Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Beitrag drucken

Systemeinführung in der Werkhalle

Operieren am offenen Herzen

Für Industriebetriebe stellt die Einführung eines Manufacturing Execution-Systems eine unternehmenskritische Aufgabe dar. Die zentrale Frage dabei ist, wie das Projekt möglichst problemlos zum Erfolg geführt werden kann. Schließlich ist es nicht ungewöhnlich, dass IT-Großbaustellen trotz sorgfältiger Planung ins Stocken geraten oder sogar scheitern. Die Antworten vieler Beratungshäuser rund um Best-Practice, Projektkomplexität, Management-Engagement und Prozessorientierung geben eine Orientierung. Doch die Ausführungen dringen häufig nicht zu relevanten Details vor.

Die erfolgreiche Implementierungsstrategie eines MES nach dem Bottom-Up-Prinzip unterscheidet sich deutlich von den Einführungsweisen moderner Enterprise Resource Planning-Systeme (Top Down). Bild: Guardus Solutions AG

Viele Projektverantwortliche beschreiben die Einführung eines Manufacturing Execution Systems (MES) buchstäblich als ‚dickes Ding‘. Denn im Gegensatz zu Systemen auf der betriebswirtschaftlichen Ebene kommt die Einführung einer MES einer Operation am offenen Herzen gleich: Die Software verbindet alle Aspekte der Wertschöpfungskette zu einem komplexen Geflecht aus Mensch, Maschine, Material, Produkt und Prozess. Die Informationsflüsse eines solchen Systems beliefern nahezu jede Abteilung mit unternehmensrelevanten Daten in Echtzeit – und wenn die Software nicht läuft, steht die Produktion still. Daher sollte bereits bei der Suche nach dem Software-Anbieter mit Akribie vorgegangen und einiges beachtet werden.

Zur Bedeutung von Funktionen

Der MES-Markt ist diffus. Trotz der klaren Leistungsbeschreibung nach ISO/DIS22400-2 und den VDMA Einheitsblättern 66412 Teil 1 bis 4 weichen die Lösungsangebote der vielen Anbieter stark voneinander ab und sind nur schwer miteinander zu vergleichen. So greifen Software-Suchende im ersten Schritt meist zum klassischen Anforderungskatalog. In diesem Lastenheft wird funktional abgefragt, was eine Standard-Software im Shopfloor bestenfalls zu leisten hat. Nahezu jeder Hersteller kann in diesem theoretischen Vergleich glänzen, da das Bestätigen generischer Funktionen keinen Nachweis von weiterführenden Kompetenzen verlangt. Zudem wird eine schlüsselfertige Funktion in den seltensten Fällen genauso benötigt, wie ein Programmierer sie ursprünglich angelegt hat. Es fallen in der Regel Feinarbeiten an spezifischen Merkmalen an, die durch das jeweilige Produktionsverfahren entstehen und den Anforderungen der Branche geschuldet sind. Somit ist ein zusätzlicher Fokus auf das direkte Marktumfeld des MES-Suchenden für den Erfolg seines Projekts ebenso entscheidend, wie das funktionale Spektrum des IT-Systems. Branchenkompetenz stellt in vielen Fällen das Zünglein an der Waage dar.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Beim Blick auf die funktionale Leistungsfähigkeit sollten sich Unternehmen darüber hinaus nicht zu stark auf das Initialprojekt konzentrieren. Auch bei IT-Projekten gilt die bekannte Devise: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Um den richtigen Projektpartner beziehungsweise das passende Software-Produkt zu finden, spielt das Verhalten bei und nach dem Go-Live eine entscheidende Rolle – etwa beim Änderungsmanagement von Funktionen, dem Aufwand bei Release-Wechseln sowie der Update-Strategie hinsichtlich kunden- oder prozessspezifischer Systemanpassungen. Nur wenn sich Anbieter und System elastisch gegenüber Markt- und Prozessmutationen verhalten, sind Unternehmen in der Lage, adäquat und effizient zu agieren – sei es im Zuge neuer Produkte und Produktionstechniken, veränderter Kundenanforderungen oder der Verlegung von Firmenstandorten.

Die integrierte Datenbasis

Ein weiterer Meilenstein auf der System-Suche ist der technologische Aspekt. Da es sich bei einem MES in der Regel um unternehmenskritische Software handelt, legt die IT-Abteilung besonders großen Wert darauf, dass sich die neue Anwendung nahtlos in die bestehende Infrastruktur einfügt. In den Top Ten der IT-Argumente finden sich unter anderem die Faktoren ‚Plattformunabhängigkeit‘, ‚ausgefeilte Schnittstellentechnologie‘ und ‚effiziente Administrierbarkeit‘, um Zeit- und Kostenaufwand der hauseigenen Technikspezialisten zu minimieren und die Homogenität der EDV-Landschaft sicherzustellen. Diese Überlegungen sind richtig und wichtig und lassen sich durch einen weiteren Gedanken ergänzen: homogene Datenbasis statt unzusammenhängende Funktionstöpfe. Warum eine integrierte Datenbasis die zentrale Voraussetzung für ein effizientes MES darstellt, erklärt sich anhand der aktuellen Kennzahlendefinition nach ISO/DIS22400-2.

Die international gültige Leitlinie für die Definition, Beschreibung und Interpretation von MES-Kennzahlen beinhaltet nicht nur 34 Key Performance Indicators (KPI) aus den Bereichen Produktion, Qualität, Instandhaltung und Lager/Logistik. Hinzu kommt ein relationales Wirkmodell, das über eine Kennzahlenmatrix und Beziehungsdiagramme zum einen aufzeigt, wie die Abhängigkeiten zwischen den KPI und ihren Faktoren untereinander wirken. Zum anderen beschreibt das Wirkmodell, welche Konsequenzen eine einzelne, veränderte Einflussgröße auf verschiedene Kennzahlen hat, die vielleicht auf den ersten Blick nur wenige Zusammenhänge aufweisen. Unternehmen haben somit ein sehr machtvolles Analysewerkzeug zur Hand, um die Ursachen eines veränderten Indikators zu identifizieren. Einzige Voraussetzung dafür ist eine integrierte Datenbasis über alle qualitäts- und produktionsrelevanten Produkt- und Prozessdaten. Dies umschließt die Bereiche Computer Aided Quality (CAQ), Maschinendatenerfassung (MDE), Betriebsdatenerfassung (BDE) und Rückverfolgbarkeit (Traceability).


Das könnte Sie auch interessieren:

Die Industrial Digital Twin Association hat mit PTC ein neues Mitglied. Gestartet mit 23 Organisationen, umfasst die Initiative nun 94 Mitglieder.‣ weiterlesen

Industrielle Montagelinien sind vielfältig: Einige arbeiten mit häufig wechselnden Produktaufbauten, während sich andere durch komplexe Prozesse und hohen Abstimmungsbedarf zwischen Werker und weiteren Experten auszeichnen. Das Fraunhofer IGD will Anwender mit einer Kombination aus Augmented Reality (AR) und künstlicher Intelligenz (KI) unterstützen.‣ weiterlesen

Rund 1 Million Industrieroboter werden allein im Automotive-Bereich eingesetzt. Laut der International Federation of Robotics ein Rekordwert. Das größte Wachstum beobachtet der Robotik-Verband derzeit in China.‣ weiterlesen

Firewalls gehören in Unternehmen zu den wichtigsten Sicherheitskomponenten, um das Netzwerk vor Angriffen zu schützen. Mehr noch, im integrierten und vernetzen Zusammenspiel mit weiteren Security-Lösungen, beispielsweise für die Endpoint-, Mobile- oder Cloud-Security und mit den immer wichtigeren Security-Services durch menschliche Experten, fügt sich die Firewall in ein ganzheitliches Security-Ökosystem ein, das alle IT-Bereiche im Unternehmen bestmöglich vor Angriffen und vor Schäden bewahren kann.‣ weiterlesen

Die Anforderungen an die Cybersecurity von überwachungsbedürften Anlagen werden deutlich konkretisiert. Betreiber müssen mögliche Gefährdungen ihrer Anlagen durch Cyberangriffe ermitteln und wirksame Gegenmaßnahmen entwickeln. Die zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) werden zukünftig überprüfen, ob Cyberbedrohungen im Zusammenhang mit dem sicheren Betrieb der Anlagen ausreichend behandelt wurden.‣ weiterlesen

Mit dem Start der Anmeldung öffnet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die digitalen Pforten für den 19. Deutschen IT-Sicherheitskongress. Am 10. und 11. Mai 2023 findet der Kongress unter dem Motto 'Digital sicher in eine nachhaltige Zukunft' digital statt.‣ weiterlesen

Die längst verstaubt geglaubte Masche des 'Ich lasse mal einen USB-Stick mit Schadsoftware auf Parkplätzen zum Mitnehmen herumliegen' wurde doch tatsächlich noch einmal aus der Cybercrime-Kiste geholt.‣ weiterlesen

Sonicwall hat den Sonicwall Cyber Threat Report 2023 veröffentlicht. Dieser zweimal jährlich erscheinende Bericht gibt Einblicke in eine zunehmend diversifizierte Cyberbedrohungslandschaft und die sich verändernden Strategien der Bedrohungsakteure.‣ weiterlesen

Smart Factories bieten eine breite Angriffsfläche für Cyberattacken. Deshalb sichert die Freie Universität Bozen ihre 'Smart Mini Factory', eine Lernfabrik für Industrie-4.0-Technologien, mit der Endian Secure Digital Platform. Neben umfassender IT-Sicherheit ermöglicht die Plattform die Nutzung von Edge Computing und das Management von Rollen und Rechten.‣ weiterlesen