Software für die Energiewende

Was MES in der Photovoltaik-Produktion leisten

Photovoltaik und Co. sind im Aufwind, denn weltweit ersetzt Elektrifizierung zunehmend fossile Energieträger. Fortschrittliche Anlagen und moderne MES-Software könnten hiesige Fertiger befähigen, sich gegen die harte Konkurrenz zu behaupten.

Bild: ©IM Imagery/stock.adobe.com
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Vor 15 Jahren war Deutschland der Vorreiter in der Photovoltaik-Branche. Maschinenbau und Produktion für Photovoltaik (PV) erlebten ihren Höhepunkt und öffneten einen neuen Markt, der sich nicht nur ökonomischen, sondern auch ökologischen Zielen widmete. Lokale Unternehmen entwickelten neueste Technologien, um den Wirkungsgrad, wie auch die Herstellung in großen Stückzahlen zu optimieren. Der neue Bedarf und der technologisch bereitete Weg führten in den globalen Konkurrenzkampf. Mit staatlicher Unterstützung und strategischem Vorgehen erarbeitete sich China eine heute marktbeherrschende Stellung in der Produktion von PV-Zellen und -Modulen.

Standortvorteile ausgleichen

Der Markt ist geprägt von neuen Technologien, während Anpassungen in den Lieferketten die Situation teils grundlegend verändern. Neben rein kostenoptimierten PV-Modulen aus China finden auch auf Wirkungsgrad und Qualität optimierte PV-Module ihre Abnehmer. Zusätzlich ermöglichen es der Einsatz von Software und Automatisierungstechnik, den chinesischen Standortvorteil zu relativieren.

Markt soll stark wachsen

Der politisch enorm beschleunigte Wechsel von fossilen Brennstoffen wie Erdöl und Erdgas zu erneuerbaren Energien und die angespannte Situation der Lieferketten aus China könnten eine Renaissance der PV-Industrie in Deutschland, Europa und den USA befördern. Unternehmen, die den rauen Markt der vergangenen Jahre überlebt haben und Startups gewinnen mit hocheffizienten Modulen und guten Preisen global Marktanteile oder finden ihren Kundenkreis mit Spezialanwendungen. Die weltweit installierte PV-Kapazität betrug im März 2022 etwa 1 TW. Die EU allein erreichte bereits Ende 2021 eine Kapazität von 170 GW. Um die in Paris gesetzten Klimaziele zu erreichen, dürften jedoch weitere Produktionskapazitäten in Europa und Amerika benötigt werden. Europa plant den Ausbau auf 30 GW bis 2025, unterstützt durch Initiativen wie ESIA (European Solar PV Industry Alliance), RepowerEU oder ESMC (European Solar Manufacturing Council). Die USA ebnet den Weg zum Ausbau durch den Inflation Reduction Act (IRA), der der Branche 370 Mrd. US-Dollar durch Steuerbegünstigungen einbringt. Die US-Pläne zum Ausbau der Produktionskapazität belaufen sich auf 10 GW bis 2025 und 50 GW bis 2030.

Bild: ©snapshotfreddy/stock.adobe.com
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Software in der PV-Produktion

Die Produktion von Solarzellen, Elektrolyseuren und Batterien erfordert hohe Präzision und Kontrolle des Produktionsprozesses. Besonders im Bereich der Zellenfertigung für PV-Module geht es um die Herstellung sehr hoher Stückzahlen mit gleichbleibender Qualität. Um diese Anforderungen zu erfüllen, setzen Produzenten meist Manufacturing Execution Systems (MES) ein. Diese Anwendungen unterstützen Hersteller bei der Steuerung und Überwachung des Produktionsprozesses sowie deren Optimierung. Daten werden in Echtzeit erfasst – von der Auftragsfreigabe bis zur Fertigstellung. Gleichzeitig sollen Ausschuss vermieden und möglichst ressourceneffizient gefertigt werden. Dabei kann jede Verbesserung des Wirkungsgrades oder Erhöhung der Produktionskapazität entscheidend für den Markterfolg sein. Branchenspezifische MES-Software wie FabEagleMES von Kontron AIS bieten dazu Funktionen wie das Virtual-Single-Product-Tracking, um branchenspezifische Herausforderungen zu lösen und Produktionsstandorte zu skalieren. Funktionen und Module eines auf die PV-Fertigung spezialisierte MES teilen sich in die drei Säulen Rückverfolgbarkeit, Produktionssteuerung und Transparenz auf

Was MES in der PV- und Batterieproduktion leisten

Wichtig ist die Erfassung von Prozess- und Equipment-Daten über branchenspezifische Schnittstellenstandards wie SECS/GEM, PV02 oder OPC UA, um Anlagenzustände und -daten, Materialbewegungen oder Prozessparameter im Blick zu halten. Zudem sollten spezifische Befehle für die Material- und Werkstückträgerverriegelung verwendet werden. Diese verhindern falsche Materialhandhabung und steuern die ordnungsgemäße Ausführung der Schritte in den Arbeitsplänen. Unbedingt erforderlich ist eine komplette Materialverfolgung und -rückverfolgung. Sie stellt nicht nur korrekte Bestandsdaten sicher, sondern sichert auch die durchgängige Rückwärts- und Vorwärtsgenealogie. Die Rückverfolgung beginnt zum Beispiel in der PV-Modulproduktion mit dem fertigen Solarmodul und kann bis zu den Solarzellen, Wafern, Ingots, Kristallen, Rohsilizium sowie den zugehörigen Verbrauchsmaterialien für die Herstellung eines Moduls zurückgehen.

ERP-Kopplung meist erforderlich

Die Vorwärtsverfolgung startet mit dem Rohsilizium und führt zu allen fertigen Solarmodulen, die aus einer bestimmten Siliziumcharge hergestellt wurden. Sollen der Bestand an Halbfertig- und Fertigprodukten und der damit verbundene Verbrauch an Roh- und Betriebsstoffen verfolgt werden, ist eine Echtzeit-Verbindung des MES zum ERP-System für einen Austausch von Stammdaten, Arbeitsaufträgen, Produktionsfortschritten und Qualitätsinformationen unerlässlich. Die so erfassten Anlagendaten können zur Berechnung von KPIs wie Overall Equipment Effectiveness (OEE) verwendet werden, um die Anlagenleistung zu überwachen und zu verbessern.

Optimierungen global ausrollen

Ergänzt wird ein MES für PV- oder Batterieproduktion durch eine standortübergreifendes Produktionsmonitoring, womit Firmen ihre Produktion weltweit überwachen und Prozesse kontrollieren können. So lassen sich Produktionskennzahlen vergleichen und Erkenntnisse zur Prozessverbesserung an mehreren Standorten implementieren. Unter Einbezug der prognostizierten Wachstumspotenziale spielt neben den bereits beschriebenen Merkmalen auch das Thema Skalierung eine enorme Rolle. Laut Marktreport ITRPV von 2022 werden im Jahr 2029 über 60 Prozent der Solarzellen an Standorten mit einer Produktionskapazität größer 5 GW hergestellt. Gleichzeitig soll der Wafer-Durchsatz in den Prozessanlagen pro Stunde um etwa 30 Prozent steigen. Voraussetzung dafür sind fortschrittliche Anlagen und IT-Anwendungen.

MES in der Energiewende

Indem ein MES zur effizienteren Produktion in den wichtigen Branchen beiträgt, wird es zum Wegbegleiter der Energiewende. Denn erst durch den Einsatz dieser Anwendungen lassen sich PV-Zellen und -Module sowie Batterien so effizient wie möglich herstellen.