Videomanagementsysteme

Warentracking in der Logistikhalle

Komplexe Prozesse, hohe Transportvolumina, fußballfeldgroße Umschlaghallen mit kurzen Durchlaufzeiten – das ist Alltag in der Logistik. Damit die geforderten Informationsflüsse zu den Materialbewegungen mit diesem Tempo mithalten können, werden zahlreiche Daten digital erfasst. Kamerabasierte Sendungsverfolgung und Ortungstechnologie helfen, die Waren im Blick zu behalten.

Videomanagement und Indoor-Ortung gewähren Einblicke in die gesamte Organisation und Sicherheit in der Logistikhalle. (Bild: Deutsche Industrie Video System GmbH)
Videomanagement und Indoor-Ortung gewähren Einblicke in die gesamte Organisation und Sicherheit in der Logistikhalle. (Bild: Deutsche Industrie Video System GmbH)

Mit dem wachsenden Warenaufkommen erhöht sich vor allem an den Verladepunkten das Risiko von beschädigter Ware, Fehlverladungen sowie verstellten oder verschwundenen Sendungen. In Lagern und Umschlagzentren nimmt die Gefahr, Haftungsansprüchen ausgesetzt zu werden, ebenfalls zu. Fehlt der eindeutige Nachweis, dass eine Sendung außerhalb der eigenen Verantwortung beschädigt wurde oder abhandengekommen ist, hat der Lagerbetreiber meist das Nachsehen.

Sendungen mittels Indoor-Ortung verfolgen

Um diese Risiken zu reduzieren, gilt es, die logistischen Prozesse in der Umschlaghalle effektiv zu steuern. Technologie zur präzisen Indoor-Ortung von Betriebs- bzw. Produktionsmitteln und anderen beweglichen Objekten, wie etwa Barcode-Scannern, eröffnet hier viele Möglichkeiten. Die Ortungstechnologie fungiert als zusätzlicher Baustein bei der Sendungsverfolgung – beispielsweise in Kombination mit einem Videomanagementsystem. Eine solche Lösung erlaubt es, vermisste Sendungen zu lokalisieren und dadurch Haftungsrisiken zu senken sowie generell Optimierungspotenzial aufzudecken. Mit einer digitalen Videolösung sind neben der Position eines Packstücks auch sein Aussehen, Format und Zustand ersichtlich.

Outdoor- versus Indoor-Ortung

Die Funktionsweise der Ortung in geschlossenen Räumen ist mit der satellitengesteuerten GPS-Ortung im Freien vergleichbar. Bei dieser sind Personen, Fahrzeuge oder Gegenstände mit einem GPS-Empfänger ausgestattet, der codierte Funksignale von Satelliten aufnimmt. So lassen sich Entfernungen und Positionen bestimmen und an Informationssysteme zur visuellen Ausgabe übertragen. Bei der Innenraum-Ortung übernehmen Antennensysteme die Funktion der Satelliten. Sie sind an verschiedenen Positionen in der Halle angebracht und werden über Power over Ethernet (PoE) mit Strom versorgt. Maße und Gewicht dieser Geräte sind vergleichbar mit denen eines industriellen WLAN-Access-Points. Der Informationsaustausch mit den Empfängern findet über verschlüsselte Signale statt. Die Rolle der GPS-Empfänger übernehmen an Objekten frei montierbare Transponder, Hallenscanner und mobile Terminals, auf denen eine entsprechende App installiert ist. Als Funktechnik war bislang die Ultra-Breitband-Technologie (Ultra Wideband, kurz: UWB) der Industriestandard. Daneben gibt es inzwischen ebenso präzise Ortungslösungen, welche die Signale per Bluetooth Low Energy (BLE) übertragen. BLE empfiehlt sich insbesondere, wenn sehr viele Scanner in die Ortungslösung zu integrieren sind. Denn es braucht hier nicht zwingend Transponder (sogenannte Tags) an den Scannern, sondern deren Funktion kann auch eine BLE-App übernehmen.

Ware schneller lokalisieren

Die Indoor-Positionsbestimmung misst mit einer Genauigkeit von bis zu +/-50cm. Damit eignet sich die Technologie etwa zum Auffinden vermisster Sendungen. Kamerabasierte Sendungsverfolgung mit Indoor-Ortung erfassen zu jedem Packstück Bild-, Positions- und weitere Sendungsdaten. Diese Informationen erlauben eine Videorecherche: Während eine Sendung die Halle durchläuft, wird bei jedem Bearbeitungsschritt der Barcode gescannt. Alle Scandaten laufen im Speditions-, Lagerverwaltungs- oder Enterprise-Resource-Planning-System zusammen. An das TMS-, WMS- oder ERP-System ist die Videomanagementsoftware angebunden, welche die Scan- und die Ortungs- sowie Videoinformationen miteinander verknüpft. Aus den Daten entsteht so zu jeder Sendung ein Bewegungspfad, anhand dessen sich ihr Weg durch die Halle verfolgen lässt. Um nun eine Sendung über die Scanzeitpunkte zu lokalisieren, benötigt die Videomanagementsoftware die Sendungs- oder Packstücknummer. Die Verladezeitpunkte oder Bereiche, in denen die Ware abgestellt war, muss der Benutzer nicht kennen. Anstatt zu Fuß in der Halle sucht der Benutzer die vermisste Ware per Mausklick am PC.

Ortungsdaten dargestellt

Ein Videomanagementsystem ist ein zentraler Baustein für die Digitalisierung in der Logistikhalle. Es kombiniert die zu einer Sendung erfassten Daten und stellt sie übersichtlich dar. Eine farbige Markierung, zum Beispiel ein roter Punkt, kennzeichnet im Lageplan der Logistikhalle und in den aufgezeichneten Bildern den Ortungsbereich beziehungsweise die Position des Hallenscanners. Auch unter ungünstigen Bedingungen, wenn etwa andere Gegenstände den Scanbereich verdecken, ist die Position im Bild meistens eindeutig bestimmbar. Signalreflektionen, beispielsweise von Metallwänden oder Packstücken, korrigiert die Software automatisch.

Optimieren mit Kennzahlen

Videomanagement und Indoor-Ortung gewähren zudem Einblicke in die Organisation und Sicherheit in der Logistikhalle. Vom Heatmapping über die Kollisionsvermeidung bis hin zur Optimierung von Routen und der Auslastung von Flurförderfahrzeugen und fahrerlosen Transportsystemen – anhand zahlreicher Kennzahlen ermitteln Unternehmen Verbesserungspotenzial. Im Falle von Beschädigungen am Transportgut können Daten die Beweisfähigkeit sichern, insbesondere an Haftungsübergangspunkten. Das Doppelscan-Verfahren, das viele Unternehmen zur Sendungsverfolgung nutzen, entfällt.

Variable Einführungskosten

Der Bedarf an Ausstattung für eine präzise Ortung hängt vor allem von der Hallengröße und -höhe ab. Bei verwinkelten Hallen werden zudem mehr Infrastrukturgeräte und Netzwerktechnik wie Switches benötigt. Je nach Technologie können zudem Kosten für die Umrüstung der Scanhardware anfallen. Beim bisherigen Branchenstandard, der UWB-Ortung, sind die Hallenscanner mit Transpondern beziehungsweise Tags auszustatten. Taglose Ortung setzt hingegen bluetoothfähige Android-Scanner voraus.