Industrie 4.0, Sensorintegration und Data-Analytics sind nur einige der Schlagworte, die in den letzten Jahren verstärkt diskutiert wurden. Doch wie werden diese Themen in das Produktionsumfeld integriert und welcher wirtschaftliche Nutzen kann aus den Möglichkeiten günstigerer Hard- und Software gezogen werden?
Schon lange werden Ist-Daten in der Produktion erfasst. Dies betrifft vor allem den Vorgangsstatus und Zeitverbrauch, die in der Regel durch das An- und Abstempeln in der Produktion gebucht werden, Lagerbewegungen, welche typischerweise manuell und retrograd verbucht werden und Nacharbeiten, Ausschuss sowie Messwerte, die im Rahmen von Prüfplänen in der Regel manuell erfasst werden. Mithilfe dieser Daten können unter Kenntnis von Maschinenstundensätzen und Einkaufspreisen der Rohmaterialien die Herstellungskosten berechnet werden. Deshalb werden die Daten zunächst mit Sollwerten vorgegeben, bevor anschließend die tatsächlichen Ressourcenverbräuche erfasst werden. Neben der Nachkalkulation werden die Daten häufig zur Anpassung von Vorgabewerten eingesetzt. Dies geschieht derzeit jedoch noch häufig – ebenso wie die Datenerfassung – manuell, indem Daten analysiert und anschließend Vorgabewerte händisch angepasst werden.
Big Data-Ansätze vereinfachen
Big Data-Ansätze versprechen auf der Analyseseite eine Vereinfachung und Beschleunigung, durch die zudem komplexe Muster erkannt werden können. Die Voraussetzung für diese Analysen sind korrekte Daten, die mit möglichst geringem Aufwand erfasst werden. Die Erfassung der Daten erfolgt jedoch meist noch papierbasiert am Schichtende, bei moderneren Betrieben über eine manuelle Barcodeerfassung im Betriebsdatenerfassungs-System. Dies führt zu einer Steigerung der Fehlerwahrscheinlichkeit und ungenauen Informationen. Anreize durch Prämiensysteme verursachen zudem in vielen Fällen eine bewusst falsche Rückmeldung des Produktionsfortschritts. Aufträge werden in der Praxis häufig etwas später zurückgemeldet, um bei problematischen Aufträgen einen Puffer zu erarbeiten. Durch die spätere Rückmeldung werden Datensätze so manipuliert, dass Probleme nicht digital festgehalten werden. Um den Aufwand zu verringern und die oben genannten Effekte zu vermeiden, hat das Team des ‚Centers Enterprise Resource Planning‘ am Cluster Smart Logistik der RWTH Aachen mit Anbietern von Soft- und Hardware sowie dem FIR einen Usecase aufgebaut, der die obigen Fragestellungen am Beispiel der betrieblichen Rückmeldung adressiert.
Dazu wurde das ERP-Innovation-Lab des FIR mit einem Real-Time-Location-System (RTLS) ausgestattet. Vier RTLS-Antennen messen gleichzeitig mehrmals in der Sekunde die Position verschiedener RTLS-Tags, die nur wenige Zentimeter groß sind und in einer Fabrik auf etwa 30 Zentimeter genau geortet werden können. Grundlage für die genaue Positionsbestimmung ist die weltweit einzigartige Kombination aus dem Laufzeitunterschied zwischen den Sensoren und dem Einfallwinkel des Signals. Die Lösung verwendet hierbei die Ultrabreitband-Technologie, die Funkkanäle im Frequenzbereich von sechs bis acht Gigahertz nutzt und damit die oft überlasteten 2.4-Gigahertz-Kanäle (Bluetooth, WLAN) umgeht. Durch echtzeitfähiges Tracking wird anhand vordefinierter Zonen ein automatisches Rückmelden an das ERP-System ermöglicht. Im Demonstrator werden zwei verschiedene Produktvarianten mittels Legosteinen an unterschiedlichen Arbeitsplätzen gefertigt. Dabei wird die Position des Auftrags durch einen RTLS-Tag am Ladungsträger verfolgt und logisch in Zonen für die jeweiligen Arbeitsplätze eingeteilt. Mithilfe dieser Daten können die ERP-Systeme einen Auftrag inklusive der entsprechenden Zeitbuchung ohne das aktive Mitwirken der Mitarbeiter zurückmelden. Zudem werden Materialbewegungen im Rahmen der Kommissionierung gebucht. Dies erfolgt durch die Verheiratung von RTLS- und RFID-Events. Klassische Ladungsträger sind mit RTLS-Tags ausgestattet, um sie jederzeit orten zu können. Kommissionierte Bauteile können in der Kommissionierzone automatisch auf diesen Ladungsträger gebucht werden. Dazu sind alle Bauteile mit einem eigenen RFID-Tag beklebt. Diese Transponder, die wenige Cent pro Stück kosten, können durch spezielle Lesegeräte ausgelesen werden. Im Gegensatz zu Barcodes kann das auch ohne direkten Sichtkontakt und für viele Teile gleichzeitig erfolgen.
Technik als Kontrollinstanz
Im Demonstrator wird auf diese Weise während der Kommissionierung eines Auftrags nicht nur die Stückliste angezeigt, sondern falsche Materialien automatisch erkannt. Durch diese Kontrollinstanz werden die Fehleranfälligkeit und die Durchlaufzeit reduziert. Des Weiteren werden unterschiedliche Qualifikationsniveaus von Mitarbeitern betrachtet. Die Freigabe der Fertigung eines Auftrags am Arbeitsplatz erfolgt in Abhängigkeit der Mitarbeiterqualifikation. Durch diese Logik wird sichergestellt, dass nur befugte Mitarbeiter die entsprechenden Aufträge bearbeiten dürfen. In Zeiten von zunehmend strikteren Vorschriften und Sicherheits- sowie Qualitätsanforderungen gewinnt dies an Relevanz und erleichtert die Dokumentation von Arbeitssicherheitsvorschriften. Durch den Transport der Fertigbauteile in vordefinierte Lagerzonen erfolgt eine automatisierte Einlagerung. Für den Usecase wurden zwei Lagerplätze geschaffen, an denen eine variantenabhängige Überprüfung der richtigen Einlagerung stattfindet. Bei einer falschen Einlagerung gibt das ERP-System eine Fehlermeldung aus und warnt damit den zuständigen Materialwirtschaftsmitarbeiter. Mithilfe des RTLS-2.0-Usecases wurde gezeigt, dass bereits heute eine vollautomatische Buchung von Zeiten und Vorgangsstatus möglich ist. Dadurch müssen die Mitarbeiter zur Statusmeldung nicht für das jeweilige im Unternehmen eingesetzte ERP-System geschult werden. Durch Reduktion der manuellen Prozessschritte werden die Flexibilität und der wertschöpfende Zeitanteil im Unternehmen erhöht. In Zeiten von zunehmender Konkurrenz ist eine transparente Darstellung der innerbetrieblichen Prozesse von besonderer Bedeutung. Bis dato können Unternehmen den genauen Standort von Aufträgen oft nicht bestimmen.
Wege von Werkern erfassen
Mithilfe der RTLS-Lösung ist die genaue Lokalisation jedes Tags möglich. Damit können nicht nur die Aufträge, sondern theoretisch auch die Mitarbeiter in Echtzeit geortet werden, wobei die Vorschriften des Betriebsrats und der Datenschutz zu beachten sind. Die aufgenommenen Bewegungsdaten von Material- und Mitarbeiterwegen werden als Snail-Trail-Diagramme dargestellt und können für weitere Zwecke analysiert werden. Auf diese Weise ist neben der Transparenzsteigerung infolge der visuellen Darstellung eine Wegeoptimierung zur Erhöhung der Effizienz möglich. Bearbeitungs-, Warte- sowie Transport-/Übergangszeiten werden differenziert und präzise erfasst. Die Daten bilden die Grundlage einer fundierten Zeitanalyse, durch die Vorgabe- und Planzeiten verbessert werden. Ferner kann durch eine Kombination der verwendeten Technologien die Fehleranfälligkeit entlang der Prozesskette gesenkt werden. Durch intelligente Warnungen des Systems, beispielsweise aufgrund von fehlerhafter Kommissionierung oder ungenügender Mitarbeiterqualifikation, kann die Prozessstabilität deutlich erhöht werden, was die Wahrscheinlichkeit einer nachträglichen Fehlerbehebung verringert. Des Weiteren zeigte der Fall, dass die Kopplung von aktiven und passiven Ortungstechnologien nicht nur möglich ist, sondern auch zu einer deutlichen Reduktion der Implementierungskosten führen kann.
Autoren:Svenja Marek, M.Sc., ist Projektmanagerin/wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Produktionsmanagement am FIR e. V. an der RWTH Aachen; Dipl.-Inf. Ernst-August Stehr ist Projektmanager/wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Produktionsmanagement am FIR e. V. an der RWTH Aachen, und Geschäftsführer der SIM-ERP GmbH; Dipl.-Wirt.-Ing. Jens Adema ist Fachgruppenleiter Supply-Chain-Management und Projektmanager/wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Produktionsmanagement am FIR e. V. an der RWTH Aachen.
Autoren: Svenja Marek, M.Sc., ist Projektmanagerin/wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Produktionsmanagement am FIR e. V. an der RWTH Aachen; Dipl.-Inf. Ernst-August Stehr ist Projektmanager/wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Produktionsmanagement am FIR e. V. an der RWTH Aachen, und Geschäftsführer der SIM-ERP GmbH; Dipl.-Wirt.-Ing. Jens Adema ist Fachgruppenleiter Supply-Chain-Management und Projektmanager/wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Produktionsmanagement am FIR e. V. an der RWTH Aachen.
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