Engpässe früh erkennen

Personalplanung

Jede Produktion hat eine systemimmanente Kapazitätsverfügbarkeit. Durch den Trend zur kundenindividuellen Produktion und immer kürzeren Lieferzeiten ist es aber kaum noch möglich, den Kapazitätsbedarf der Aufträge über alle Produktionsschritte zu glätten, ohne die Durchlaufzeit zu erhöhen. Gerade kurzfristige Aufträge von priorisierten Kunden stellen auch eine durchdachte Planung schnell auf den Kopf.

Bild: GFOS mbH

Wenn es darum geht, unter anderem die Ressource Personal mit all ihren Besonderheiten wie Qualifikation, spezifischen Arbeitszeitkonten, Fehlzeiten et cetera zu planen, wird für eine fundierte Prognose eine so große Datenbasis benötigt, wie sie in der Regel nur ein Manufacturing Execution-System (MES) mit integriertem Workforce Management bieten kann. Die Komplexität der Personaleinsatzplanung in der Produktion ergibt sich aus der Flexibilität des Personals durchaus für verschiedenste Tätigkeiten einsetzbar zu sein und gleichzeitig strengen Regeln bei den Arbeitszeiten zu unterliegen. So muss eine Software für Feinplanung und Steuerung nicht nur alle Aufträge mit ihren individuellen Kapazitätsansprüchen, die abweichenden Bearbeitungsmöglichkeiten der Produktionsanlagen und typischen Abhängigkeiten in der Reihenfolgeplanung berücksichtigen. Es müssen für das Personal auch Qualifikationsmatrizen, Arbeitszeitkonten, Urlaubsplanung und viele weitere Arbeitszeitregeln betrachtet werden. Diese umfangreiche Datenbasis steht einem MES mit integrierter Zeiterfassung, wie dem vom GFOS, standardmäßig zur Verfügung. Der Mitarbeiter bucht dann im Modul ‚Workforce‘ seine Anwesenheitszeiten und plant hier ebenfalls seine Abwesenheiten. Somit kennt das MES sämtliche Zeitkonten der Mitarbeiter und kann schon bei der Urlaubsbeantragung über die Web-Komponente prüfen, ob durch diese Abwesenheit Kapazitätsprobleme entstehen könnten.

Qualifikation und Zeit

Über die hinterlegte Qualifikationsmatrix und das Zeitmodell pro Mitarbeiter weiß die Software dann auch, welche Mitarbeiter mit welcher Qualifikation wann im Unternehmen geplant anwesend sind. Das Angebot an Personal mit spezifischer Qualifikation mit dem Ressourcenbedarf der bekannten Fertigungsaufträge abzugleichen, ist ein hochkomplexer Prozess. Über die Zuordnung der Fertigungsaufträge zu Arbeitsplätzen und über eine Reihenfolgebildung pro Arbeitsplatz werden aus der Kombination Arbeitsplatz und zu bearbeitender Fertigungsauftrag benötigte Qualifikation und die Anzahl an Mitarbeitern pro Arbeitsplatz oder Bereich abgeleitet. Der sich daraus insgesamt ergebende Personalbedarf pro Schicht muss dann wieder über das verfügbare Personal gedeckt werden. Durch die vielen Freiheitsgrade entstehen zahlreiche unterschiedliche Zuordnungsmöglichkeiten, die jetzt nach verschiedensten Optimierungskriterien abgewägt werden müssen. Am Ende steht dann ein mögliches Szenario. Sollten an dieser Stelle noch Konflikte auftreten oder an einem Arbeitsplatz bestimmte Qualifikationen fehlen, kann dieser ungedeckte Personalbedarf durch Sonderschichten der entsprechend qualifizierten Mitarbeiter, durch den Einsatz von Leiharbeitern oder durch das Verschieben von Aufträgen, behoben werden. Egal für welche Maßnahme sich entschieden wird, die grafische Planungsoberfläche der Lösung unterstützt diesen Umplanungsprozess mit allen verfügbaren Informationen.

Sonderschichten einrichten

Bei der Einrichtung von Sonderschichten wird so zum Beispiel direkt gegen die prospektivisch geführten Zeitkonten der Mitarbeiter geprüft und so Verletzungen von Mehrarbeitskonten oder Ruhezeiten erkannt. Der Planer wird also dahingehend unterstützt, dass er nur das planen kann, was auch realisierbar ist. So werden alle Regeln und Vorschriften automatisch berücksichtigt und es kann eine gerechte, transparente Planung entstehen. Verschiebt der Planer beispielsweise den Auftrag mit dem nicht gedeckten Personalbedarf an einen anderen Arbeitsplatz oder einfach nur zeitlich, sind alle vor- und nachgelagerten Arbeitsgänge entsprechend aufzurücken, womit sich dann auch direkt die gesamten Qualitätsbedarfe zeitlich verschieben. Hier unterstützt die Software den Planer zum Beispiel bei der Auswahl des alternativen Arbeitsplatzes, indem Abhängigkeiten zwischen Material und Arbeitsplatz oder veränderte Rüst- und Bearbeitungszeiten durch die neue Abarbeitungsreihenfolge aufgezeigt werden.

Je früher ein Konflikt in der Planung erkannt wird, desto vielfältiger lässt sich agieren. Bild GFOS mbH

Terminliche Auswirkungen

Am Ende interessiert dann aber zumeist primär, welche terminlichen Auswirkungen diese Verschiebung auf den verschobenen Auftrag oder auch auf alle anderen Aufträge hat. Durch das händische Verschieben eines Arbeitsgangs eines komplex vernetzten Auftrags werden eventuell auch Reihenfolgebedingungen verletzt. Hier wird der Planer durch die Software entweder auf dieses Problem hingewiesen oder die Software unterstützt durch Reparaturmaßnahmen dabei, die Reihenfolgebedingungen wieder herzustellen. Die gezielte Einplanung von Leiharbeitern ist softwaretechnisch am leichtesten abzuwickeln: Es wird die Personalkapazität mit definierter Qualifikation punktuell erhöht und so der aufgezeigte Konflikt in der Planung behoben. In der Praxis zeigt sich dann aber immer wieder, dass durch die ständigen Veränderungen der Randbedingungen – Kunde wünscht Änderung am Auftrag, Maschinen oder Werkzeuge fallen ungeplant aus, Material steht nicht pünktlich zur Verfügung, Mitarbeiter erkranken et cetera – die Planung sich bis zur tatsächlichen Realisierung so oft verändert, dass die Prognose von zusätzlichen Bedarfen an Personal beziehungsweise Qualifikation nur grob sein kann.

Erst wenn viele der Randbedingungen gefixt sind, das Material also eingegangen und der Kundenauftrag final bestätigt ist, kann zuverlässig berechnet werden, in welchem Zeitfenster genau wo welche Qualifikation fehlen wird. Trotzdem kann auch eine sehr frühe Planung auf so genannten Forecast-Daten schon deutlich aufzeigen, wo in der Produktion ein Auftragsberg auf ein Personalverfügbarkeitstal trifft. Denn je früher ein solcher Konflikt erkannt wird, desto vielfältiger lässt sich agieren. Denn jetzt können vielleicht noch gemeinsam mit dem Kunden neue Liefertermine gefunden oder gemeinsam mit der Belegschaft die Urlaubsplanung überarbeitet werden. Ist der Zeithorizont groß genug, steht auch noch die Option offen, das vorhandene Personal gezielt weiterzubilden, um die Unterdeckung an wenigen Qualifikationen gezielt mit eigenen Mitarbeitern zu beheben.

Prognosen brauchen Daten

Eine Engpassprognose, gerade beim Thema Personal, stellt immer große Anforderungen an die Datenbasis. Eine so umfangreiche und zugleich aktuelle Datenbasis bietet ein MES mit integrierter Personalzeiterfassung und Personaleinsatzplanung. Es bedarf der Berücksichtigung sehr vieler Einflussfaktoren, um die Ressource Mensch im Produktionsumfeld zu planen und den Ausbildungsstand seiner Mitarbeiter über Qualifikationsmatrizen abzubilden. Trotzdem spielt die gezielte Einplanung der Mitarbeiter und seiner Qualifikation auf Fertigungsaufträge eine große Rolle, gerade dort, wo Fachkräfte fehlen und Arbeitslöhne ein dominanter Kostenfaktor sind.

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