Rückenwind für die Konstruktion

Beim Wechsel vom zweidimensionalen Engineering hin zu einer 3D-Lösung setzte die DLK Ventilatoren GmbH in Berlichingen auf einen ‚Dreisprung‘: Um eine möglichst umfassende Prozessunterstützung für mehrere Unternehmensbereiche gewährleisten zu können, führte der Betrieb nahezu gleichzeitig Enterprise Resource Planning-, Produktdatenmanagement- und 3D-CAD-System ein.

Bild: Thomas Löffler, M.A.T.C.H.-Vertriebsmarketing

Kurz nach dem Abschluss eines umfangreichen IT-Projekts, bei dem sowohl Geschäfts- als auch Konstruktionssysteme auf eine neue technische Basis gestellt wurden, empfängt Konstruktionsleiter Joachim Höflein den Besucher überraschend entspannt. „Wir haben nicht nur in der Konstruktion neue Wege beschritten, die gesamte Firma hat sich neu aufgestellt“, erläutert Höflein. Bis vor Kurzem wurden die 1906 gegründete Pollrich Ventilatoren GmbH mit Sitz in Mönchengladbach und die DLK Ventilatoren GmbH in Berlichingen getrennt geführt. Mitte 2008 kaufte dann die Top Air AG aus Villingen-Schwenningen beide Unternehmen. Nun treten beide gemeinsam unter der gemeinsamen Marke Pollrich DLK Fan Factories auf. Damit ist das Unternehmen der nach eigenen Angaben weltweit einzige Hersteller aller fünf Produktsegmente von Industrieventilatoren.

Pollrich fertigt ausschließlich schwere Radialventilatoren mit bis zu vier Metern Durchmessern. Bei DLK in Berlichingen werden seit 1974 Axialventilatoren hergestellt, zu denen sich im Laufe der Zeit kompakte Industrie-Radialventilatoren, Einbau- und Entrauchungsventilatoren gesellt haben. Insbesondere die Entrauchungsventilatoren sind eine Spezialität des Hauses: Sie werden in Tunneln, Tiefgaragen und auf Dächern von großen Gebäuden eingesetzt – und sind selbst bei 600 Grad Celsius noch zwei Stunden voll funktionsfähig.

Datensystem für das 3D-Engineering

„Der Grundaufbau der Ventilatoren mit Gehäuse, Motor und Laufrad ist immer gleich. Was wir natürlich haben, ist eine Vielzahl an Varianten“ erklärt Höflein. „Diese Bandbreite will kontrolliert sein, ansonsten kommt es in der Konstruktion zu doppelter Arbeit.“ In der Zeit vor dem Zusammenschluss wurde in der Konstruktion nur in zwei Dimensionen gearbeitet. Die Datenverwaltung erfolgte mit einem vom Hersteller mitgelieferten Bord-Werkzeug. Bei Pollrich war lediglich ein 3D-Arbeitsplatz vorhanden. Zukünftig wollte DLK aber verstärkt die Vorteile von 3D nutzen. „Für mich war klar, dass kein 3D-CAD-System eingeführt wird, ohne ein entsprechendes Produktdatenmanagement-System. Die Effektivitätssteigerung durch 3D mit Modellaufbau und Historie, sowie die vielfältige Verwendungsmöglichkeit von 3D-Daten kommen nur zum Tragen, wenn ein entsprechend leistungsfähiges PDM vorhanden ist.“

Das volle Effizienzpotenzial erschließt sich nach Aussagen des Produktionsleiters allerdings erst, wenn die Anbindung an das Enterprise Resource Planning-System (ERP) gelingt, damit technische und kommerzielle EDV Hand in Hand arbeiten können. Diese Prämisse stand im Vordergrund, als es um die 3D-Entscheidung ging. Nachdem Pollrich bereits gute Erfahrungen mit Solidworks gemacht hatte, fiel die Wahl relativ schnell auf die dreidimensionale Konstruktionssoftware. Parallel wurde auf kaufmännischer Seite Syslog als ERP-System eingeführt.

Synergien zwischen den IT-Welten nutzen

Jetzt kam alles auf das richtige Zusammenspiel von Konstruktions- und ERP-Daten an. Höflein beschäftigte sich intensiv mit dem Markt und ließ sich auch auf Referenzbesuche bei anderen Anwendern ein: „Das Schwesterunternehmen Pollrich hatte bereits ein PDM-System zur Verwaltung von 2D-ME10- und 3D-Solidworks-Daten. Ich wollte hier aber noch mehr Lösungen im Einsatz sehen“. Innerhalb der Holding setzte Helios Ventilatoren die gleiche CAD-Konstellation wie DLK ein. Als Lösung für das Produktdatenmanagement kommt Phoenix/PDM von Orcon aus Filderstadt zum Einsatz. „Die Erfahrungen der Kollegen waren durchweg positiv. Auch ich war von der intuitiven Bedienoberfläche gleich angetan und ließ bei uns im Haus einen Benchmark anberaumen“, erläutert der Konstruktionsleiter.

Innerhalb weniger Tagen produktiv

Zum neuen ERP-System musste zwar von dem PDM-Anbieter eigens eine Schnittstelle geschaffen werden, dennoch konnte die Einführung kurzfristig erfolgen. „Innerhalb von drei Tagen waren unsere Leute geschult und konnten produktiv arbeiten. Orcon hat jeweils einen Tag das Zusammenspiel zwischen Phoenix/PDM und Solidworks sowie ME10 geschult, dann wurden wir noch einen Tag begleitet, danach konnten wir loslegen“, erläutert Höflein Zuvor war zwischen der Konstruktionsleitung und dem Systemanbieter eine Analyse der bisherigen Arbeitsabläufe erstellt und das Aussehen der Datenbank mit den entsprechenden Funktionen festgelegt worden. „Wir konnten aus einem Katalog die gewünschten Funktionen auswählen, ähnlich wie bei der Bemusterung eines Fertighauses. Nach zwei bis drei Terminen war unsere PDM-Datenbank fertig.“ Die Installation des Systems zeigte sich ähnlich unproblematisch, obwohl die bisherige Struktur aus dem 2D-Programm nur schlecht gepflegt war und keine Historie zuließ. Die so aufbereiteten Daten erhielten eine eigene Klasse. Greift ein Konstrukteur nun auf diese Daten zu, darf er diese komplett auslesen, aber nicht mehr in diese Klasse zurückspeichern. Somit war die gewünschte Historie hergestellt und es konnte eine Verbindung zum ERP geschaffen werden.

Produktdatenmanagement steuert Arbeitsabläufe

Als nachträgliche Anpassung in diesem Mechanismus wurde eine Funktion erstellt, um Zeichnungen bei der Überführung in die neue Klasse in der alten Klasse für weitere Zugriffe zu sperren und doppeltes Auslesen zu vermeiden. Die Grundlage für das neue System war nun gelegt, auf die 2D-Altzeichnungen konnte problemlos zurückgegriffen werden, während neue Konstruktionen in 3D erstellt wurden. Joachim Höflein zeigt sich zufrieden, seinen Aussagen zufolge bringt insbesondere das reibungslose Zusammenspiel von alten und neuen Daten Vorteile: „Nachträgliche Anpassungen waren schnell erledigt. Darüber waren wir sehr froh, letztendlich kann man ein System erst beurteilen, wenn es im Praxiseinsatz ist. Wir konnten bisher keinerlei Schwierigkeiten feststellen, selbst die Zeichnungsnummer bleibt erhalten, wenn eine 2D-Zeichnung in 3D umgewandelt wird.“

Das PDM-System regelt nun den gesamten Arbeitsablauf in der Konstruktion: Sobald ein Auftrag angenommen wird, erhält der Konstrukteur eine Auftragsmappe. In der Enterprise Resource Planning-Lösung sucht er nach einer Stückliste, die dem neuen Auftrag am nächsten kommt und modifiziert diese. In Produktdatenmanagement kann nach ähnlichen Zeichnungen gesucht werden; die zugehörige Maske wurde speziell an die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst worden. „Wir haben verschiedene Klassen, die sich bereits optisch unterscheiden. In der jeweiligen Klasse können wir dann nach allem suchen, was die Klasse an Kriterien bietet. So lassen sich Dateien nach Namen des Erstellers, Datum oder Bezeichnung suchen. Finden sich zum Beispiel zehn Zeichnungen, die ich erstellt habe, kann ich diese mit einer Vorschaufunktion durchblättern. Damit kann ich sofort erkennen, ob es sich um eine ME10- oder Solidworks-Zeichnung handelt.“

Unterstützung für schnelle Entscheidungsprozesse

Die schnelle und einfache Sichtung vorhandener Zeichnungen und Projekte ist wesentlich für Höflein, denn alle neuen Aufträge landen zunächst bei ihm. „Bestimmte Projekte kann ich nur bestimmten Konstrukteuren anbieten. Hat jemand bisher nur mit ME10 gearbeitet, kann ich diesem nicht ein 3D-Solidworks Projekt geben. In der Regel wissen aber die Mitarbeiter selbst sehr gut, wo ihre Stärken liegen. Deshalb stelle ich Listen zusammen mit einer kurzen Auftragsbeschreibung, aus denen sich dann die Konstrukteure die Aufträge selbst ziehen. Mit dem PDM-System behalte ich die Übersicht bei Änderungen, kann Freigaben erteilen und Konstruktionen prüfen“.

Neutralformate automatisch generiert

Die Verzahnung des PDM-Systems mit der betriebswirtschaftlichen Software des Unternehmens geht über die Konstruktionsabteilung hinaus: Schon bei Projektbeginn kann der Vertrieb auf Konstruktionszeichnungen zugreifen. Möglich ist das durch den Remote-Convert-Server (RCS) des Software-Anbieters. Dieser wandelt automatisch CAD-Zeichnungen in Neutralformate wie PDF oder DXF. Zu jedem Artikel, der im ERP hinterlegt ist, erzeugt das Produktdatenmanagment im Hintergrund ein PDF-File. Auch die Fertigung nutzt diese Funktion und greift über das ERP auf die mittels der PDM-Lösung generierten Modelldaten zu.

Weniger Programmieraufwand für die Fertigung

Künftig möchte Joachim Höflein mit dem nuen System noch einen Schritt weiter gehen: „Wir verfügen über eine hohe Fertigungstiefe mit vielen Blechteilen, die wir auf Trumpf-Maschinen bearbeiten. Derzeit wird von jedem Blechteil, das gefertigt werden soll, ein DXF-File der Blechabwicklung mittels Phoenix/RCS in eine eigene NC-Klasse geschoben. Der Programmierer an der Maschine holt sich diese Files, wandelt es um in das Trumpf- Tops-Geo-Format und speichert es wieder zurück in die NC-Klasse. Beim nächsten Mal, wenn dieses Teil zur Fertigung ansteht, hat er die Daten dann im gewünschten Geo-Format und kann sofort den Bearbeitungsvorgang starten. Der Aufwand der Neuprogrammierung entfällt. Zukünftig möchten wir dies mit Hilfe des Systems noch weiter vereinfachen, indem gleich im ersten Schritt ein Trumpf-Tops-Geo-Format erzeugt wird. Wir haben dies bereits bei Trumpf und Orcon angestoßen und sind sicher, dass wir wieder einmal unsere Abläufe mit Phoenix/PDM optimieren können“