Integrationsanforderungen geschickt ausbalancieren

Um die Ausprägung der Systemkonsolidierung zu bestimmen ist es erforderlich zu entscheiden, in welchen Bereichen und auf welchen Ebenen die Integration von Information benötigt wird. So ergeben sich zum Beispiel große Nutzenpotentiale bei einer Vereinheitlichung von Artikelstammdaten, die sich sowohl in der Logistik als auch bezüglich Themen wie Variantenmanagement, Konfiguration und Servicefähigkeit des Produktportfolios positiv auswirken.

Andererseits können Führungsdaten, welche ohnehin für die Entscheider verdichtet werden, durchaus mit Business Intelligence-Werkzeugen (BI) oder Integrationsplattformen konsolidiert werden. So entsteht ein unternehmensindividueller Spielraum für Standardisierung und Diversifizierung in internationalen Märkten, der auch gewisse Freiheitgrade in der Grenzziehung zwischen Autonomie und Regie offen lässt. Als wichtiges Werkzeug hat sich hierbei die ‚Enterprise Application Integration‘ (EAI) erwiesen.

Kosten und Nutzen langfristig bewerten

Entscheidend wird bei der Strategiefindung und -ausprägung immer die Nutzenbetrachtung gegenüber einer Gesamtkostenbetrachtung oder ‚Total Cost of Ownership‘ (TCO) sein, die vernünftiger Weise auch mit einem mehrjährigen Zeithorizont betrachtetet werden muss. Dabei sollten als zweite Dimension auch ‚weiche‘ Faktoren einfließen, die innerhalb des Spannungsfeldes ‚Agilität gegenüber Integrität‘ diskutiert werden.

Hier kann es sich neben vielen anderen Vorteilen in der Praxis zum Beisiel als sehr nützlich erweisen, Keyuser des ERP Systems flexibel innerhalb einer Unternehmensgruppe einsetzen zu können. Auf der anderen Seite wird die Entscheider-Ebene gerade entlang der Schnittstellen von Verantwortungsbereichen immer wieder die Diskussion zu führen haben, ob als eine international einheitliches System eine ‚zweitbeste‘ Lösung zum Einsatz kommt, oder ein von der Fachabteilung oder lokalen Nierderlassung bevorzugte ‚Best of Breed‘-System.

Sicherheit im Hinblick auf Datenintegrität und Compliance

Vor dem Hintergrund international divergierender Complianceanforderungen ist die Schaffung eines internationalen Sicherheitskonzeptes aber in jedem Fall Pflicht. Dies umfasst neben dem technischen Schutz der Unternehmensnetze auch Fragen hinsichtlich einer einer globalen Nutzerverwaltung, globale Berechtigungskonzepte für interne und externe Nutzer sowie Konzepte zur Nutzung mobiler Endgeräte.

Projektkomplexität beherrschen, nicht unterschätzen

Insgesamt zeigt sich, dass ERP Konsolidierung und -Internationalisierung ein Thema von überaus hoher Komplexität ist, welches an dieser Stelle nur ansatzweise behandelt werden kann. Insbesondere ist zu beachten, dass es dabei keinen einheitlichen Königsweg gibt. Denn die Entscheidungen und die Umsetzung müssen immer in hohem Maße auf die Unternehmensanforderungen zugeschnitten sein, um einen guten Nutzen zu erzielen. In der Praxis erweist sich außerdem, dass auch Templates, die international ausgerollt werden sollen, sehr individuell entwickelt werden müssen. Dabei ist sicherlich abzuwägen, dass der Anwender nicht einen relativ geringen Anteil an Systemnutzung zu vollen Lizenzkosten erwirbt. Hilfreich bei der Beherrschung der Komplexität sind Arbeitsmittel wie Prozesslandkarten sowie eine ordentlichen Prozessdokumentation und gut geregelte Prozesskommunikation.

Hierarchieübergreifende Akzeptanz etablieren

Nicht nur bezüglich des internationalen Roll-out von ERP-Projekten stellt sich die Frage von Akzeptanz und Change Management. Während im Topmanagement in der Regel streng nach einer ‚Kosten zu Nutzen‘-Abwägung entschieden wird, treten im mittleren Management häufig erste Hemmnisse für die Durchsetzung einer Konsolidierungsstrategie auf. Dort fehlen zwar häufig eigene operativen Erfahrungen mit der Nutzung der eingesetzten Unternehmenssoftware-Lösungen. Andererseits sind die Führungskräfte auf dieser Ebene die Ansprechpartner für ihre Mitarbeiter, welche die Software bedienen müssen. Sie sind weiterhin auf die gute Performance ihrer Teams angewiesen und geben oft die Kritik oder die Abwehr einer veränderten Systemnutzung an die IT-Verantwortlichen weiter.

Darüber hinaus wird ihnen im Sinne der Konsolidierung und Integration abverlangt, ihr im Laufe der Jahre aufgestelltes Organisationsumfeld aufzugeben oder drastisch zu verändern, was selten auf große Begeisterung stößt. Für die Anwender schließlich geht es ihrer Interessenlage folgend vor allem um Themen wie Ergonomie, Usability, Performance und eine kritische Betrachtung des persönlichen Aufwandes gegenüber dem Nutzen bei der Bedienung einer neuen ERP-Lösung. Dabei zeigt sich, dass es vor allem die weichen Faktoren sind, die über Erfolg oder Misserfolg von Integraionsprojekten entscheiden. Hier sind als Lösungsansätze vor allem Kommunikation und Qualifikation in den betroffenen Funktionsbereichen zu entwickeln.