Bei vielen Händlern gilt immer noch die Devise: Wichtig ist der persönliche Kontakt zwischen Verkäufer und Käufer – IT-Unterstützung benötigen wir da nicht. Auch Hersteller stehen teilweise auf dem Standpunkt: Eine starke Marke benötigt keine Customer Relationship Management-Tools. Wie argumentieren Sie? Wo sehen Sie die größten Optimierungsmöglichkeiten durch den Einsatz solcher Tools?

Zahn: Die angesprochenen neuen Käuferschichten – Stichwort Generation Internet – sind in der Regel bestens informiert. Wenn sie zum Händler kommen, waren sie längst im Web aktiv und oft befinden sie sich dann bereits in der Entscheidungsphase. Vorher haben die Händler keinen Kontakt zum Interessenten. Auf der anderen Seite sieht diese Art von Kunden oft überhaupt keine Veranlassung in der Entscheidungsphase zum Händler zu gehen; man will für Konfiguration und Probefahrt oft gar keinen Händler mehr einschalten. Zu beachten ist, dass wir in diesen Fällen nicht mehr von vorhandener Markentreue ausgehen können. Sowohl Markenbindungsmaßnahmen als auch Händler- und Herstelleraktivitäten müssen dazu vollständig aufeinander abgestimmt sein. Macht der Händler da nicht mit und stellt der Hersteller nicht die entsprechende technische Grundlage für den Prozess, so erfährt der Interessent keine konsistente Ansprache und wandert zu einer anderen Marke ab. Dahin, wo er sich abgeholt fühlt.

Das Thema ‚Car-IT‘ ist gegenwärtig in aller Munde. Wo sehen Sie die besten Chancen, die direkte Verbindung zwischen Hersteller oder Händler und dem Kunden zu nutzen?

Zahn: Die Kunden sind heute sehr aufgeschlossen für solche Technologien; bisher gilt das vor allem in höheren Fahrzeugklassen, wo die geschäftliche Nutzung die Regel ist. Insgesamt rückt durch solche Ansätze mehr der Kunde als das Fahrzeug ins Zentrum für den Hersteller. Der Mehrwert für ihn liegt ganz sicher in neuen, eventuell externen Diensten, die früher im reinen Autoverkauf keine Rolle spielten. So kann der Hersteller jetzt über die gesamte Lebenszeit Zugriff auf den Besitzer beziehungsweise den Fahrer erhalten. Je besser der Hersteller es schafft, den persönlichen, vernetzten Lebensstil seiner Kunden in das Fahrzeug zu integrieren, desto mehr zusätzliche Umsatzmöglichkeiten ergeben sich für ihn. Der Kunde wiederum profitiert von den auf ihn zugeschnittenen Dienstleistungen.

Es bleibt noch abzuwarten, welchen Anteil an der Kontrolle der Car-IT neue Marktteilnehmer aus der Telekommunikation und Internet-Industrie haben werden. Wenn Hersteller und Händler es schaffen, profilgenaue Dienstleistungen anzubieten, können sie ihr bereits bestehendes Wissen über den Kunden als Vorteil gegenüber anderen Playern im Markt nutzen. Aus Sicht des Customer Relationship Managements ist das vernetzte Auto ein weiterer Kanal neben anderen Customer Touchpoints, der es ermöglicht, dauernd mit dem Kunden zu kommunizieren. Die Informationen aus dem vernetzen Auto müssen aber genauso in die Prozesse von Customer Experience Management und Empfehlungsmarketing einfließen, sonst wird Car-IT schnell wieder ein neues Daten-Silo.