Energie, Dampf und Pressluft unter der Lupe
Gezielte Verbrauchserfassung
Wie viel Energie verbraucht die Produktion einer Tonne Käse? Fragen wie diese können die Produktionsverantwortlichen bei Bel Leerdammer durch den Einsatz einer Energiemanagement-Lösung inzwischen beantworten
Im niederländischen Schoonrewoerd, wenige Kilometer von Leerdam entfernt, stellt die Firma Bel Leerdammer inmitten grüner Weiden ihren bekannten Käse her. Process Automation Engineer Arjan van der Vliet und System Engineer Ton Veldkamp sind dabei, eine Übersicht über den Energieverbrauch zu erstellen. Von diesem Wissen ausgehend erfolgt dann die Einführung der IT-Lösung an allen anderen Standorten des Unternehmens. Die Ingenieure haben sich dazu für eine Energie-Monitoring-Lösung als Kern eines breit angelegten Mess-, Erfassungs- und Berichtssystems entschieden, dass zahlreiche Verbräuche erfasst. Die neunte Ausgabe von Rockwell Automations „State of Smart Manufacturing“ Report liefert Einblicke in Trends und Herausforderungen für Hersteller. Dazu wurden über 1.500 Fertigungsunternehmen befragt, knapp 100 der befragten Unternehmen kommen aus Deutschland. ‣ weiterlesen
KI in Fertigungsbranche vorn
Energieintensive Herstellungsprozesse
Die Herstellung von Käse kostet sehr viel Energie. Die Produktion verbraucht eine Menge Dampf und Strom, auch die Klima-überwachung bei der Reifung erfordert viel Energie und der Prozess des Eindampfens der Molke noch viel mehr. Aber die Verantwortlichen bei Bel Leerdammer empfinden unpräzise Aussagen wie ‚viel‘ und ‚eine Menge‘ im Zusammenhang mit Energieverbrauch unakzeptabel. Arjan van der Vliet erklärt dazu: „Wir hatten ein Energie-Managementsystem, aber das funktionierte nicht richtig, und wir wollten den Energieverbrauch den einzelnen Schritten der Produktion zuordnen können. Jetzt können wir für jeden Schritt die Energiekosten ermitteln und in die Kosten- und Preisberechnung des Endproduktes mit einbeziehen.“
Für die Erfassung von Energie- und Betriebsmittelverbräuchen setzt der Nahrungsmittelhersteller ein Energiemanagementsystem des Anbieters Novotek ein, das auf die beiden Module Proficy Historian und Proficy Plant Applications von GE Intelligent Platforms aufsetzt. Das neue System sorgt für eine automatische Erfassung der im Umfeld der Produktion anfallenden Verbräuche. Im Gegensatz zur manuellen Datenerfassung verhindert dieses Vorgehen zum Einen Fehler, außerdem wird eine größere Regelmäßigkeit beim Dokumentieren der Messwerte erreicht. „Unser Computer protokolliert die wöchentlichen Daten jeden Montag, also auch am Ostermontag, und damit gehören die extra ‚teuren‘ Acht-Tage-Wochen, die die alte manuelle Statistik durcheinanderbrachten, der Vergangenheit an“, sagt Systemingenieur Veldkamp. Der Thin[gk]athon, veranstaltet vom Smart Systems Hub, vereint kollaborative Intelligenz und Industrie-Expertise, um in einem dreitägigen Hackathon innovative Lösungsansätze für komplexe Fragestellungen zu generieren. ‣ weiterlesen
Innovationstreiber Thin[gk]athon: Kollaborative Intelligenz trifft auf Industrie-Expertise
Auswirkungen auf die gesamte Produktion
Allerdings ist Energiemanagement mehr als nur das Anbringen von ein paar Zählern und das Erfassen der Daten. Es kostet viel Mühe, dafür zu sorgen, dass das System gut läuft. „Das gilt beispielsweise für das Ersetzen von Zählern: Wenn der neue Zähler eine andere Skalierung hat, muss die Konfiguration der Software daran angepasst werden. Sonst produziert das System nämlich nur das berühmte ‚Garbage in, Garbage out‘ und keine zuverlässigen Statistiken“, erklärt Automationsingenieur van der Vliet. Die beiden Fachleute sind der Ansicht, dass ein Projekt nur dann erfolgreich sein kann, wenn es von der Produktionshalle bis zur Direktion getragen wird. Damit ist das Einführen eines nachhaltigen Energiemanagments weniger eine Frage der eingesetzen Technik, als eine der inneren Einstellung. „Es reicht nicht, morgens und nachmittags den Stromverbrauch zu messen. Der Verbrauch hat auch Konsequenzen, und zwar nicht nur für einen bestimmten Teil der Produktion, sondern unter Umständen sogar für die gesamte Produktion. Vielleicht ist es vorteilhafter, die Produktion ein paar Stunden stillzulegen, als ein Produkt zu einem niedrigeren Preis verkaufen zu müssen.“
Zischender Alarm signalisiert Druckverlust
Das Endziel des Projektes ist es, sowohl dem Schichtleiter als auch dem Management sofortige Einblicke in den Verbrauch zu geben. Außerdem geht es darum, „gleichzeitig den Produktionsprozess zu kontrollieren. Wenn man durch die Fertigungshallen läuft, hört man es überall zischen: Aus kleinen Löchern, so groß wie ein halber Stecknadelkopf tritt Dampf aus. Früher haben wir, anstatt die Ursache des Druckverlustes zu suchen, einfach den Kompressor höher eingestellt“, erläutert Veldkam. Mit dem neuen System strebt Bel Leerdammer seinen Aussagen nach nun einen sparsameren und weniger energieverbrauchenden Produktionsprozess an.