Robotic Process Automation

Routineaufgaben per Bot automatisieren

Formulare ausfüllen, Tabellen erstellen und Copy-Paste-Marathons, viele der täglichen Handgriffe am Arbeitsplatz sind oft nicht mehr als Routine — nicht kompliziert, dafür aber zeitraubend und wenig motivierend. Abhilfe schafft Robotic Process Automation.

(Bild: ©SergeyBitos/stock.adobe.com)

Sich auf komplexe Aufgaben konzentrieren zu können – das hebt uns als kreativ und eigenständig denkende Menschen von Maschinen ab. Dennoch läuft es im Arbeitsalltag darauf hinaus, dass Mitarbeiter Routineaufgaben mit immer gleichem Prozedere erledigen. Das ist zum einen ineffizient und zum anderen kann es zu Frustration führen. Darüber hinaus sind solche Aufgaben durch schwindende Aufmerksamkeit besonders fehleranfällig. Robotic Process Automation (RPA) kann dem etwas entgegensetzen und zudem dafür sorgen, dass Unternehmen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter sinnvoller einsetzen können.

Ein digitaler Mitarbeiter

RPA ist im Grunde wie ein zusätzlicher, digitaler Mitarbeiter. Ähnlich wie ein Mensch, nutzt der intelligente Bot Benutzeroberflächen, um Daten zu erfassen, zu interagieren, Tabellen zu erstellen und generell Routineaufgaben selbständig zu erledigen. Nach Auswertungen der Unternehmensberatung Deloitte kann ein solcher Bot Aufgaben bis zu fünf bis zehn Mal schneller als ein Mensch erledigen und das auch noch mit einer Fehlerreduzierung um bis zu 100 Prozent. Außerdem können Unternehmen je nach Einsatzbereich 60 bis 80 Prozent ihrer Ressourcen einsparen.

Einsatz in der Industrie

Neben den Einsatzbereichen im Finanz- und Personalwesen sowie im Controlling, gibt es auch in der Industrie verschiedene Anwendungsfälle für die Technologie. Ein Beispiel ist das Finden passender Ausschreibungen innerhalb des TED(Tenders Electronic Daily) Ausschreibungsportals für die Europäische Union. Etwa 520.000 Ausschreibungen werden hier jährlich veröffentlicht mit einem Gesamtvolumen von rund 420Mrd.€. Auf Basis zuvor festgelegter Kriterien können Bots Ausschreibungsportale automatisch und regelmäßig prüfen. Sie bedienen die Suchmaschine nach einem vorgegebenen Muster und rufen alle relevanten Ausschreibungen auf. Anschließend extrahieren sie die Daten und bereiten sie parallel im gewünschten Zielformat, zum Beispiel in einer Excel-Tabelle, auf. Diese erhält der Mitarbeiter automatisch per Mail. Für Recherche und Aufbereitung wird so nur ein Bruchteil der Zeit aufgewendet, die ein Mitarbeiter benötigen würde.

Ein weiterer Einsatzzweck für einen RPA Bot ist die regelmäßige Bericht- und Reporterstellung. Das betrifft beispielsweise tägliche Auslieferungsreports eines produzierenden Unternehmens. Ein Bot kann den bisher manuell ausgeführten Prozess automatisieren, indem er sich selbständig in die entsprechenden Systeme des Unternehmens einloggt und die für den Report erforderlichen Daten extrahiert. Die entnommenen Auslieferungsdaten werden dann in den relevanten Dateiformaten aufbereitet, um anschließend einen täglichen Auslieferungsbericht zu erzeugen und gleichzeitig an das Management zu versenden.

Für das Erstellen und Versenden von Rechnungen kann ein Bot ebenfalls hilfreich sein. Er ruft die Bestellinformationen aus den IT-Systemen von Sales und Distribution ab und überträgt die Daten in Rechnungstemplates. Anschließend sendet der Bot die automatisch generierten Rechnungen weiter weiter an die Kunden.

Solche sogenannten ’Unattended Bots’, also Bots, die selbständig Vorgänge ohne weitere menschliche Mitarbeit abarbeiten, sind bereits im Einsatz. So können diese Bots über die Automationsplattform ’Servicetrace X1‘ zum Beispiel in Logistik und Einkauf im Hintergrund Posteingänge vorsortieren und Rechnungen prüfen. Ein Kommunikationsbot reagiert auf festgelegte Trigger und löst eine passende automatisierte Antwort aus. Für Mitarbeiter bedeutet die Automatisierung ein schnelleres und somit ressourcenschonendes Vorgehen innerhalb der Arbeitsprozesse.

Bei EPLAN, einem Anbieter für Software-Lösungen rund um die Elektrokonstruktion im Maschinen-, Anlagen- und Schaltschrankbau, übernimmt ein Bot den Datenimport für Katalogdaten rund um die Uhr. Dadurch sind die verwendeten Datensätze aus den Daten- und Informationsblättern aller Bauteile und Komponenten immer aktuell. Die manuelle Eingabe und der damit verbundene Zeitaufwand entfallen. Neben der Fehlerfreiheit und Effizienz der RPA-Bots profitieren die beschäftigten vor allem davon, dass sie die freigewordene Arbeitszeit für ihre eigentlichen Kernkompetenzen einsetzen können.

Vor dem Einsatz klären

Natürlich gilt für RPA das gleiche wie bei anderen Automatisierungs-Lösungen auch: der Kosten-Nutzen-Faktor muss stimmen. Dafür sollte jeder Arbeitsprozess, der automatisiert werden soll, auf folgende Kriterien hin überprüft werden:

1. Ist der Prozess digital oder kann er vollständig digitalisiert werden?

2. Handelt es sich um einen zeitkritischen Prozess, der oftmals wiederholt wird?

3. Weist er bisher eine hohe Fehleranfälligkeit auf?

4. Besitzt er einen hohen Unternehmenswert?

5. Basiert er auf statischen Regeln?

6. Ist das Prozessvolumen, also die Anzahl der Ausführungen, groß?

Können diese Fragen mit ‘Ja’ beantwortet werden, ist RPA definitiv eine mögliche Antwort, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Zum einen durch schnellere und fehlerfreie Arbeitsabläufe und zum anderen durch motivietrere Mitarbeiter, die ihre frei gewordene Zeit in die Weiterentwicklung des Unternehmens investieren können.

Optimierung vor Implementierung

Nachdem Unternehmen evaluiert haben, welche Prozesse prinzipiell für eine Automatisierung in Frage kommen, geht es an die Umsetzung. Vor der Implementierung sollten die zu automatisierenden Prozesse jedoch mit den Fachexperten zusammen optimiert werden, um mögliche Ineffizienzen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Neben den auszuführenden Aktivitäten sollten auch die involvierten Prozessbeteiligten, IT-Systeme, Dokumententypen und Prozesszeiten detailliert analysiert und dokumentiert werden. Ist eine effizientere Gestaltung der Geschäftsprozesse möglich, sollte dies möglichst vor der Automatisierung passieren. Ebenfalls nicht zu unterschätzen, ist eine realistische Zielsetzung. Es empfiehlt sich, nicht gleich mit den geschäftskritischsten Prozessen zu starten und sich auf eine iterative Integration der Prozessautomatisierung in die Organisation konzentrieren. Eine agile Vorgehensweise kann mögliche Risiken und Prozessfehler vermeiden. Probleme werden so rechtzeitig erkannt und können vor den weiteren Arbeitsschritten behoben werden. Welches Tool am Ende das richtige ist, hängt von vielen Faktoren ab, wie Ziele und IT-Vorgaben des Unternehmens, Umfang und Komplexität der zu automatisierenden Geschäftsprozesse sowie Kosten, Lizenzmodelle, Support-Funktionen des Tool-Anbieters im Betrieb und Life Cycle Management der RPA-Software.

Wenn alle technischen Fragen geklärt sind, sollten Unternehmen daran denken ihre Mitarbeiter auf die veränderten Prozesse mit Schulungen vorzubereiten. Schließlich sorgen die Automatisierungen nicht dafür, dass auf Menschen verzichtet werden kann, sie ermöglichen den Kollegen allerdings sich auf komplexere Arbeiten zu konzentrieren und ihren Bot als Zulieferer und praktischen Helfer zu betrachten.

Azime Albayrak ist Digital Transformation Consultant bei der T-Systems Multimedia Solutions.

Enrico Jorgel arbeitet bei T-Systems MMS im Project Management und als Portfolio-Lead Automation.







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