Die Gebrüder Becker GmbH aus Wuppertal produziert Vakuum- und Drucklufttechnologie nach individuellen Anforderungen. Um das Qualitätsmanagement zu modernisieren, verknüpfte der Hersteller sein CAQ- und und ERP-System zu einem dynamischen und mitdenkenden Qualitätsnetzwerk.
Bild: Gebr. Becker GmbH
Luft als Hilfsmittel in der Produktion ist in vielen Branchen kaum wegzudenken. Voraussetzung ist, dass sie zuverlässig und exakt dosiert wird. In der Verpackungsindustrie werden Kartons beispielsweise mittels Vakuum transportiert und gefaltet. Möglich wird das mit Produkten für die Vakuum- und Drucklufttechnologie, wie sie die Gebr. Becker GmbH aus Wuppertal produziert. Die Einsatzgebiete der Vakuum-Pumpen, Verdichter und Luftversorgungssysteme reichen von der Papier- und Druck-Industrie, 3D-Druck, über die Verpackungs-, Medizintechnik- und Bauindustrie, bis hin zur Elektronik- und Holzverarbeitungsbranche. Das Unternehmen ist weltweit in etwa 50 Ländern mit Tochtergesellschaften und einem Netzwerk aus Vertretungen vertreten.
Zertifizierte Prozesse
Um mit größtmöglicher Qualität zu produzieren, stellt Gebr. Becker hohe Ansprüche an die Unternehmensprozesse und Erzeugnisse, die in Audits nach ISO9001, ISO14001, BS OHSAS 18001 und ISO50001 regelmäßig überwacht werden. Schon früh setzte das Unternehmen auf ein computergestütztes Qualitätsmanagement – zunächst mit SAP-Software zur Wareneingangsprüfung. Die wachsenden Ansprüche an eine tiefergehende Qualitätsüberwachung brachten das ERP-System jedoch an seine Grenzen. Auch ein 2004 eingeführtes CAQ-System stieß an seine Grenzen. 2013 entschloss man sich für den Wechsel zum CAQ-Anbieter Böhme & Weihs. Innerhalb weniger Monate wurde dessen Lösung CASQ-it installiert, vernetzt und auf die individuellen Anforderungen von Gebr. Becker abgestimmt. Das Ergebnis ist ein regelrechtes Qualitätsnetzwerk, das unterschiedliche Software-Systeme, Abteilungen und Werke miteinander verbindet und automatisiert miteinander kommunizieren lässt. ERP- und CAQ-System spielen dabei zusammen. Mit seinen von SAP zertifizierten Standard-Werkzeugen konfigurierte Böhme & Weihs eine Schnittstelle zwischen beiden Systemen.
Qualität der Lieferanten überwachen
Mit dem CAQ-System überwacht Gebr. Becker die Qualität seiner rund 500 Lieferanten mit einem Wareneingang von rund 15 Millionen Teilen pro Jahr. Dies verlangt nach einem strukturierten und intelligenten Prüfablauf. Das Zusammenspiel beider Systeme funktioniert so: Die SAP-Lösung informiert das CAQ-System über jede eingehenden Lieferung. Dieses erzeugt dann automatisch den dazugehörigen Prüfauftrag – doch nur dann, wenn es auch sinnvoll ist. Denn in der Regel gibt es mit externen Lieferanten eine Qualitätssicherungsvereinbarung, und nur bestimmte Lieferungen verlangen eine umfangreiche Wareneingangsprüfung. Entsprechend der unternehmenspezifischen Logik überprüft das CAQ-System bei jedem Wareneingang, ob es bei der letzten Lieferung eine Reklamation gab, ob es sich um ein Entwicklungsprojekt handelt oder bei den Lieferteilen funktionsrelevante Merkmale überwacht werden müssen. In diesen Fällen wird auch ein Prüfauftrag erzeugt, den Mitarbeitern im Wareneingang zur Prüfung angezeigt und nach der Prüfung ein detaillierter Verwendungsentscheid an SAP zurückgemeldet. Sinkender Organisationsaufwand durch Automatisierung, reduzierte Prüfhäufigkeit durch Dynamisierung – die Zeit- und Kostenersparnis durch die Vernetzung zwischen SAP und CASQ-it ist groß. Das Zusammenspiel setzt sich in der Produktion fort, von Wuppertal über Apolda bis nach Shanghai.
Über 100.000 Geräte und Systeme produziert das Wuppertaler Unternehmen pro Jahr im drei-Schicht-System. Und jedes durchläuft in der Fertigung Prüfungen zur Überwachung der Produkt- und Prozessqualität – von Werker-Selbstprüfungen über automatisierte Maßprüfungen mittels Messmaschinen bis hin zu Funktionsprüfungen in Prüfständen. Alle Ergebnisse dieser Prüfungen laufen im CAQ-System zusammen und nahezu jede dieser Prüfungen wird vom System angestoßen, gesteuert, überwacht und dokumentiert. Grundlage aller Qualitätsprüfungen sind die Prüfpläne im System. Diese entstehen mittels der zeichnungsbasierten Prüfplanung Infra-Convert der Elias GmbH. Merkmale werden automatisch gestempelt, aus unterschiedlichen Formaten der CAD-Zeichnungen importiert und in einem vollständigen Prüfplan mit allen Detailangaben zusammengeführt. Aber auch ohne CAD-Zeichnung sichert das Programm die Prüfplanung ab. Die Variantenvielfalt wird dabei zur Herausforderung. Es gibt zwar eine überschaubare Menge von etwa 160 Geräte-Grundtypen, doch diese lassen sich an unterschiedliche Anforderungen anpassen. Die CAQ-Software begegnet dieser Variantenvielfalt, indem sie ja nach Konfiguration des Produkts aus den übergeordneten Familienprüfplänen einen individuellen Geräte-Prüfplan zusammenstellt.
Bild: Gebr. Becker GmbH
Prüfaufträge werden erzeugt
Sobald ein Fertigungsauftrag im SAP-System angestoßen wird, reagiert CASQ-it: Welcher Prüfplan gilt für diese Gerätekonfiguration? Und welche Qualitätsprüfungen durchläuft das Gerät bis zur Auslieferung? Die Software erzeugt die Prüfaufträge und stellt diese an den entsprechenden Prüfplätzen bereit – von der Prüfstation für die Werker-Selbstprüfung über anspruchsvolle Messsysteme bis hin zum Prüfplatz im Warenausgang.
Werker überwachen Qualität
Die Qualitätsüberwachung in der Bearbeitung, Montage, Lackierung und dem Versand erfolgt durch die Werker über die Prüfstationen der CAQ-Anwendung. Dabei unterscheidet das System, wo welcher Prüfauftrag benötigt wird, da die spezifischen Unternehmensstrukturen im System hinterlegt sind: Jeder Werker sieht nur die Prüfaufträge, die für seinen Arbeitsbereich in seinem Werk relevant sind. Der Mitarbeiter muss dazu den Barcode auf der SAP-Begleitkarte scannen, das CAQ-Tool startet die passende Werker-Selbstprüfung.
Ergebnisse laufen zusammen
Alle Ergebnisse der Messmaschinen in den drei Produktionsstandorten laufen im System zusammen. Alleine für die Erstteil-Prüfungen sind das bis zu 25 Messungen am Tag mit circa 300 Merkmalen. Hinzu kommen Prüfungen für Erstmuster sowie zusätzliche Fähigkeitsuntersuchungen. Jeder Messwert wird automatisch mit Prüfzeitpunkt der jeweiligen Merkmalsnummer im Prüfplan zugeordnet. Enthält das Messwertprotokoll Daten zu einem völlig neuen Merkmal, wird es automatisch im Prüfplan ergänzt. Gibt es noch gar keinen Prüfplan im CAQ-System, erstellt ihn die Software neu. Die Verbindung zwischen der CAQ-Software und den Prüfstellen in der Fertigung erlaubt es Gebr. Becker, die engmaschige und umfangreiche Qualitätsüberwachung erfolgreich umzusetzen. Die Datenmengen, die dafür jeden Tag analysiert werden, sind enorm.
Bis zu 10.000 Prüfergebnisse werden pro Tag analysiert. Die Herausforderung besteht darin, die wichtigen von den unwichtigen Daten zu unterscheiden und dennoch alle Daten im Zugriff zu haben. Denn häufig zeigen sich Trends und Probleme erst beim Kombinieren unterschiedlicher Informationen. Den Mitarbeiter im Qualitätsmanagement hilft dabei ein sogenanntes Tagesprotokoll. Dieses gibt einen Überblick über sämtliche Prüfergebnisse. Die Analysemöglichkeiten sind vielfältig. Welche Fehler sind in der Nachtschicht in China aufgetreten? Wie verliefen die Funktionsprüfungen für einen bestimmten Gerätetyp in den letzten vier Wochen? Kritische Fertigungsprozesse, Problemaufträge oder Auffälligkeiten bei bestimmten Merkmalen sind im Tagesprotokoll ersichtlich, und es kann direkt gegengesteuert werden.
Rückmeldung vom Service
Auch die Rückmeldung der Service-Techniker bei den Geräte-Betreibern zu Reparatur- und Wartungseinsätzen bietet Potenzial für das Qualitätsmanagement: Voraussetzung ist, dass die relevanten Servicedaten aufbereitet und zwischen den mobilen Technikern und dem Qualitätsmanagement weitergeleitet werden. Ohne dabei großen Aufwand für die Mitarbeiter zu verursachen. Auch dafür wird die Verbindung zwischen der ERP- und CAQ-System genutzt. Techniker erfassen beim Kunden Daten und Schadensbilder zum Service-Einsatz mit einer unternehmenseigenen App und übermitteln die Daten an SAP ERP. Das ERP-System informiert das CAQ-System zur eingehenden Servicemeldung. Nur wenn diese qualitätsrelevant ist, wird ein neuer Reklamationsvorgang angelegt und fehlende Informationen ergänzt. Statt für jeden eingehenden Vorgang im ERP-System eine eigene Reklamation im CAQ-System anzulegen, fasst die Software Vorgänge mit gleichem Kunden, gleichem Gerätetyp und gleichem Fehlerschlüssel zu einer Reklamation zusammen. Die Analyse und Bearbeitung der Servicemeldung erfolgt nach der 8D-Systematik. Dabei wird die Beschreibung des Servicetechnikers Schritt für Schritt vertieft und der Kern des Problems beim Kunden mit Werkzeugen zur Ursachenanalyse herausgearbeitet. So ist ersichtlich, über welche Verbesserungsmaßnahmen ein größerer Kundennutzen erzielt werden kann – wertvolle Impulse für das Qualitätsmanagement und die Produktentwicklung.
Über Abteilungen hinaus
Die Unterstützung des CAQ-Systems bei der täglichen Arbeit überzeugte auch Mitarbeiter außerhalb der Abteilung Qualitätsmanagement. Ob Entwicklung, Vertrieb oder Ersatzteilversorgung – quasi alle Abteilungen, die mit dem Produkt in Berührung kommen arbeiten mit der Software. So haben täglich zwischen 100 und 150 Mitarbeitern über Kennzahlen und Analysen Zugriff auf für sie relevante Qualitätsinformationen.
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