Auf dem Weg zur Industrie 4.0 verändern sich Märkte und Fabriken gleichermaßen. In der neuen Richtlinie VDI5600 Blatt 7 arbeitet die Ingenieurvereinigung heraus, was dieser Wandel für Konzeption, Aufbau und Einsatz von Manufacturing Execution Systems bedeutet.
Die Richtlinie VDI5600 Blatt 1 beschreibt die Aufgaben von Fertigungsmanagementsystemen (MES) in den zehn Funktionsbereichen Auftragsmanagement, Feinplanung und -steuerung, Betriebsmittelmanagement, Materialmanagement, Personalmanagement, Datenerfassung, Leistungsanalyse, Qualitätsmanagement, Informationsmanagement und Energiemanagement. Aufgaben und Bedeutung von MES für die Unternehmensprozesse werden in dieser Richtlinie systematisch mit Bezug zu reaktionsschneller und integrierter Informationsverarbeitung im Produktionsbereich dargestellt. Innerhalb der Automatisierungspyramide ist ein MES klassischerweise zwischen Unternehmensleitebene und Fertigungsebene angesiedelt und versteht sich dabei als zentrale Daten- und Informationsdrehscheibe zwischen diesen beiden Ebenen (vertikale Integration) sowie zwischen den Funktionen innerhalb der Fertigungsleitebene (horizontale Integration). Das heutige MES ist meist eine monolithische Softwareapplikation, in der alle Funktionen sowie die Datenhaltung zentral integriert sind. Typischerweise weist es mehr oder weniger standardisierte Schnittstellen zu den ERP-Systemen der Unternehmensleitebene sowie zu den Anlagensteuerungen und der Sensorik der Fertigungsebene auf. Auf dem Weg zur Industrie 4.0 entwickelt sich eine neue Art der Produktion, die durch Digitalisierung und Vernetzung der gesamten industriellen Wertschöpfungskette geprägt ist. Es entsteht eine hoch dynamische und anpassungsfähige Fertigung, in der die industrielle Individualisierung von Produkten möglich ist. Durch die Echtzeit-Verfügbarkeit einer Fülle von Produktionsdaten und Nachvollziehbarkeit von Zuständen können Maschinen höher ausgelastet und Ausschussquoten reduziert werden. Die Herausforderungen, mit denen sich Unternehmen im Zuge von Industrie 4.0 konfrontiert sehen, betreffen damit die Dimensionen Technik, Organisation, Menschen und Geschäftsmodelle.
Ratgeber für Anpassungen
Um aufzuzeigen, an welchen Stellen sich aufgrund des Industrie-4.0-Paradigmas Änderungen an der Konzeption, am Aufbau und am Einsatz von MES ergeben, hat der VDI die neue Richtlinie VDI Blatt 7 erarbeitet. Die Veröffentlichung soll Unternehmen helfen, sich in Bezug auf die Anpassung ihres MES in diesem neuen Markt- und dem damit veränderten Produktionsumfeld zurechtzufinden. Die Richtlinie umfasst insgesamt zwölf Fallbespiele aus verschiedenen Unternehmensprozessen, die Entwicklungstrends innerhalb der Unternehmen und ihres Umfeldes aufzeigen.
So beschreibt das Fallbeispiel ‚Unternehmensübergreifendes Betriebsmittelmanagement‘ die Verwaltung von Betriebsmitteln wie Spezialwerkzeugen, die auch für Externe (zum Beispiel Zulieferer) zur Verfügung gestellt werden. Mit dem Einsatz von RFID-Technologie ist es möglich, den Einsatz der Werkzeuge auch unternehmensübergreifend zu überwachen. Im MES werden die dezentral erfassten Einsatzdaten verarbeitet, mit weiteren Daten korreliert und ausgewertet, um so die Standzeiten und die Einsatzbereitschaft der Werkzeuge zu erhöhen. Ausgehend von derartigen Fallbeispielen werden zukünftige Anforderungen an MES abgeleitet, die für die Umsetzung der Fallbeispiele erforderlich sind. Dabei ergeben sich drei Gruppen von Anforderungen: Zunächst ‚Funktionale Anforderungen‘, die als Erweiterung der im Blatt 1 etablierten MES-Aufgaben zu sehen sind. Im Bereich des Betriebsmittelmanagements fallen hierunter etwa unternehmensübergreifend die Verwaltung von Ressourcen, auch wenn sie nicht ständig mit dem MES verbunden sind oder die Planung und Überwachung von Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen.
Das Umfeld einbeziehen
Zur Umsetzung der Fallbeispiele sind aber auch Änderungen im digitalen Ökosystem rund um das Unternehmen und die Fabrik erforderlich, die bei der Ausgestaltung eines MES für Industrie 4.0 berücksichtigt werden. Diese ‚Nicht-funktionalen Anforderungen‘ betreffen die Handhabung von großen Datenmengen und hohen Übertragungsgeschwindigkeiten, die sichere Speicherung von Daten und Gewährleistung der Verfügbarkeit sowie die Interoperabilität durch Integration von Schnittstellen und Services.
Dirigent der Prozesse und Dienste
Die dritte Gruppe von Anforderungen betrifft letztlich die zukünftigen ‚Anforderungen an eine MES-Architektur‘. Durch die technischen Möglichkeiten steigt die Anzahl und Art an vernetzten Devices und die Menge an verfügbaren Daten rasant. Dementsprechend steigt auch die Anzahl und Vielfalt der damit verbundenen digitalen Services. Das MES der Zukunft muss zusätzlich zu seinen originären MES-Funktionen auch die Verwaltung und Orchestrierung der anbieter- oder plattformübergreifenden Services sicherstellen. Diese Aufgabe verwandelt das MES viel mehr in eine Plattform für die Produktion – entweder als reines Framework ohne eigene MES-Funktionen oder als integrierte Plattform mit bereits vorhandenen Funktionen. Spezielle Anforderungen an eine MES-Plattform, die im Industrie 4.0-Umfeld eingesetzt wird, umfassen unter anderem ein Service-Repository zur Verwaltung der verfügbaren Services, eine Verwaltungsoberfläche zum Einbinden und zur Konfiguration der Services sowie ein ganzheitliches Sicherheitsmanagement. Die dargestellten Anforderungen an MES-Anwendungen im vernetzten Umfeld, insbesondere deren Aufbau als Plattform, bieten für die Hersteller solcher Systeme also völlig neue Herausforderungen, aber auch Möglichkeiten. Für alle, die sich für Fabriksoftware interessieren, liegt mit dem neuen Blatt 7 eine Ergänzung der Richtlinienreihe VDI 5600 Manufacturing Execution Systems vor. Einsprüche zu dem Entwurf sind noch bis zum 31. Mai 2020 unter www.vdi.de/5600-7 möglich.
Autoren:Professor Dr. Stephan Hähre ist Studiengangsleiter Wirtschaftsingenieurwesen an der DHBW Mosbach. Professor Dr. Tim Pidun ist Studiengangsleiter für Angewandte Ingenieurwissenschaften an der Hochschule Ansbach.
Autoren: Professor Dr. Stephan Hähre ist Studiengangsleiter Wirtschaftsingenieurwesen an der DHBW Mosbach. Professor Dr. Tim Pidun ist Studiengangsleiter für Angewandte Ingenieurwissenschaften an der Hochschule Ansbach.
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