Wie viel IT-Kompetenz besitzt der mittelständische Maschinen- und Anlagenbau?

Rauen: Wir werden zum Maschinenbau-Gipfel Mitte Oktober eine Studie der Impuls-Stiftung des VDMA dazu veröffentlichen, der ich nicht vorgreifen möchte. Fest steht allerdings, dass der Maschinenbau bereits eine hohe Awareness für die Industrie 4.0 hat. Wir als Verband widmen uns dem Thema schon seit einigen Jahren sehr intensiv. Und auch der politisch getragene Prozess mit der Plattform Industrie 4.0 hat dazu beigetragen, dass unsere Volkswirtschaft gegenüber den Marktbegleitern in der Welt einen zeitlichen Vorsprung herausgearbeitet hat. Die Frage ist, ob wir diesen halten und nutzen können. Ein großer Erfolg ist meiner Meinung nach, dass die mit der digitalen Transformation verbundenen strategischen Herausforderungen in den Unternehmensleitungen in Deutschland sehr früh auf den Tisch kamen. Zudem konnten wir die Marke Industrie 4.0 weltweit etablieren. Wir haben uns hier als Leitanbieter neu positioniert und auch den Anspruch verdeutlicht, bei der IT-Technologie vorne zu sein. Auf der Produktseite müssen wir zwar noch viel liefern, aber die Tür haben wir erst mal sehr weit aufgemacht.

Auf der anderen Seite …
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Rauen: Um noch konkreter zu werden: Ich glaube, dass auch die einzelnen Maschinenbauunternehmen ganz gut dastehen. Es gibt natürlich First Mover, die schon mit einer Smart Factory antreten. Es gibt auch Firmen, die haben mit alldem noch nicht so viel am Hut, aber im Durchschnitt der Branche ist das Thema Industrie 4.0 auf dem Tisch. Sie fragen sich, was bedeutet die Entwicklung für meine Produkte? Was bedeutet das für meine Prozesse? Wie sieht eine Digitalisierung bei mir aus? Und sie fragen sich nach Geschäftsmodellen. Die Bewegung in der Branche spiegelt sich auch bei der Nachfrage nach unseren VDMA-Angeboten wider, entsprechende Veranstaltungen sind zum Beispiel immer ausgebucht.

Welchen Eindruck haben Sie von der Art, wie das Thema Industrial Internet of Things in den Vereinigten Staaten vorangetrieben wird?

Rauen: Wir haben führende US-Unternehmen, die von Anfang an hier in Deutschland in den Dialogplattformen aktiv waren und noch immer sind, gerade aus dem IT-Bereich. Auf der anderen Seite gibt es global agierende deutsche Unternehmen, die sich anschauen, was im Industrial Internet Consortium geschieht. Es ist überall ein Beobachten und Mitmachen. Ich bin aber ganz guter Dinge, dass wir weiterhin eine gute Ausgangsposition haben, weil wir verschiedenste Kompetenzen erfolgreich zusammenbringen. Wir haben eine hervorragend aufgestellte Automatisierungsindustrie, auch im Bereich der IT-Lösungen. Wir sind definitiv die führende Nation, was Produktionstechnologien angeht. Natürlich gibt es die großen IT-Player in den USA, die Big-Data-Management vielleicht noch besser beherrschen, aber gerade diese bringen sich auch bei uns ein. Wir haben ein hervorragendes Netzwerk zwischen Industrie und Wissenschaft im Bereich der Produktionstechnologie. Da können wir guten Mutes weitermachen.

Welche Unterstützung fordern Sie von der Politik?

Rauen: Wir sehen uns hier in einem Boot. Im Vordergrund steht, die anstehenden Aufgaben gemeinsam zu erledigen. Angesichts der Dringlichkeit könnte ich mir allerdings schon vorstellen, dass wir bei der Forschung an der intelligenten Produktion noch mehr Gas geben müssen. Die öffentliche Hand kann mit entsprechenden Vernetzungsformaten weiter Akzente setzen. Im Bereich der Infrastruktur steht sicherlich der Breitband-Ausbau an. Industrie 4.0 wird nur mit einer Infrastruktur stattfinden, die sowohl die notwendigen Geschwindigkeiten als auch die erforderliche Robustheit und IT-Security bietet. Und dann haben wir viele Fragen, die Industrie, Wissenschaft und Politik gemeinsam klären müssen, wie das Eigentum von Daten und die Zukunft der Arbeit. Was bieten die neuen Technologien für Herausforderungen und Möglichkeiten? Was bedeutet das für den Mitarbeiter und für das Miteinander? Vieles davon wird derzeit, also nach der Übergabe der Verbändeplattform [Anm. d. Red: Beteiligt waren die Verbände Bitkom, VDMA und ZVEI] zur Hannover Messe, durch die Politik priorisiert und umgesetzt. Ein Beispiel ist die Neukonstituierung von zwei Arbeitsgruppen.