisch – das heißt sie gehen von der hundertprozentigen Verfügbarkeit der Maschinen aus. Geplante Wartungs- oder Stillstandszeiten müssen manuell in diese Systeme eingetragen werden. In Zukunft könnte die Überwachung der Antriebsteile signalisieren, dass in naher Zukunft eine Wartung erforderlich ist und ein weiterer Algorithmus könnte die passende Lücke im Produktionsplan finden, in der die Wartung ohne Produktionsausfall durchgeführt werden könnte.







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