Werkzeuge ‚aus einem Guss‘ herstellen

Neue Leistungsgrenzen für Hydrodehnspannfutter

Schon lange punkten Hydrodehnspannfutter mit ihrer Genauigkeit. Die Lötverbindung limitiert die Werkzeuge allerdings meist in Temperaturbeständigkeit und Drehmomentübertragung. Mapal ist es nun gelungen, Spannfutter additiv ‚aus einem Guss‘ zu fertigen. Die Grenzen der Hydrodehntechnologie sind somit ein gutes Stück verschoben und dürfte nun für deutlich mehr Anwendungen geeignet sein.



Bild: Mapal Dr. Kress KG

Die Anforderungen an Spannfutter sind vielfältig. Genauigkeit, Prozesssicherheit, Flexibilität und einfaches Handling stehen weit oben auf der Anforderungsliste. Hydrodehnspannfutter werden seit langem insbesondere dann eingesetzt, wenn es auf eine hohe Genauigkeit ankommt. Die beiden Hauptkomponenten eines Hydrodehnspannfutters, Grundkörper und Dehnbuchse, werden durch Löten miteinander verbunden. Die Festigkeit der Lötstelle ist deutlich niedriger als die des Grundkörpers und der Dehnbuchse und bildet damit eine mögliche Schwachstelle. Die Lötverbindung ist dafür verantwortlich, dass Hydrodehnspannfutter überwiegend nur bis zu einer Betriebstemperatur von 50 Grad Celcius empfohlen werden.

Und das in Zeiten, wo in vielen metallverarbeitenden Betrieben daran gearbeitet wird, durch einen effizienteren Einsatz von Energie und Material vorhandene Einsparpotenziale in der spanenden Fertigung zu erschließen. So liegen beispielsweise Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, Volumenzerspanung und Minimalmengenschmierung bis hin zur Trockenbearbeitung im Trend. All diese Technologien können zu Betriebstemperaturen führen, die deutlich über dem Grenzwert von Hydrodehnspannfuttern liegen.

Lötverbindungen platzen bei zu hohem Druck

Bei höheren Temperaturen steigt der Druck im Futter, da das Öl im Inneren des Hydrodehnspannfutters einen über 50-fachen Ausdehnungskoeffizienten im Vergleich zum Stahl des Grundkörpers hat. Daraus folgt eine höhere Haltekraft, zunehmende Temperatur kann aber auch zum Versagen des Futters führen, wenn durch den hohen Druck die Lötverbindung zerstört wird. Umgangssprachlich wird dann von einem ‚Platzen‘ des Futters gesprochen. Jegliche Haltekraft geht dabei verloren. Das Problem der Lötverbindung und die damit verbundenen Limitierungen waren für Mapal der Ausgangspunkt, um an Verbesserungen zu arbeiten.

Mit der Entwicklung des Hightorque Chucks im Jahr 2009 konnten die Werte der limitierenden Faktoren wie der Temperatur bereits deutlich verbessert werden. Einen weiteren Fortschritt brachte die additive Fertigung, die der Werkzeughersteller seit 2013 nutzt. Zum Einsatz kommt das Verfahren Selective Laser Melting (SLM), ein pulverbett-basierter Prozess. Loses Metallpulver wird mit einem Laserstrahl Schicht für Schicht an den Stellen aufgeschmolzen, an denen Material sein soll. Das Bauteil entsteht von unten nach oben. Die Flächen, die geschmolzen werden, sind in Quadrate ähnlich einem Schachbrettmuster unterteilt. Diese werden nicht aufeinanderfolgend, sondern statistisch verteilt aufgeschmolzen. Dadurch wird eine Verteilung des Wärmeeintrags erreicht. Der Hersteller benutzt für die additive Fertigung im Haus hauptsächlich ein Warmarbeitsstahl in Pulverform mit einer Korngröße von zehn bis 45 Mikrometern.

Dieser Werkstoff bietet zahlreiche Vorteile: er ist schweiß- und lötbar, relativ verzugsarm und er ist sehr gut geeignet zum hybriden Bauen. Letzteres machte sich der Werkzeughersteller für sein erstes additiv gefertigtes Spannfutter zunutze: die HTC-Technologie mit schlanker Kontur und einer Verjüngung von drei Grad.



Das HTC mit schlanker Kontur ist das erste additiv gefertigte Spannfutter von MAPAL.
Bild: Mapal Dr. Kress KG

Technologischer Sprung

Bei der Herstellung der neuen Spannfutter wird auf einen konventionell gefertigten Grundkörper per SLM der Funktionsbereich aufgebracht. Das Produkt wird bereits in Serie gefertigt und ist bei Anwendern im Einsatz. Sein Alleinstellungsmerkmal ist, dass die Vorteile der Hydrodehntechnologie wie das Handling, die HTC-Technologie, Temperaturbeständigkeit und hohe Drehmomentübertragung nun auch im störkonturkritischen Bereich eingesetzt werden können. Das Fertigungsverfahren macht es möglich, den Spannbereich sehr nah an der Futterspitze zu platzieren, was mit konventioneller Fertigung nicht möglich gewesen wäre. Zudem wird beim neuen Futter durch die additive Fertigung ganz auf die Lötverbindung verzichtet. Ein klarer Fortschritt bei der Prozesssicherheit und eine weitere Verschiebung der Grenzen in der Hydrodehntechnologie.

Konstruktive Freiheit für neue Möglichkeiten

Die additive Fertigung kommt bei dem Werkzeughersteller dort zum Einsatz, wo fertigungsbedingte Einschränkungen Innovationen hemmen. Die etwas höheren Kosten bei der additiven Fertigung im Vergleich zur konventionellen werden sich relativieren. Schon heute überwiegen die Vorteile der additiven Fertigung klar die Einschränkungen. Vor allem fertigungs- und konstruktionsbedingte Freiheiten, die Möglichkeit der hybriden Fertigung sowie das niedrige Gewicht der per SLM gefertigten Bauteile sprechen für die Technologie. Eine weitere Möglichkeit der additiven Verfahren ist das ‚Eindrucken‘ eines Hydrodehnspannfutters in Sonderkombinationswerkzeuge.

So können die positiven Eigenschaften der Hydrodehn-Technologie wie Dämpfung, Handling und Temperaturbeständigkeit auch in einem Kombinationswerkzeug als Schnittstelle genutzt werden. An neuen Möglichkeiten forscht das Unternehmen intensiv, um so die Grenzen des technisch machbaren weiter zu verschieben.