Produktion und Planung erfolgreich integrieren

Effizienz in der Fertigung bedeutet nicht nur im Kontext von Industrie 4.0, dass IT-Systeme, Maschinen und Produkte miteinander kommunizieren können. Denn auch wenn Cyber-Physical Systems neue Fertigungsprozesse und Geschäftsmodelle ermöglichen, besteht die Herausforderung – wie bei jeder Art von IT-gestützem Produktionsmanagement – nach wie vor darin, Herstellungsprozesse durch die durchdachte Integration von Produktionsdaten zu einem vertretbaren Aufwand zu unterstützen.

Bild: Forcam GbmH

In der IT-Unterstützung industrieller Prozesse liegt ein wichtiger Schlüssel für Wettbewerbsvorteile. Wer auch künftig Produktivitätsfortschritte erzielen will, sollte daher schon heute seine Produktionsprozesse entsprechend ausrichten: Die Fertigung – der Shop Floor – sollte als integriertes Gesamtsystem nahtlos mit der Unternehmensplanung – dem Top Floor – vernetzt sein. Nur so lässt sich eine Fertigung auf Basis aktueller Produktionsdaten bewerten und produktiver gestalten. Gleichzeitig wird dabei die Abstimmung von Unternehmenszielen und Produktionskennzahlen durch ein enges Zusammenspiel von Top und Shop Floor unterstützt. Die zentrale Voraussetzung dafür ist die Produktionsdatenintegration. Das bedeutet, größte Datenmengen unterschiedlicher Quellen sicher und hochperformant aufzunehmen, zu analysieren und in Echtzeit an allen benötigten Geräten auf allen Ebenen zu visualisieren. Aktuelle Schlagworte hierzu lauten Big-Data, Realtime und Cloud. Gleichzeitig wird die Fähigkeit, die Daten von Maschinen unterschiedlicher Hersteller sowie über Ländergrenzen hinweg in verschiedenen Sprachen zu verarbeiten und darzustellen wichtiger. Seitens des übergeordneten Manufacturing Execution-Systems (MES) lässt sich dieses Ziel etwa durch den Einsatz einer J2EE-Systemarchitektur erreichen. Das Software- und Integrationshaus Forcam bietet dazu eine Lösung an, die mit webbasierten Daten auf Basis von Unicode arbeitet.

Der Maschinenpark als zentraler Datenlieferant

Doch kein Produktionsmanagement-System kann effektiv mit Anlagendaten arbeiten, wenn die einheitliche Kommunikation mit dem Maschinenpark nicht sichergestellt ist. Der Regelfall in den meisten Unternehmen ist ein über Jahrzehnte gewachsener Maschinenpark, der mit heterogenen Steuerungen arbeitet. Häufige Aufgabe vor dem Einsatz IT-gestützter Prozesse ist daher zunächst, diese Schranken zu überwinden. Dazu können über verschiedene Werkzeuge der Produktionsdatenintegration Datenlieferanten und -abnehmer angebunden werden. Das betrifft Steuerungen von Anlagen und Maschinen ebenso wie Messgeräte oder Prüfeinrichtungen. Zweitens ist es möglich, Maschinendaten über Sensoren und Aktoren und mittels sogenannter Feldbuscontroller anzubinden. Drittens können Maschinenbediener und Instandhalter Daten eingeben oder korrigieren. Viertens ist es möglich, Werte zu den Anlagen hin zu übertragen, zum Beispiel Programme, Prüfparameter oder Befehle wie das Auslösen von Alarmen. Unabhängig von der Technik erfolgt die Produktionsdatenintegration in den drei Schritten Datenbereitstellung, Einlesen von Daten über angepasste Plug-in-Software sowie Interpretation der Daten.

1. Daten bereitstellen

Bei heterogenen Steuerungen nutzt unser Softwarehaus drei Wege der Maschinendatenerfassung (MDE). Die Wahl der Anbindung ist dabei abhängig vom Maschinenpark, dem gewünschten Detaillierungsgrad der Daten und vom Budget. Grundsätzlich sollte MDE auf möglichst allen Wegen kombiniert werden. Denn je höher der Anteil an automatisch erfassten Maschinendaten, desto höher die Datenqualität bei geringem manuellen Meldeaufwand.

  • Signalerfassung mit Wandler: Maschinen, die keinen Kommunikationsprozessor haben, lassen sich über einen Ein/Ausgabe-Ethernet-Wandler‘ (E/A) mit dem Internet verbinden. Das Gerät wird im Steuerungsschrank installiert, die Signale gelangen aus der Steuerung der Maschine über digitale Signalausgänge in den Wandler. Dieser sorgt für die Ethernet-Konvertierung. Dazu kommt ein mit der Firma Wago abgestimmter Felsbuscontroller zum Einsatz. Allerdings ist bei diesem Ansatz die Zahl der Signale, die erfasst werden können, begrenzt. Üblicherweise werden Daten wie ‚Maschine ein/aus‘, ‚Produktion/Stillstand‘, ‚Menge‘ und ‚Störung‘ als Sammelmeldung erfasst.
  • Signalerfassung über Hersteller-Protokolle: Neuere Maschinen sind vom Hersteller meistens mit Kommunikationsprozessor und Software ausgerüstet. Beispiele sind Heidenhein TNC, Siemens RPC oder Fanuc Focas. Hier können die Informationen direkt aus der Maschine gelesen werden, und es stehen zahlreiche weitere Funktionen und Daten zur Verfügung. So lässt sich auch die Übertagung von NC-Programmen zur Maschine realisieren – oder die aktuelle Werkzeugbelegung abfragen.
  • Steuerung per Server: Bei einer zeitgemäßen Maschinenanbindung erfolgt die Datenaufbereitung schon in den Anlagen. Dazu gibt es in jeder Maschine einen zusätzlichen Rechner, in der Regel einen PC. Auf diesem übernimmt Software einen Teil der Datenaufbereitung, etwa für einheitliche Formatierung. Die Weiterleitung erfolgt dann über Ethernet. Zusätzliche Rechner und zusätzliche Programme stellen zwar einen Kostenfaktor dar, doch dafür lassen sich auch komplexe Größen und Prozesse gut darstellen. Das System ist universell einsetzbar, was vor allem für international tätige Unternehmen wichtig ist. Zudem werden IT-Verantwortliche über offene Kommunikationsprotokolle in die Lage versetzt, integrierte und effiziente Fertigungssysteme zu organisieren.



Wege für die Maschinenintegration in Manufacturing Execution-Software: Neben der Signalerfassung per Wandler oder Steuerung bietet sich die Steuerung per Server an. Als Standard wird hierbei vielfach OPC gehandelt, doch gerade für Werkzeugmaschinen bietet sich auch der Rückgriff auf MT Connect an.

Als Standardprotokoll für die Datenübertragung hat sich zum einen die ‚Open Protocol Communication‘ (OPC) herausgebildet. OPC ist frei konfigurierbar, geregelt ist lediglich die Syntax, also auf welche Weise zwei Maschinen miteinander ’sprechen‘. Was kommuniziert werden muss, ist individuell zu regeln. Einen anderen Weg geht die Open-Source-Plattform MT Connect. Technologisch ist sie mit OPC vergleichbar, die Plattform wurde allerdings bereits auf die Aufgabe ‚Kommunikation mit Werkzeugmaschinen‘ ausgerichtet. Die lizenzfreie Anwendung hat in Nordamerika hohe Verbreitung, auch erste Unternehmen in Europa nutzen das System, das auch Forcam als Dienstleister einsetzt. Die Lösung verbindet Anlagen, Anwendungen und ganze Fabriken miteinander und bietet ein integriertes Gesamtfertigungssystem. Eingeführt wurde die Anwendung vom Verband der US-Fertigungsindustrie oder ‚Association for Manufacturing Technology‘ (AMT), der auch ein entsprechendes Institut sponsort. Die Einrichtung betreibt die Online-Präsenz www.mtconnect.org.

2. Daten einlesen

Sind Prozess- und Messdaten gesammelt, werden sie innerhabb der MES-Infrastruktur in die so genannten Data Collection Unit (DCU) eingelesen. Verschiedene Software-Plugins sorgen dafür, dass dabei verschiedene Protokolle verarbeitet werden können. Bei heterogenen Steuerungen wird je Maschinenhersteller ein eigens programmiertes Plugin benötigt. Eine DCU kann bis zu 100 Steuerungen unterschiedlicher Bauart gleichzeitig bedienen, ohne hohe Anforderungen an die PC-Hardware zu stellen. Jeweils zwei der Datensammler können so konfiguriert werden, dass sie sich gegenseitig überwachen und im Störfall ersetzen. In den DCUs findet die eigentliche Kommunikation mit den Anlagensteuerungen statt: Plugin-Bausteine fungieren als ‚Middleware‘ zwischen Maschine und übergeordnetem Forcam-Server, der dafür zuständig ist, dass ausschließlich aktuell relevante Daten durch ereignisgesteuerte Differenztelegramme übermittelt werden.

3. Interpretation der Daten

Die originären Maschinensignale sind noch nicht die Informationen, die für das Produktionscontrolling benötigt werden. Dazu ist noch ein Logikbaustein erforderlich, der aus mehreren Signalen und zusätzlichen Informationen die gewünschten Betriebszustände berechnet. Erst, wenn die Betriebszustände aus der Fertigung – etwa ‚Produktion‘, ‚Rüsten‘ oder ‚Störung‘ – vereinheitlicht und damit von der Art und Ausprägung der Maschine unabhängig gemacht sind, werden die Informationen zum übergeordneten System in der Unternehmensplanung übertragen. Nun arbeitet der Top Floor in Echtzeit mit realen Leistungsdaten aus dem Shop Floor – eine wesentliche Grundlage für eine nachhaltige Produktivitätssteigerung.