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IIoT und MES konvergieren

KI-Akustikprüfung nachgerüstet

Die steigenden Forderungen nach Kostensenkungen und Qualitätsverbesserungen stoßen mit gängigen Werkzeugen des KVP allmählich an ihre Grenzen. Neue Lösungen auf Grundlage von maschinellem Lernen sollen laut diversen Studien bis zu 70 Prozent verborgenes Potenzial aufzeigen. Dafür gilt es, IoT und MES zu koppeln, wie dieser Use Case aus der Qualitätssicherung belegt.

End-of-Line-Prüfung-as-a-Service – Beispiel einer Cloud-MES-IoT-Architektur (Bild: Trebing & Himstedt Prozeßautomation GmbH & Co. KG)

End-of-Line-Prüfung-as-a-Service – Beispiel einer Cloud-MES-IoT-Architektur (Bild: Trebing & Himstedt Prozeßautomation GmbH & Co. KG)

Neue Technologien werden oft in kleinen iterativen Schritten eingeführt, meistens durch einen Proof of Concept. So finden Verfahren der künstlichen Intelligenz im Produktionsalltag ihre Anwendung. Grundsätzlich sind die bisherigen Einsatzgebiete von Machine Learning (ML) in der Prozessüberwachung, -optimierung und -steuerung vorzufinden. Abhängig vom Input und der Prozesskomplexität eignen sich diverse Methodiken des maschinellen Lernens für diese Einsatzgebiete, wie in etwa das Un-/Supervised oder Reinforcement Learning.

Machine-Learning-gestützte Qualitätsprüfung in der Serienfertigung

Der hier betrachtete IoT Use Case handelt von der Qualitätssicherung mithilfe KI-gestützter Akustikprüfung in der Serienfertigung. Dies bewerkstelligt ein digitaler Service als 3rd-Party-Lösung in Echtzeit oder als End-of-Line-Prüfung. Durch einen lückenlosen Einsatz einer solchen Überwachung und der kontinuierlichen Prüfung werden Mängel früh gefunden. Vor der Akustikprüfung mittels Machine Learning wurde die Kontrolle durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an der Linie oder durch Qualitätsingenieure per Stichprobenprüfung durchgeführt. Das Ergebnis hing dabei oft vom subjektiven Empfinden des Prüfers ab. Sollte im weiteren Verlauf ein zuvor nicht entdeckter Mangel zu spät oder erst beim Kunden auftauchen, muss dieser mit hohem Aufwand und Kosten korrigiert werden. Diese Art der personalintensiven Prüfung ist zudem an die Arbeitszeit gekoppelt. Eine Alternative ist die Akustikprüfung durch eine Software mittels maschinellen Lernens. Initial muss zunächst die Linie oder der Prüfstand mit möglichst leicht nachzurüstender Sensorik ausgestattet werden. Danach wird diese mit der IoT-Box verbunden, damit sie die Sensorsignale aufnehmen, gegebenenfalls zwischenspeichern und an die Cloud schicken kann. Dies geschieht oft über OPC- oder MQTT-Protokolle. Im Anschluss werden die Daten durch den IoT-Service in der Cloud bewertet, aggregiert und ein Machine-Learning-Modell trainiert. Die Qualitätsingenieurinnen müssen einige Positivfälle vorgeben oder anfangs beim Modelltraining unterstützen.

Bild: ©Itsanan/stock.adobe.com

Bild: ©Itsanan/stock.adobe.com

200 Datensätze reichten

Für das Training waren in diesem Fall lediglich 200 Datensätze nötig. Sobald das initiale Setup abgeschlossen ist, kommt die Qualitätsprüfung in der Cloud zum Einsatz. Bei Bedarf kann für die Visualisierung der Prüfergebnisse ein Dashboard eingesetzt werden. Die Vorteile der objektiven Geräuschprüfung gegenüber der subjektiven Prüfung durch den Menschen liegen vor allem in der automatisierten Überwachung, Schnelligkeit der Kontrolle selbst, aber auch bei der Erkennungsquote von Mängeln. Zusätzlich wird die Rückverfolgbarkeit von aufgetretenen Abweichungen ermöglicht, wodurch u.a. die Ursachenanalysen beschleunigt wird. Bei der 3rd-Party-Lösung handelt es sich um einen externen Cloud und KI-Service, welcher je nach Bedarf gebucht und gegebenenfalls auf weitere Linien skaliert werden kann. Anwender brauchen also nur die Sensorik und die IoT-Box im Werk, die Software lässt sich aus der Cloud mieten. Abgerechnet wird sie pro Stück je Prüfung.

Produktiveinsatz mit dem MES

Um die IoT-Lösung mit den internen Prozessen zu harmonisieren lässt sie sich via Cloud-to-Cloud-Kommunikation mit einem MES verbinden. So verhindern Firmen, dass die neuen Technologien eigene Datensilos erzeugen und End-to-End-Prozesse unterbrochen werden. Vorteile einer Integration sind etwa: Prozessverbesserungen, tiefgehende Ursachenanalysen, Erkennen von Korrelationen, Rückverfolgung von Qualitätsmängeln, Archivierung, Big-Data-Analysen, statistische Qualitätsdaten und Zeitreihendaten.

IoT-Lösungen reif für die Produktion

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass IoT-Anwendungsfälle reif für industrietaugliche Implementierungen sind und gerade im Zusammenspiel mit MES-Software ihren Nutzen auspielen können, ohne die Prozesssicherheit und Einhaltung regulatorischer Anforderungen zu gefährden. Wer hohe Einstiegskosten ablehnt, findet in Software-as-a-Service-Lösungen zudem die Möglichkeit, höhere Anfangsinvestitionen zugunsten eines Mietmodelles zu substituieren. Somit dürfte dieser Ansatz eine zukunftsfähige Blaupause für viele IT-Verantwortliche darstellen.


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