Datentransfer in die Vereinigten Staaten

Privacy Shield annulliert

Der Europäische Gerichtshof hat die Privacy-Shield-Vereinbarung zum Austausch von Daten zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten anulliert. Zu unterschiedlich sei das Datenschutzniveau beider Akteure. Jürgen Litz (Bild) ist als Geschäftsführer des CRM-Softwareanbieters Cobra mit den Fallstricken beim Umgang mit personenbezogenen Daten vertraut. Seine Einschätzungen zum Urteil und zu den Alternativen für internationale Unternehmen.

Bild: ©pickup/stock.adobe.com
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Im Jahr 2016 löste der Privacy Shield seine Vorgängervereinbarung Safe Harbor ab. Letztere erklärte der EuGH bereits ein Jahr zuvor für ungültig. „Beide Abmachungen sollten als Rechtsgrundlage für internationale Datentransaktionen fungieren und somit Geschäftswege auch über den großen Teich deutlich vereinfachen“, sagt Jürgen Litz, Geschäftsführer der Cobra – Computer’s Brainware GmbH. Safe Harbor geriet bereits im Jahr 2003 in die Kritik, nachdem die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden an die Öffentlichkeit gelangten. Der ehemalige CIA-Mitarbeiter deckte schwerwiegende Datenschutzverstöße und Eingriffe in die Privatsphäre von verschiedenen Geheimdiensten auf. Nach diversen Klagen und Verfahren fiel die Abmachung und wurde gleich darauf in einer Art Eilverfahren durch den Privacy Shield ersetzt. „In dem neuen Abkommen gab es jedoch kaum relevante Verbesserungen im Bereich Informationssicherheit“, bestätigt Litz. „Dementsprechend ungehalten zeigten sich Datenschützer: Auch hier seien die Zugriffsmöglichkeit für US-Behörden zu groß, als dass das Abkommen europäische Datenschutzanforderungen erfüllen könnte.“ Am 16. Juli 2020 gab der EuGH den Datenschützern Recht.

Nicht in Panik verfallen

„Dennoch sollten international operierende Unternehmen nun nicht in Panik verfallen“, sagt Litz. Zuallererst betreffen anfallende Änderungen durch das Urteil ausschließlich das Transferieren personenbezogener Daten. Außerdem lassen sich interkontinentale Informationsweitergaben auch auf andere Weise legitimieren – Artikel 49 der Datenschutzgrundverordnung alleine rechtfertigt bereits eine Vielzahl von Transaktionen. Zudem lässt sich ein rechtmäßiger Transfer auf Grundlage von Standardvertragsklauseln durchführen. Doch auch in diesen Fällen nehmen die Luxemburger Richter die Datenschutzbehörden in die Pflicht: Sie sollen Übermittlungen von Daten aussetzen oder verbieten, wenn sie zu der Auffassung kommen, dass jene Klauseln im Empfängerland praktisch nicht eingehalten werden oder nicht eingehalten werden können.

Cloud in der EU

Auch nach dem EuGH-Urteil und dem damit wegfallenden Privacy Shield bleiben freiwillige Datenübertragungen von Nutzern, beispielsweise Online-Buchungen, natürlich weiterhin möglich. Doch auch für alle anderen Hindernisse gestaltet sich die Lösung simpel, erläutert Litz: „Am einfachsten lässt sich eine Problematik dieser Art vermeiden, durch die Bündelung der gesamten Serverleistung in einem EU-Land.“ Beispielsweise mit einer Cloud die komplett von Deutschland aus betrieben wird und sich daher auch nur an deutsches Recht bzw. die Europäische Datenschutzgrundverordnung gebunden ist. „Es entfallen damit sowohl die Abhängigkeit von internationalen Rechtsstreits als auch jegliche Sorgen über die Sicherheit der abgespeicherten Kundendaten“, sagt Litz. „Natürlich kann nicht jede Betriebsstruktur auf eine solche Zentrierung bauen. Für Unternehmen, die zusätzlich noch die Legitimation ihrer Datenübertragung in die USA ausschließlich auf das Fundament des Privacy Shields gebaut haben, besteht nun Handlungsbedarf.“ Es darf als sicher gelten, dass bereits in diesem Moment beide Parteien an einer neuen Abmachung, ähnlich dem Privacy Shield, arbeiten. Bis dahin segelt der internationale Datenschutz in unbekannten Gewässern.