Im Bild: Autor Dr.-Ing Robert Patzke, Geschรคftsfรผhrer der MFP GmbH.

Auch Maschinen zwitschern

รœbertragen wir diese Methoden auf die ‚intelligenten‘ Gerรคte in der Produktion, so wird zunรคchst jedes Gerรคt, das am Produktionsprozess beteiligt ist, zu einem Zwitschernden (Twitterer), der den Zustand des Gerรคtes selbst und den des vom Gerรคt gesteuerten Teilprozesses ins Netzwerk stellt. Alle anderen Gerรคte sind Zuhรถrer (Follower) und bekommen diese Informationen zur gleichen Zeit. Sie kรถnnen nun angemessen auf diese Information reagieren. Da jedes Gerรคt bei Bedarf die Zustรคnde aller anderen Gerรคte auswerten kann, entsteht ein Maximum an Mรถglichkeiten zur Optimierung des eigenen Teilprozesses unter Berรผcksichtigung des Gesamtprozesses.

Nachteile vom Original vermeiden

Obwohl der Eindruck entstehen kann, dass bei Twitter die Follower sofort mit den Nachrichten des Twitterers versorgt werden, ist tatsรคchlich ein zentraler Server im Einsatz, bei dem sich die Teilnehmer anmelden mรผssen, um kommunizieren zu kรถnnen. Der Datenaustausch erfolgt nicht direkt zwischen den Teilnehmern. Fรคllt der Server aus, geht gar nichts mehr. Fรผr die Produktionsumgebung bietet sich an, die Kommunikation ohne extra Server nach dem Rundrufprinzip (Broadcast) ablaufen zu lassen. Die รผblichen Netzwerke (Ethernet, WLAN) bieten dafรผr das UDP-Protokoll und damit entspricht auch der physikalische Datenaustausch dem gewรผnschten ‚Twitter-Szenario‘. So ergeben sich ein groรŸer Wirkungsgrad und eine hohe Geschwindigkeit. Diese Methoden sind in der Feldbustechnik unter dem Begriff Producer/Consumer-Modell lange bekannt und haben รผber den CAN-Bus eine weite Verbreitung in Kraftfahrzeugen gefunden. Ein weiteres Problem ergibt sich im Twitter-Umfeld aus der Nutzung des รถffentlichen Internet als solches. Wenn es auch unwahrscheinlich ist, dass Mitbewerber durch Belauschen der Kommunikation einer Produktion Vorteile gewinnen, so ist doch die Mรถglichkeit eines aktiven Angriffs auf die Gerรคte mit Blockierung der Kommunikation nicht auszuschlieรŸen.

Die heute in den Firmen weitgehend verwendeten Intranet-Strukturen kรถnnen hier einen guten Schutz bieten. Der Weg nach drauรŸen erfolgt รผber einen Router, und der sollte nur bei Bedarf eine Verbindung zum Internet herstellen, die darรผber ablaufende Kommunikation รผberwachen und Schรคdliches unterdrรผcken. Die vorgestellte Kommunikation auf Basis von Rundrufen wurde mit hervorragenden Ergebnissen in den Forschungsprojekten Celeritas und Agilita bei der Entwicklung eines agentenbasierten MES eingesetzt. Die Ansprรผche dezentraler Regelkreise an die Kommunikation sind damit auf einfache Weise zu erfรผllen. Neue Methoden aus Industrie 4.0 kรถnnen ihre volle Leistungsfรคhigkeit ausspielen. Besonders zu betonen ist die nahezu beliebige Skalierbarkeit des Systems bei sehr geringer Netzwerklast. Wรผnschenswert wรคre eine Standardisierung der Inhalte von Rundrufmeldungen. Da die Kommunikation selbst sehr einfach ist und die benรถtigten Ressourcen von den bekannten Netzwerken zur Verfรผgung gestellt werden, reicht zunรคchst die Dokumentation der Meldungen. Hierfรผr kann das gerade als Entwurf verรถffentlichte VDMA-Einheitsblatt 66412-10 ‚MES – Daten fรผr Fertigungskennzahlen‘ herangezogen werden.