Flexible Informationstechnik für Werkhalle und Anlage

Manufacturing Execution-Systeme können eine tragende Rolle bei der Gestaltung und Anpassung von Produktionsprozessen und Anlangen spielen. Um die dazu nötige, umfassende Vernetzung mit den verschiedenen Betriebsebenen zu erreichen, bietet sich der Rückgriff auf herstellerunabhängige Standards wie AutomationML und OPC-UA an.

Wandlungsfähigkeit ist eine der zentralen Forderungen an die Produktion. In der Fabrik der Zukunft spielen informationstechnische Systeme eine ebenso zentrale Rolle wie im täglichen Leben. Typische ‚Vertreter‘ produktionsnaher IT-Systeme sind Manufacturing Execution-Systeme (MES). Sie unterstützen nach der VDI-Richtlinie 5600 die produktionsrelevanten Geschäftsprozesse eines Unternehmens. In der Architektur der industriellen Produktion sind sie zwischen der Automatisierungsebene und der Unternehmensleitebene angesiedelt und agieren als Bindeglied für Informationen und Daten zwischen den Ebenen.

Wandlungsfähige Produktion erfordert wandlungsfähige Systeme

Bild: Fraunhofer IOSB

MES müssen daher Teil einer durchgängigen IT-Unterstützung sein und besitzen durch ihre Eigenschaft als Daten- und Informationsdrehscheibe eine Vielzahl an Schnittstellen. Um effizient arbeiten zu können, müssen MES als Teil der wandlungsfähigen Produktion möglichst gut und nahtlos mit anderen Systemen zusammenarbeiten. Bei diesem Ebenen-übergreifenden Informationsaustausch spielen zwei Aspekte eine wichtige Rolle: ‚Wie‘ und ‚was‘ kommuniziert wird. Beide Fragestellungen müssen für ein generelles Vorgehen auf Standards basieren, die auch das Automatisierungsumfeld abdecken. Um Informationen effizient zu kommunizieren, müssen entsprechende Kommunikationsmechanismen festgelegt werden. Dies umfasst den Ablauf und die Methoden, also wie und über welchen Kommunikationskanal Inhalte übermittelt werden können. Systeme, die mit einheitlichen Mechanismen arbeiten, können Interoperabilität erreichen. Dazu haben beispielsweise Senad Bukva, Udo Enste und Felix Uecker im Bezug auf die Selbstkonfiguration von MES verschiedene Ansätze zur automatisierten Projektierung und Selbstkonfiguration schlaglichtartig dargestellt.

Unabhängig von Plattformen und Protokollen

Zur Kommunikation und Verarbeitung der auszutauschenden Informationen bietet sich der Rückgriff auf den Automatisierungsstandard OPC Unified Architecture (OPC-UA) der OPC Foundation an. Dieser Standard nach IEC 62541 findet in der Industrie immer mehr Verbreitung und bietet vielfältige Möglichkeiten. Die Kommunikation basiert dabei auf Webservices und ist plattform- und protokollunabhängig, unterstützt die asynchrone und verteilte Kommunikation und bietet Lösungen für Sicherheit, Zuverlässigkeit und Redundanz an. Darüber hinaus bietet OPC-UA durch ein vollvernetztes Informationsmodell unter Zuhilfenahme objektorientierter Modellierungsparadigmen die Möglichkeit standardisierte, aber auch herstellerspezifische Informationen zu integrieren. Der Standard unterstützt damit explizit die Kommunikation von strukturierten Inhalten.

Dies ermöglicht den Einsatz über alle Ebenen der Architektur der industriellen Automatisierung hinweg, wie sie auch Aleksey Bratukhin beschreibt. Die kommunizierten Informationen müssen aber auch für alle Kommunikationspartner verständlich und verwertbar sein. Es ist also wichtig, dass die kommunizierten Daten strukturiert vorliegen und die Bedeutung der Inhalte klar definiert ist, damit alle Systeme die Informationen verstehen und optimal nutzen können. Wird dies zusätzlich erreicht, spricht man von semantischer Interoperabilität. Im Zusammenhang mit MES und auch in anderen Ebenen der Architektur der industriellen Automatisierung existieren dazu zahlreiche Normen und Standards.

Leider gibt es aktuell keinen einheitlichen Standard über die Ebenen hinweg, der für alle Aspekte anwendbar, praktikabel und dennoch vollständig definiert wäre. Zur Beschreibung von Produktionsanlagen und ihrer Komponenten und Eigenschaften lässt sich Automation ML, das sich unter IEC 62714 ebenfalls in der internationalen Standardisierung befindet, einsetzen. Wie von Rainer Draht beschrieben wurde der Standard 2006 als Industrie-Konsortium gestartet und wird mittlerweile vom AutomationML e.V. weiterentwickelt, in dem über 20 Firmen und Forschungseinrichtungen Mitglied sind.

Der Standard wurde als Datenaustauschformat in der Anlagenplanung entwickelt und modelliert die Aspekte wie Anlagenhierarchie, Geometrie, Kinematik, Ablaufplanung und Verhalten, indem es auf bestehenden Standards wie CAEX, Collada und PLC Open XML aufsetzt. Dazu werden zusätzlich Einschränkungen festlegt, wie diese verwendet und kombiniert werden. Automation ML ist damit einer der Kandidaten für einen ‚Industrie 4.0‘-Standard. Denn in der vernetzten Fabrik wird ohne die Nutzung solcher Standards Kommunikation zwischen Geräten und Maschinen unterschiedlicher Hersteller nicht möglich sein. Da ein Standard nur anwendbar ist, wenn die Korrektheit der Modelle gewährleistet ist, spielt der Test auf die Einhaltung der Syntax und der in den IEC-Spezifikationen vorgeschriebenen zusätzlichen Regeln eine zentrale Rolle.

Eine entsprechende Syntaxprüfung lässt sich mit Hilfe der XML-Schemata der einzelnen Standards durchführen, die Formalisierung der textuellen Zusatzregeln wird unter Zuhilfenahme von Unified Modelling Language (UML) und Object Constraint Language (OCL) realisiert. Neben all diesen technischen Grundlagen darf bei der Systemauslegeung auch der Mensch als Nutzer und Bediener nicht vergessen werden. Entsprechend wichtig sind intuitiv nutzbare Oberflächen für Bedieneffizienz und Anwenderakzeptanz.