Industrial Management
Projektcontrolling ist mehr als ein reaktives Instrument zur Planerfüllung: aufeinander abgestimmte Methoden und IT-Anwendungen leisten einen Beitrag, um unternehmensstrategische Auswirkungen von Projektabläufen auch dann nicht aus den Augen zu verlieren, wenn die Zahl der jährlichen Projekte in die Hunderte geht.
Das Management von Projekten, Investitionen und unternehmerischer Vorhaben ist zentraler Bestandteil in der Steuerung jeder Firma. Schon in mittelständischen Unternehmen sammelt sich in der Regel jedes Jahr ein Portfolio von mehreren hundert Projekten an. Die Liste der unterschiedlichen Projekttypen ist lang und umfasst Investitionsprojekte, Bauprojekte, IT-Projekte, Kundenprojekte, Strategieprojekte genauso wie Produktentwicklungen. Nicht minder lang ist die Liste der Faktoren, die über den Erfolg eines Projektes entscheiden. Zudem führt der wachsende Kostendruck häufig zu geringeren Projektbudgets. Angesichts dieser Herausforderungen kann die richtige Auswahl an Projekten maßgeblich zum Unternehmenserfolg beitragen. Der Auswahlprozess lässt sich dabei etwa durch Erfassung, Bewertung und Priorisierung der unternehmerischen Vorhaben steuern. Für Projektleiter und Management kommt es letztlich darauf an, ob einerseits die richtigen Projekte und Investitionen verfolgt und andererseits die ausgewählten Projekte auch richtig durchgeführt werden.
Daher erwägen viele Unternehmen die Einführung eines Projektcontrollings in Verbindung mit spezifischen IT-Systemen, denn die Organisation dieser Aufgaben mithilfe von Excel-Tabellen stößt ab einem Punkt an Grenzen: Wenn zum Beispiel die Aktualisierung und Pflege der Datenbestände insgesamt unwirtschaftlich geworden ist, kann sich der Griff zu einer spezifischen IT-Lösung lohnen. Da sich bereits das Reporting über Projekte und Projektportfolio durch geeignete Software in der Regel deutlich beschleunigen lässt, setzen viele Projektcontrolling-Konzepte an dieser Stelle an. Den Erfolg dieser Methoden belegen Entwicklungen bei Unternehmen wie der Schweizer Swisscom AG, die auf diese Weise 25 Prozent an Zeit oder rund 240.000 Schweizer Franken pro Jahr einsparen konnte. In diesem Fall wurden mehr als 800 Projekte mit einer durchschnittlichen Laufzeit von rund einem Jahr mit der klassischen Projektplanung verknüpft. Zu den erzielten Vorteilen zählte zum Beispiel, dass die Pflege der projektbezogenen Finanzdaten im Data Warehouse des Unternehmenssystems sowie einer überdimensionierten und schwer wartbaren Excel-Lösung durch den Einsatz einer spezifischen Projektcontrollingsoftware überflüssig wurden.
Projektcontrolling am Produktportfolio ausrichten
Projektcontrolling lässt sich in gewisser Weise mit dem Fahren eines Autos vergleichen, dessen komplexer Bordcomputer ständig eine Vielzahl von Parametern abfragt, überwacht und bewertet. Dem Fahrer werden aber nur die wichtigsten Daten angezeigt, wie etwa Geschwindigkeit, Drehzahl oder Tankanzeige. Würden alle erfassten Daten ständig zur Verfügung gestellt werden, wäre der Fahrer mit den vielen Informationen überfordert und würde unter Umständen ein höheres Unfallrisiko auf sich ziehen. Übertragen auf das Projektcontrolling in der Fertigungsindustrie bedeutet dies, ebenfalls stets Zugriff auf zentrale Projekt-Parameter zu erhalten. Dazu zählen die Informationen, die Chancen und Risiken für das Projektportfolio betreffen und somit Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens haben.
Neben Überwachungsaufgaben kann IT-gestütztes Projektcontrolling durch die Analyse der zusammengeführten Daten einen Beitrag leisten, die Methoden der Projektabwicklung weiterzuentwickeln. Umfassendes Controlling unterstützt somit das Projektmanagement bei Planung, Realisation und Abschluss der Projekte. Das Ziel ist, begrenzte Mittel an Zeit und Ressourcen optimal einzusetzen, die Zielvorgaben mit dem Projektportfolio oder einzelner Projekte zu vergleichen sowie Abweichungen zu ergründen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Planung, Steuerung und Kontrolle sowie Bericht und Dokumentation auf Ebene des Projektportfolios beziehungsweise auf Einzelprojektebene bilden damit zentrale Teilaspekte des Projektcontrollings.
Projektabläufe zielgerichtet gliedern
Damit im Rahmen des Projektcontrollings anstehende Aufgaben angemessen erfüllt werden können, müssen einheitliche Prozesse und Workflows zur Verfügung stehen. Projektarbeit lässt sich vor diesem Hintergrund in folgendes Muster fassen:
- Projektidee, Antrag und Nutzwertanalyse
Ist eine Projektidee einmal eingereicht, sollte eine ausführliche Bewertung des Antrages erfolgen. Dabei sollten quantitative und qualitative Aspekte in Betracht gezogen werden, wie beispielsweise die mit dem Projekt einhergehenden Risiken, aber auch die strategische Bedeutung der Vorschläge. - Planung und Steuerung
Die ausgewählten Projekte werden anschließend in einer strukturierten Projekt-planung konkretisiert und Termine, Kosten, Ressourcen sowie Meilensteine definiert. Diese Parameter werden in der Steuerungsphase regelmäßig überwacht, bei Planabweichungen Korrekturmaßnahmen eingeleitet. Damit ist das Projektcontrolling nicht nur reaktives Instrument zur Planerfüllung, sondern dient der frühen Erkennung von Chancen und Risiken für den gesamten Projektverlauf. - Reporting und Nachkalkulation
Bei der letzten Phase eines Projekts werden die Soll-Werte den Ist-Werten gegenübergestellt und analysiert. Weiterhin wird der Ablauf des Projekts bewertet, um für spätere Vorhaben aus möglichen Fehlern zu lernen. Schließlich sollten die Ergebnisse in einem umfassenden Projektabschlussbericht dokumentiert werden.
Systemauswahl und Integration
Wenn das Projektcontrolling-Konzept erstellt wurde und die nötigen Prozesse zur Verfügung stehen, gilt es auch, die Anforderungen IT-seitig abzubilden. Bei der Wahl der richtigen Software sollte beachtet werden, dass viele operative Projektmanagementwerkzeuge zwar Ansätze zum kaufmännischen Monitoring und Controlling einzelner Projekte bieten, der Überblick zu sämtlichen Projektgruppen aber nicht immer unterstützt wird. Das kann Risiken und Fehlentwicklungen auf übergeordneter Ebene verschleiern und so rechtzeitiges Eingreifen erschweren. Daher sollte bei der Auswahl einer Lösung darauf geachtet werden, dass Verantwortliche Unterstützung dabei erhalten, einzelne oder mehrere Projekte im Kontext des gesamten Projektportfolios zu steuern. Zu den häufig genannten Anforderungen gehört dabei auch, die gesamte Projektwertschöpfungskette abbilden zu können. Lassen sich auf diese Weise Medienbrüche vermeiden, können Projekte effizienter, zeit- und kostensparender sowie mit weniger Fehlern durchgeführt werden. Eine Grundlage dafür bildet die Integration der IT-Systeme in die Unternehmenssteuerung.
Die Software sollte daher eine Anbindung in Unternehmensanwendungen wie Enterprise Resource Planning-Systeme (ERP) unterstützen. Nach der Entscheidung für die Einführung von IT-gestütztem Projektcontrolling ist in den ersten Phasen eines Projektes zunächst mit höherem Aufwand zu rechnen. Durch die Kombination aus genauerer Planung und unterstützender Software ergeben sich in der Regel jedoch in kurzer Zeit Verbesserungen: Erfahrungen haben gezeigt, dass durch den Einsatz von IT-gestütztem Projektcontrolling die Fehlerzahl kurzfristig sinkt, was zu einer erhöhten Quote bei Zielerfüllung und Kosteneinsparungen führen kann. Sind Systeme und Methoden etabliert, können Anwender im Idealfall ihre Projektideen und -anträge nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden analysieren und bewerten und werden über den Projektzyklus hinweg vom System begleitet. Zudem kann das System als digitaler Wissensspeicher zur Zukunftsfähigkeit des Unternehmens beitragen, indem ‚lessons learned‘ als Grundlage zur Effizienzsteigerung und Standardisierung der Projektprozesse eingesetzt werden.