Bestandsanlagen anbinden

Aus alt mach neu

Um Produktionsdaten per Manufacturing Execution System auswerten zu können, müssen die Daten aus der Maschine in das System gelangen – bei alten Maschinen ein Problem. Doch können Fertiger nicht einfach so in einen neuen Maschinenpark investieren. Der Retrofit-Ansatz kann dabei helfen, auch ältere Maschinen Industrie 4.0-Ready zu machen.

Implementierung des IoT-Gateways im Schaltschrank (Bild: N+P Informationssysteme GmbH)
Implementierung des IoT-Gateways im Schaltschrank (Bild: N+P Informationssysteme GmbH)

Industrie 4.0-Technologien sind nicht nur etwas für Anlagen auf der grünen Wiese. Auch Bestandsanlagen können per sogenanntem Retrofit bereit für Industrie 4.0 gemacht werden

Was ist ein Retrofit?

Retrofit bezeichnet dabei die Aufrüstung bzw. Modernisierung einer alten Anlage. Dabei werden vorhandene Komponenten einer Bestandsmaschine durch neue Bauteile ersetzt oder Komponenten hinzugefügt, um aktuellen technischen und rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Aufrüsten vs. Neukauf

Im Vergleich zur Neuanschaffung bietet ein Retrofit unterschiedliche Vorteile, wie etwa geringere Investitionskosten. Bereits mit niedrigem Kapitaleinsatz können Effekte erzielt werden:

  • •  Längere Nutzungsdauer
  • •  Weniger Ausfallzeiten
  • •  Geringere Produktionskosten durch Verbesserung von Energieeffizienz, Produktivität und Produktqualität
  • •  Erfüllung gesetzlicher Vorgaben
  • •  Prozess- und Maschinendaten-Erfassung

Zudem sind für Retrofits keine langen Genehmigungsverfahren notwendig. Auch Um- oder Neubauten sind nicht notwendig.

Maschinen Nachrüsten

Die Grundlage für Digitalisierung und Industrie 4.0 bilden Daten und die Vernetzung von Maschinen und Anlagen über das Internet of Things (IoT). Um die nötigen Daten aus den Bestandsanlagen herauszuholen werden sie mit moderner Sensorik und Kommunikationstechnik ausgestattet. Dies ermöglicht die Erfassung und Analyse von Produktionsdaten sowie die Vernetzung und Kommunikation zwischen den Anlagen. Das digitale Retrofitting ist in der Regel bei jeder Maschine, unabhängig von Alter und Nutzungsdauer möglich. Maschinenhersteller bieten inzwischen auch selbst Retrofit-Komponenten zur Nachrüstung an.

Anbindung an das MES

Die Sensoren messen physische Größen, wie die Temperatur oder den Stromverbrauch. Die Messwerte werden dann mithilfe eines sogenannten IoT-Gateways ausgelesen – Eingriffe in die SPS-Steuerung sind nicht nötig. Anschließend werden die Daten an eine Software, in vielen Fällen ein Manufacturing Execution System, übermittelt, wo die Daten analysiert, visualisiert und gegebenenfalls mit anderen Produktionsdaten vereint werden. Die Darstellung kann beispielsweise durch Dashboards erfolgen. Maschinenzustände können jederzeit und ortsunabhängig überprüft werden und die Basis für die Planung, Steuerung und Optimierung der Produktion bilden.

Monitoring von Produktionsdaten über ein Manufacturing Execution System am Beispiel einer Popcornmaschine. (Bild: N+P Informationssysteme GmbH)
Monitoring von Produktionsdaten über ein Manufacturing Execution System am Beispiel einer Popcornmaschine. (Bild: N+P Informationssysteme GmbH)

Was ist zu beachten?

Beim Retrofit-Ansatz gilt es, mehrere Schritte zu beachten. So muss beispielsweise nicht die gesamte Fertigung umgerüstet werden. Im ersten Schritt ist zu prüfen, ob sich die vorhandenen Anlagen und Produktionsprozesse für einen Retrofit-Ansatz eignen. Daraus werden anschließend die Anforderungen an die jeweiligen Komponenten abgeleitet. Hier stellen sich z.B. die folgenden Fragen: Welche Indikatoren und Messwerte sind für Maschinen jeweils von Bedeutung? Sind bereits Sensoren verbaut? Welche Signale geben die Maschinen bereits ab? An welchen Stellen müssen welche Sensoren nachgerüstet werden? Im zweiten Schritt sollte eine Kosten-Nutzen-Analyse klären, wie sich die Retrofit -Lösung im Vergleich zu einer Neuanschaffung verhält. Anschließend erfolgt die Auswahl der Komponenten, wie Sensorik, Hardware und Software. Im Anschluss wird die Maschine umgerüstet. Alte Komponenten werden demontiert und durch neue ersetzt. Außerdem muss nötige Hard- und Software installiert werden. Nun können die neuen Komponenten damit beginnen, Daten zu sammeln und diese an das MES weiterleiten. Dort werden diese dann ausgwertet und per Dashboard visualisiert. Auf Basis dieser Daten können schließlich Maßnahmen zur Produktionsplanung, -steuerung und -optimierung abgeleitet werden.

Geringer Aufwand

Durch Retrofits können mit vergleichsweise geringem Aufwand die Vorteile digitaler Technik genutzt werden. Die Methode bietet somit einen schnellen Einstieg, um die Fertigung schrittweise zu digitalisieren. n ist im Business Development bei der N+P Informationssysteme GmbH.