Anlagenkonstrukteure stehen häufig vor der Herausforderung, komplexe Anlagen in kurzer Entwicklungszeit planen zu müssen. ‚Virtuelle Maschinen‘ können vor diesem Hintergrund im Zusammenspiel mit leistungsfähigen Objektbibliotheken dazu beitragen, Teile des Entwicklungsprozess zu automatisieren und somit langfristig Kosten zu sparen. Bild: Heitec AG

Virtuelle Modelle auf Basis lückenhafter Beschreibungen

Der Nutzen von virtuellen Modellen lässt sich anhand des Systemeinsatzes im Anlagenbau illustrieren: Bei vielen Vorhaben sind anfangs nur vage Informationen vorhanden. Projekte beginnen dann mit der Übernahme eines vorläufigen Anlagenlayouts, also einer lückenhaften Beschreibung der Gesamtheit und einzelner Stationen. Hinzu kommen in der Regel knappe Kosten- und Terminvorgaben. Nach der Analyse der Aufgabenstellung erfolgt die Abstimmung über die Realisierung. Besteht eine Anlage aus Objekten, die in den Bibliotheken weitgehend vorhanden sind, lässt sich ein erheblicher Teil des Engineering-Prozesses automatisieren. Nach der Interpretation der Geräte- oder Stückliste des Maschinenbauers können Elektro-Pläne (E-Pläne) für die Schaltanlagenfertigung, Softwareprojekte sowie die Darstellung der dezentralen Peripherie in dem Modell der virtuellen Maschine begonnen werden. Durch den Einsatz aktueller Technologie lässt sich zwar noch kein hundertprozentiges Abbild der Projektlösung realisieren, es kann jedoch in relativ kurzer Zeit ein aussagekräftiger Projektstand erreicht werden, der Änderungen durch den Abnehmer und Anlagenbauer noch problemlos gestattet.

Umrüstungen am digitalen Modell vorbereiten

Ein weiteres Beispiel für Projektarbeit mit einem digitalen Abbild lieferte die Konstruktion einer Räderprüfanlage, das innerhalb der Unternehmensgruppe des Engineering-Dienstleisters durchgeführt wurde. Dabei konnte ein besonders hoher Automatisierungsgrad erzielt werden: Die Gespräche über Anlagendetails waren noch nicht abgeschlossen, als das Basismodell bereits im CAD-System konstruiert wurde. Die Konstruktionsdaten wurden in die virtuelle 3D-Plattform importiert, gefiltert und mit den Objekten der virtuellen Maschine verbunden. Als Basis für das Modell diente die Geräteliste des Maschinenbaukonstrukteurs, die als Excel-Datei vorlag. Aus der Geräteliste wurde mithilfe einer Interpretationsmethode der E-Plan der Anlage automatisiert erstellt. Die Entwicklung sollte dabei den Herausforderungen der Branche Rechnung tragen: Auch in der Produktion von Rädern hat die Typenvielfalt zugenommen, das Verhältnis von Produktionszeit zu Umrüstzeit wurde im Anlagenbetrieb immer unwirtschaftlicher, da bei langen Umrüstzeiten und vielen Typenwechseln die Produktionszeiten sanken. Das digitale Modell in Verbindung mit einer neuen Automatisierungsumgebung hat in diesem Fall geholfen, Anlagenumrüstungen virtuell im Büro des Produktionsplaners vorbereiten zu können: So lassen sich zum Beispiel Rezepturveränderungen in der virtuellen Maschine erstellen und anschließend per Download an die reale Maschine weitergeben, was zu deutlich reduzierten Umrüstzeiten führt.

Konstruktionsprozess ohne Maschinendaten

Dass sich virtuelle Modelle auch für Qualifizierungs- und Schulungsmaßnahmen eignen können, zeigt die Entwicklung einer Montagelinie für Solarmodule. Hier konnten sich die Entwicklungsingenieure nicht auf Maschinendaten stützen, um ein virtuelles Modell zu generieren. Das Computermodell wurde daher auf Basis der Komponenten-Bibliothek zusammengestellt und anschließend dazu eingesetzt, Anlagenbediener und Wartungspersonal am digitalen Objekt zu schulen. So ließ sich der Übergang zur realen Tätigkeit beschleunigen und die Wahrscheinlichkeit von Fehlbedienungen senken.