Flexibel agieren in Konzernstrukturen

Viele mittelständische Betriebe sind bereits in übergeordnete Konzernstrukturen eingebunden. Dabei gilt es, das Tochterunternehmen in die Softwarelandschaft der Konzernmutter einzubinden, ohne negativen Einfluss auf Innovationskraft und Flexibilität auszuüben. Der richtige Mix aus Standardsoftware und Individuallösung kann helfen, Konflikte zwischen ‚Mutter‘ und ‚Tochter‘ zu vermeiden.

Bild: GIS – Gesellschaft für integrierte Systemplanung GmbH

Eine Vielzahl mittelständischer Unternehmen ist heute in größere Konzernstrukturen eingebunden. Auch wenn die Außendarstellung des Einzelunternehmens, beispielsweise im Web-Auftritt, oftmals Eigenständigkeit suggeriert, können intern zahlreiche Restriktionen durch das jeweilige Mutterunternehmen existieren. Dabei steht dem tendenziell statischen Anliegen der ‚Mutter‘, umfassende Kontrolle über Ihre ‚Töchter‘ auszuüben, das agile Interesse des Tochterunternehmens gegenüber, etwa um im Betrieb vorhandene Expertise in ihrem Geschäftszweig flexibel einsetzen und ausbauen zu können. Dabei könnte die Innovationskraft der Tochterunternehmen der Konzernmutter durchaus von Nutzen sein. In Branchen mit hohem Innovationsdruck gründen Konzerne zunehmend Gesellschaften aus oder übernehmen Unternehmen. In heterogenen Unternehmenslandschaften sind die Anforderungen der unterschiedlichen Betriebsteile an ihre Unternehmenssoftware jedoch mitunter grundverschieden.

Andere Branchen, gleiche Herausforderungen

Veränderte Anforderungen in neu erschlossenen Geschäftsfeldern umzusetzen, ist eine branchenübergreifende Herausforderung, der im Bereich der Fertigungsindustrie, aber auch bei Dienstleistungsprodukten zu begegnen ist. Ein Anbieter, der im Endkundengeschäftsbereich (B2C) gut aufgestellt ist, aber seinen Geschäftsanteil im Business-to-Business-Bereich (B2B) vergrößern möchte, wird diese Sparte in der Regel organisatorisch ausgliedern oder ihr zumindest mehr Eigenständigkeit einräumen. Die Frage, ob diese Strategie auch auf die Gestaltung der Geschäftsprozesse übertragen wird, ist dabei von Bedeutung. Die legale Erwartung des B2B-Bereichs ist die freie Gestaltung seiner neuen Produkte und der Markteintrittsstrategie; akzeptiert wäre auch die Notwendigkeit einer Gesamtkonsolidierung der B2B- und B2C-Finanzbereiche. Beschränkungen durch den Konzern sind unter Umständen beim Umsetzen dieser Bemühungen hinderlich, können aber auch nicht ignoriert werden.

Konfliktpotenzial frühzeitig erkennen

Bei unterschiedlichen Interessen von Konzern und Tochterunternehmen können Konflikte auf verschiedenen Ebenen entstehen. Unter Mitarbeitern kann Frustration entstehen, wenn der Neustart eines Geschäftszweiges oder Produktes keine neuen Ideen im Arbeitsprozess zulässt. Auf der Durchführungsebene, insbesondere bei der IT-Unterstützung, muss sichergestellt werden, dass die verfügbaren Software-Systeme die benötigte Flexibilität zur Umsetzung der erweiterten oder neuen Anforderungen aufweisen. Umgekehrt sind individuelle Lösungen in dieser Phase kostspielig und somit riskant, da bei einem neuen Geschäftszweig auch die Möglichkeit des Scheiterns einkalkuliert werden muss. Das Management schließlich steht vor der Herausforderung, die Unternehmensziele Konsolidierung und Produktivitätssteigerung miteinander in Einklang zu bringen. Sowohl die Regulierungs- und Konsolidierungsforderungen des Konzerns als auch die Autonomiewünsche des neuen Geschäftsbereichs lassen sich argumentativ untermauern oder anfechten – es gibt keinen Königsweg zur Konfliktbewältigung.

Unterstützung von kritischen Unternehmensprozessen

Die Lösungsfindung im Bereich der IT-Unterstützung kann jedoch durch einfache Regeln unterstützt werden. Zunächst gilt es, für standardisierbare, statische Prozesse eine konzernweite einheitliche Umsetzung in möglichst einer einzigen Systeminstanz zu erreichen. Dabei gehen übergeordnete Notwendigkeiten, die etwa durch Kostenbelange oder Kennzahlenbildung motiviert sind, Individualisierungswünschen vor. Gerade bei Fertigungsunternehmen ist diese ’strikte Standardisierung‘ weitgehend eingegrenzt auf Bereiche des Finanzwesens und der Beschaffung. Prozesse hingegen, die das Unternehmen vom Wettbewerb abgrenzen, müssen bestmöglich unterstützt werden. Sollte das durch strikte Standardisierung nicht möglich sein, kann eine Bereichsstandardisierung durchgeführt werden, die den folgenden acht Kriterien entsprechen sollte:

  1. Abdeckung der Bereichsanforderungen zu mindestens 80 Prozent
  2. Erfüllung üblicher IT-Standards hinsichtlich Sicherheit, Datensicherung und -wiederherstellung sowie Compliance-Vorgaben
  3. Hohe Individualisierbarkeit etwa in Form von Ergänzungen durch Apps oder releasefeste Individualprogrammierung
  4. Überschaubarer Investitionsumfang
  5. skalierbare Nutzeranzahl im Zweifel auch auf ‚Null‘, falls der neue Geschäftszweig eingestellt werden muss
  6. Planbarer Integrationsaufwand
  7. überschaubarer Schulungsaufwand durch hohe Benutzerfreundlichkeit
  8. Möglichkeit zur Integration in die ’strikten‘ Konzernprozesse

Die ‚letzte Meile‘ mit Individualsoftware schließen

In der Praxis werden bei der Ausgestaltung dieser Systeme oftmals die gleichen Maßstäbe angelegt, wie in Projekten zur Konsolidierung von gewachsenen, heterogenen Systemlandschaften. Dabei wird leider oft vergessen, wie wichtig für den Erfolg eines neuen Geschäftszweiges die Geschwindigkeit und die Akzeptanz der Softwarenutzer sind. Wenn die ‚letzte Meile‘ der geschäftskritischen Anforderungen nicht mit Standardsoftware abgedeckt werden kann, muss individualisierte Software eingesetzt werden.

Der Griff zu einer Cloud-Lösung kann dabei sinnvoller als die Umsetzung in Enterprise Resource Planning-System des Mutterkonzerns sein. Der Cloud-Bereich eröffnet Chancen, den beschriebenen Interessenskonflikt zu mildern, da viele der Systeme bereits hohen Ansprüchen genügen, etwa in Bereichen wie Datensicherheit und Compliance. Die Integration von ‚On-Premise‘ und Cloud-Systemen untersützen manche Hersteller zudem mit vorgefertigten Templates.