Projektmanagement bei DSD Noell

Komplexe Projekte mit Fremdfertigung

Die Stahlwasserbauspezialisten bei DSD Noell nutzen AMS.ERP, um bei ihren Projekten stets den Überblick über Kosten, Materialverfügbarkeiten und Fertigungsstände zu behalten. Zudem steuert das auf Projektmanagement zugeschnittene System sowohl die externe Fertigung als auch die Logistik für die nationalen und internationalen Großprojekte.

Wehrsegment an einem der drei großen Nilwehre (Naga Hammadi) in Ägypten (Bild: DSD Noell)
Wehrsegment an einem der drei großen Nilwehre (Naga Hammadi) in Ägypten (Bild: DSD Noell)

Die ausführungsreife Planung, Konstruktion und Inbetriebnahme von Stahlwasserbauausrüstungen für Schleusen, Wehranlagen, Staudämme, Wasserkraftanlagen, Schiffshebewerke, bewegliche Brücken und Fähranleger sind das Metier von DSD Noell. Zum Produktportfolio gehören neben den Wehrelementen, Stahlbautoren und Verschlüssen selbst auch die dazugehörigen Antriebs- und Steuerungseinheiten. Das Ursprungsunternehmen war vor rund 200 Jahren in Würzburg gegründet worden und agierte als Noell GmbH lange eigenständig, bevor es infolge von Übernahmen, Ausgliederungen und Teilverkäufen in der Zeit um die Jahrtausendwende aufgesplittet wurde. Die 50 Mitarbeiter starke Stahlwasserbausparte, die immer noch in der mainfränkischen Universitätsstadt ansässig ist, gehört nach wechselnden Firmenzugehörigkeiten und Besitzverhältnissen seit 2004 zur heutigen DSD Steel Group GmbH aus Saarlouis.

Planvolle Systemauswahl

Mit der Herauslösung aus dem Konzernverbund ging einher, dass die dort eingesetzte ERP-Lösung nicht mehr zur Verfügung stand. War diese Software aufgrund ihrer kaufmännischen Ausprägung für die Steuerung nationaler und internationaler Großprojekte im Stahlwasserbau schon nur sehr eingeschränkt einsetzbar, waren es die danach genutzten Insellösungen auf Excel-Basis noch viel weniger. Deshalb initiierten die Verantwortlichen mit dem Beratungshaus Trovarit ein Auswahlverfahren, um ein passendes integriertes ERP-System zu finden. Es sollte den jeweils aktuellen Stand der Auftragsabwicklung transparent und nachvollziehbar abbilden, inklusive Kostenentwicklungen, Dokumentationen, Materialverfügbarkeiten und Fertigungsständen. Für den ERP-Projektleiter Reinhold Seubert, der bereits seit 1983 im Unternehmen tätig ist und dessen Organisationsstrukturen daher bestens kennt, stand außer Frage, dass das System technisch ausgerichtet sein sollte. Eine logistische Besonderheit war zudem, dass DSD Noell sämtliche Teile fremdfertigen lässt. Die Entscheidung fiel auf das ERP-System AMS.ERP, das auf die Anforderungen der Produktion in Losgröße 1+ zugeschnitten ist und die Key User hinsichtlich Funktionalität, Prozessabdeckung und Oberflächen-Design überzeugte.

Was ist Durchgängigkeit?

Projektleiter Seubert, ein gelernter Maschinenbautechniker, beschreibt anhand eines Beispiels, was unter Prozessdurchgängigkeit zuverstehen ist: Anders als zuvor, als die Stücklisten manuell in Excel abgeschrieben und zur Generierung der Bestellungen auf Papier an den Einkauf übergeben wurden, sollten die Stücklisten- und Zeichnungsinformationen zu den Bauteilen nun geordnet und digital in ein System gebracht werden. Die Software sollte auf Basis dieser Daten Auskunft erteilen, welches Material bereits bestellt ist, welches noch bestellt werden muss und was bereits geliefert ist. Gerade vor dem Hintergrund der in der Einzelfertigung üblichen technischen Anpassungen im Projektverlauf ist dies laut dem ERP-Projektleiter von höchster Relevanz, weil klar sein muss, ob Änderungen und Nachbesserungen überhaupt noch möglich sind oder ob eventuell eine Neubestellung erforderlich ist, weil das fragliche Teil bereits fertiggestellt wurde.

Nah am Standard

Der ERP-Projektleiter tauschte sich von Beginn an mit den Beratern des ERP-Anbieters aus und schaute ihnen über die Schulter. So kann Seubert Zusatzfunktionen aktivieren und Workflows gestalten, ohne den Software-Standard zu verlassen: „Bis auf einige Schnittstellenoptimierungen und kleinere Erweiterungen wie Feldanpassungen, die allesamt Bestandteile der Wartung sind, befinden wir uns sehr nahe am Standard.“ Die bisherigen Release-Wechsel haben das Tagesgeschäft nicht unterbrochen. Der Systemstandard passt demnach sehr gut für die Abbildung der Hauptprozesskette bei DSD Noell, die mit der Übergabe der CAD-Konstruktionsdaten beginnt. Die ERP-integrierte Schnittstelle namens Generic sorgt für den Import der Stücklistenpositionen aus dem PDM-System AutoCad Vault. Da die Software Artikel automatisch kumuliert, lassen sich aus der CAD-Zeichnung heraus bereits Materialanforderungen generieren. Nach deren automatischen Weitergabe an den Einkauf folgt die Erstellung der Fremdarbeitsgänge und der Logistikzuordnungen. Dies ist wichtig, weil nicht zwingend alle Teile einer Baugruppe zeitgleich zum jeweiligen Fremdfertiger gehen.

Bei der Instandsetzung der Donauschleuse „Eisernes Tor“ in Rumänien führt DSD Noell als Unterlieferant einige der anspruchsvollsten Teilarbeiten aus, darunter die Erneuerung des Hubtores am Mittelhaupt (36m x 16m, ca. 1.000 Tonnen und die Erneuerung der hydraulischen Antriebe und der elektrischen Steuerung (Bild: DSD Noell)
Bei der Instandsetzung der Donauschleuse ‚Eisernes Tor‘ in Rumänien führt DSD Noell als Unterlieferant einige der anspruchsvollsten Teilarbeiten aus, darunter die Erneuerung des Hubtores am Mittelhaupt (36x16m, ca. 1.000 Tonnen und die Erneuerung der hydraulischen Antriebe und der elektrischen Steuerung (Bild: DSD Noell)

Daten für die Fertigung

Für Fertigungsanfragen werden über das interne Modul AMS.Compendium relevante Dokumente wie Zeichnungen und Stücklisten in einem PDF-Container zusammengefasst. Auf dieses Tool wird laut Reinhold Seubert auch in anderen Bereichen zurückgegriffen, weil es die Arbeit vereinfacht. „Außer für Anfragen nutzen wir das Compendium auch für den Einkauf und für Bestellungen, indem die Zeichnungen mittels der Zeichnungsnummern aus dem PDM oder auch über verlinkte Dokumente aus unserem Dokumentenmanagement-System ELO zusammengezogen werden“, berichtet der ERP-Leiter. Zudem kommt das Compendium in der Qualitätssicherung zum Einsatz, um Zeugnisse, Zertifikate und weitere Unterlagen zu den einzelnen Baugruppen für Dokumentationszwecke zu sammeln.

Logistische Herausforderung

In großen Stahlwasserbauprojekten sind Langläufer keine Seltenheit. Weil DSD Noell kein eigenes Lager besitzt, müssen die Projektverantwortlichen etliche Wochen im Vorhinein Lagerfläche bei einem Dienstleister bestellen. Außerdem ist bei der Auftragsannahme noch nicht abzusehen, wer das jeweilige Teil überhaupt zu welchem Zeitpunkt fertigen kann. Trotz alledem müssen sämtliche Bauteile zugeordnet, disponiert und logistisch abgewickelt werden. Diese Abwicklung erfolgt über das ERP-System, das stets Informationen zum Lagerbestand bereitstellt. Zusätzlich wurden Abruf-Dashboards generiert, die auf Basis der Arbeitsgangdaten definieren, welche Teile vom Lager zu welchem Fertiger gehen und welche direkt zur Baustelle geliefert werden. Die Teile, die zu einem Nachunternehmer versandt werden, laufen über Lieferscheine und Lieferantenbeistellungen, während solche Teile, die direkt zur Baustelle geliefert werden, über das ebenfalls ERP-interne Collierungs-Modul abgewickelt werden. Damit ist es möglich, die Versandteile packmittelgerecht zu einem oder mehrstufigen Verpackungseinheiten (Colli) zusammenzustellen. Gerade in Großprojekten mit langen Bestellzyklen und sich ändernden technischen Anforderungen kommt es darauf an, kostenseitig den Überblick zu behalten. Dafür bringt das ERP-System Funktionalitäten für eine mitlaufende Kalkulation mit. Unter Berücksichtigung der Budget- und Solldaten haben die Verantwortlichen Zugriff auf den Status ihrer laufenden Projekte. Dabei erfolgt der Abruf der Daten ad hoc und erfordert keine langwierigen Batch- oder Nachtläufe. Wirtschaftliche Fehlentwicklungen in der Auftragsabwicklung, die sich im Rahmen der fertigungsbegleitenden Konstruktion ergeben können, werden auf diese Weise frühzeitig erkannt und lassen sich beheben, bevor finanzieller Schaden entsteht. Auf Basis der verfügbaren Daten lassen sich die Projekte darüber hinaus genauestens nachkalkulieren.