Beitrag drucken

Verhaltensbasierte Authentifizierung

Elegant am Gang erkannt

Ein Mitarbeiter betritt das Foyer der Arbeitsstelle. Das Einlasssystem öffnet sich ohne Kartencheck oder Fingerprint-Scanner automatisch und ruft den Aufzug, der direkt die passende Etage anfährt. Das Büro ist vorbereitet: Der PC hochgefahren, das Thermostat eingestellt, ein Kaffee gekocht. Noch ist das eine Vision. Doch die Technologie des Startups Nexenio zeigt, wie Sensoren im Smartphone genau das bald ermöglichen könnten.

 (Bild: Nexenio GmbH)

(Bild: Nexenio GmbH)

Patrick Hennig und Philipp Berger, zwei ehemalige Studenten des Hasso-Plattner-Instituts, gründeten Nexenio 2015 mit dem Ziel, Forschungsprojekte ihrer Studienzeit zum Leben zu erwecken. Klein angefangen, zählt das Startup-Unternehmen mittlerweile über 50 Mitarbeiter in ihrem Büro am Berliner Gendarmenmarkt. Der Fokus liegt auf der Forschung und Entwicklung von Innovationen im Bereich der digitalen Sicherheit. Ein Feld, das sich in den letzten Jahren rasant vergrößert hat. Allein in Berlin erwirtschaften etwa 100 Unternehmen knapp 460Millionen Euro jährlich. Um in so einer Branche zu bestehen, muss sich ein Startup etwas Besonderes einfallen lassen.

Jeder beschleunigt anders

Bei Nexenio ist dies eine Technologie, die zusammen mit der Zugangsschleuse Galaxy Gate des Herstellers Wanzl eine neue Form der Zutrittskontrolle ermöglichen soll. „Über Beschleunigungssensoren in Smartphones und Smartwatches wird beispielsweise der Laufstil eines Menschen analysiert. Diese Verhaltensmerkmale werden laufend im Endgerät erkannt und beeinflussen den sogenannten `Trust-Level´. Ist man selbst im Besitz seines Gerätes, bewegt sich der Level zwischen 70 und 100 Prozent. Wird es von einer fremden Person benutzt, sinkt der Level rapide ab“, erklärt Nexenio-Gründer Patrick Hennig. Somit soll das Smartphone jederzeit wissen, ob es sich im Besitz des Eigentümers befindet oder es von einer anderen Person verwendet wird. Durch eine neu entwickelte, abgesicherte Kommunikation wird der Zugangsschleuse mitgeteilt, wer den Zugang anfragt. Daraufhin öffnet sich die Schleuse.

Kontaktlos Zutritt gewähren

Durch Analyse des Laufstils, Unterschriften in der Luft oder anderen Gesten kann das Galaxy Gate dem Mitarbeiter also kontaktlosen Zutritt gewähren. Ein Zugangssystem, bei dem autorisierte Personen auf keinerlei Barrieren treffen, während der unerlaubte Eintritt praktisch unmöglich ist. „RFID-Karten kann man entwenden, Passwörter können ebenfalls geklaut werden – das Verhalten eines Menschen Eins-zu-Eins zu kopieren, ist nicht realisierbar. In Tests haben wir versucht, das Verhaltensmuster einer Person nachzuahmen. Es hat bisher noch keiner geschafft, unberechtigt Zutritt zu erlangen“, versichert Philipp Berger, CTO von Nexenio. Verändert sich der Laufstil einer Person, z.B. aufgrund einer Verletzung, ist der kontinuierliche Eintritt problemlos sicherzustellen. Mit anderen Authentifizierungsmöglichkeiten wie Fingerabdrücken oder Gesichtserkennung lässt sich der ´Trust-Level` für eine begrenzte Zeit boosten. Auf diese Weise behalten vorübergehend gehandicapte Personen ihre volle Zutrittsberechtigung. Auch externe Besucher können mit Hilfe der Anwendung das Gebäude kontaktlos betreten, vorausgesetzt sie erhalten eine Zugangsberechtigung von Nexenio. „Gäste erhalten eine Einladungs-E-Mail, in der wir um eine Verifizierung der Person mit Hilfe eines Fotos des Personalausweises beten. Daraufhin generieren wir einen QR-Code, der für das einmalige Betreten unserer Büros gültig ist und senden diesen an den Besucher“, sagt Hennig. Den QR-Code auf dem Handy überprüft ein Scanner am Galaxy Gate, das einen einmaligen Zutritt gewährt.

Datenschutz mitgedacht

In Zeiten der DSGVO hat das Startup den Datenschutz bei der Entwicklung der Software ebenfalls berücksichtigt. „Die Berechnung des Trust-Levels erfolgt ausschließlich auf dem Endgerät des Benutzers“, erläutert Philipp Berger. „Mit Ausnahme des Trust-Levels und den dazugehörigen Metadaten verlassen keine weiteren Daten das Smartphone. Es werden niemals Sensordaten ausgetauscht. Somit können weder das Galaxy Gate noch wir die Profile der Nutzer auslesen. Alle Informationen bleiben im Besitz des Mitarbeiters und private Benutzerdaten können nicht nach außen dringen, da sie nirgendwo gespeichert werden.“

Etablierter Partner an Bord

„Die Technologie passt perfekt zum Galaxy Gate: absolut zuverlässig und bequem zu handhaben“, schildert Andreas Fischer, Leiter Vertrieb Wanzl Access Solutions. „Wir sind froh, dieses außerordentlich spannende Startup-Unternehmen zu begleiten.“ Das Galaxy Gate sorgt bei vielen namhaften Unternehmen und Organisationen für einen reibungslosen Zugang. Zu den Zutrittsschleusen liefert der Hersteller die Facility Management Control Unit (FMCU) aus, mit der sich Software anderer Anbieter integrieren lässt. Daher ist das Zugangssystem gut auf die neue App für die verhaltensbasierte Authentifizierung vorbereitet. Und sie ist bereits sehr gefragt: Als erste Kunden wurden ein großer deutscher Telekommunikationsanbieter gewonnen und ein Immobilienkonzern, der weltweit über 200 bekannte Wolkenkratzern besitzt.

Enormes Potenzial

Weitere Funktionen werden ebenfalls getestet, denn es soll keineswegs allein beim Einlass bleiben. „Durch die Anbindung an das IoT gewährt das System nicht nur den Zugang in das Gebäude. In der Industrie wird jede Maschine wissen, wer sie gerade bedient. Auch in anderen Bereichen kann die Software zum Einsatz kommen. Sogar als persönlicher Coach beim Sport oder als Ohnmachtserkennung mit automatischer Auslösung eines Notrufs“, sagt Patrick Hennig. Wer weiß, wie lange es noch dauert, bis Mitarbeiter von einem perfekt vorbereiteten Arbeitsplatz empfangen werden – wie von Zauberhand.


Das könnte Sie auch interessieren:

Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wird der 11. Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft und löst Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer nach fast elf Jahren ab.‣ weiterlesen

Christian Thönes, Vorstandsvorsitzender bei DMG Mori, hat am Donnerstag sein Amt niedergelegt. Sein Vertrag wurde im Rahmen einer Aufsichtsratssitzung einvernehmlich beendet. Alfred Geißler wurde vom Aufsichtsrat zum Nachfolger bestellt.‣ weiterlesen

Microsoft feiert 40. Geburtstag in Deutschland und eröffnet ein europäisches Experience Center in München. Es ist eines von vier Experience Centern weltweit.‣ weiterlesen

Expertinnen und Experten der Plattform Lernende Systeme beleuchten in einem neuen Whitepaper, wie es um die Entwicklung europäischer bzw. deutscher KI-Sprachmodelle bestellt ist.‣ weiterlesen

Cyber-physikalische Systeme (CPS), wie etwa Autos oder Produktionsanlagen, stecken voller elektronischer und mechanischer Komponenten, die von Software gesteuert werden. Jedoch ist es eine Herausforderung, die Systemarchitekturen solcher Systeme fortwährend konsistent zu halten. Neue Methoden dafür soll ein Sonderforschungsbereich (SFB) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickeln.‣ weiterlesen

Mit der Akquisition der Pod Group hat G+D bereits 2021 sein Portfolio im IoT-Bereich erweitert. Durch den Erwerb von Mecomo geht das Unternehmen nun einen weiteren Schritt in Richtung IoT-Komplettanbieter im Transport- und Logistikbereich.‣ weiterlesen

Die Grimme-Gruppe produziert individuell konfigurierte Landmaschinen. Was für den Wettbewerb Vorteile bringt, ist allerdings mit großem Aufwand verbunden - so verwaltete Grimme Kundenanfragen lange über ein Excel-Tool. Mit dem Softwareanbieter Slashwhy zusammen wurde dies durch ein webbasiertes Anfragemanagement-Programm abgelöst.‣ weiterlesen

Die Software Moryx hilft der Fertigungssteuerung, Maschinen schnell auf einen neuen Kurs zu bringen oder sie für den nächsten Auftrag anzupassen. Mit seinen einheitlichen Bedienoberflächen und seiner niedrigen Einstiegshürde ist das Tool von Phoenix Contact insbesondere auf den Einsatz in Fertigungen mit der Losgröße 1 ausgerichtet.‣ weiterlesen