Der Mensch ist nach wie vor eines der größten Sicherheitsrisiken in Industrie und Produktion. Dabei muss es nicht zu Katastrophen kommen, dennoch können auch kleine Fehler große Wirkung auf Produktionskosten, Produktqualität, Gesundheit und Umwelt haben, besonders in der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Trainings am virtuellen Modell können die Sicherheit im Umgang mit komplexen Anlagen erhöhen.
Bild: Invensys
Um Unfällen und Problemen vorzubeugen, kommen in Industriebetrieben so genannte Operator Training-Simulatoren (OTS) zur Schulung von Bedienern im sicheren Umgang mit Anlagen und Anlagenprozessen zum Einsatz. Dabei wird die reale Anlage in einem genauen Anlagenmodell abgebildet. Als Datenquellen kommen hierfür Massen- und Energiebilanzen, Stoffdaten und thermodynamische Modelle zum Einsatz. Diese werden mit Echtzeitdaten der Anlage validiert oder bei Neuanlagen gegen die Auslegungsdaten abgeglichen. Gleichzeitig simuliert die Software die Leittechnik, damit das Produktionspersonal in einer möglichst realitätsnahen Umgebung geschult werden kann. In solchen Trainingsszenarien können das An- und Abfahren, der normale Betrieb aber auch unerwartete Vorfälle und Anlagenstörungen simuliert werden, um dem Mitarbeiter auf Stresssituationen vorzubereiten.
Vom Leitstand in die virtuelle Anlage
Die wesentlichen Überwachungs- und Steuerungsvorgänge an Anlagen finden in der jeweiligen Messwarte statt, daher beschränken sich die meisten Anbieter von Operator Training-Simulatoren auf diesen Bereich. Beim Anfahren einer Anlage können allerdings bis zur Hälfte der Mitarbeiterarbeiten in der eigentlichen Anlage, also im ‚Feld‘, stattfinden. Hier stoßen OTS-Systeme an ihre Grenzen, denn sie können Aktivitäten in der Anlage, wie das Bedienen und Beobachten von Steuerungen und Anlagenprozessen im Feld, nur sehr rudimentär abbilden. Zudem kann auch das Zusammenspiel zwischen den Anlagenfahrern in der Messwarte und den Anlagenfahrern in der Anlage, dem Feld, in einem OTS nicht geschult werden. Die Arbeit in der Anlage wird bisher hauptsächlich in Lehrgängen und Seminaren geschult, die vorwiegend theoretisches Wissen vermitteln und damit kaum Vorbereitung auf Stresssituation bieten können. Ohne ein physisches Modell, welches das virtuelle Bedienen der Anlage gestattet, lässt sich ein Training von Anlagenfahrern im Feld allerdings nur sehr beschränkt umsetzen.
Die Lücke zwischen Leitstand- und Feldtraining schließt das Eyesim-System von Sim Sci-Esscor, einer Marke von Invensys Operations Management. Die Lösung stellt Trainern und Mitarbeitern eine virtuelle Umgebung zur Verfügung, in der die gesamte Betriebsmannschaft – inklusive Anlagenfahrer, Schichtführer, Produktionsleiter, Ingenieure – zusammen mit der Wartungsmannschaft im Team trainiert werden kann. Aufbauend auf einer OTS-Architektur bietet das System eine virtuelle, dreidimensionale Anlagendarstellung. Damit steht neben der virtuellen Leitwarte auch das gesamte Feld als 3D-Umgebung für Übungen zur Verfügung. Genau wie bei einem konventionellen OTS-System haben dabei alle Aktionen in der virtuellen Umgebung Einfluss auf das dynamische Prozessmodell: Anlagenfahrer in der Warte und in der Anlage müssen wie in der realen Welt gemeinsam handeln, um eine Aufgabe erfolgreich zu lösen. Hier können sie lernen, nicht nur alltägliche Aufgaben zu bewältigen, sondern auch Reaktionen in Notfällen und unter Ausnahmebedingungen ohne Risiko trainieren – beispielsweise bei Feuer in der Anlage oder unter reduzierter Sicht wegen eines Wasserschleiers. Diese Trainingsart spart im Durchschnitt 30 bis 40 Prozent der Kosten, die ein Training an realen Anlagen kosten würde. Der Einsatz des Systems als Add-on einer bestehenden OTS-Lösung einzusetzen, kostet etwa 40 bis 70 Prozent des Preises der OTS-Lösung und ist unabhängig vom Hersteller des bestehenden OTS-Systems.
Operator Trainings System im Einsatz bei der SKW Piesteritz Stickstoffwerke GmbH: Die Trainer-Station im Vordergrund steuert die Simulationsbedingungen an den Trainee-Stationen. Bild: SKW
CAD-Daten und 3D-Scans als Trainingsgrundlage
Um die Anlage virtuell ‚aufzustellen‘ kommen CAD-Daten oder 3D-Laserscans der Anlage zum Einsatz, zusätzlich wird das Feld abfotografiert. Diese Fotos legt das Programm über die 3D-Daten und berechnet dann Lichteffekte und Texturen. Hindernisse wie Wände oder Rohre muss der Programmierer festlegen. Der Aufbau einer virtuellen Anlage dauert dabei zwischen einem und sechs Monaten, die Lösung arbeitet auf Standard-PC-Hardware. Abhängig von der Anwendung läuft das System auf einem bis 30 Rechnern – abhängig von der Zahl der zu schulenden Personen und der Tiefe der Prozess- und Leitsystem-Simulation.
Von der Einzelschulung bis zur Gruppensimulation
Unternehmen, die den Einsatz einer virtuellen Trainingslösung planen, sollten bei der Auswahl und Einführung beachten, dass Operator Training-Simulatoren den besten Nutzen erzielen, wenn sie in einem umfassenden Trainingskonzept eingesetzt werden. Dazu können innerhalb eines Eyesim-Systems Trainingsszenarien definiert werden, anhand derer die Anlagenfahrer je nach Wissensstand einheitlich geschult werden. Im Verlauf einer Einzelübung bewegen sich die Schulungsteilnehmer als ‚Avatar‘, also als grafischer Stellvertreter einer Person, wie in einem Computerspiel durch die Anlage und können Apparate und Instrumente in Echtzeit bedienen. Für die möglichst relitätsnahe Gestaltung der Schulungssituation stehen auch Alternativen zur Darstellung auf dem PC-Monitor zur Verfügung: Im so genannten ‚Cave‘ agieren mehrere Personen vor rückprojizierten Wänden, die Simulationsumgebung lässt sich aber auch mit stereoskopischen Headsets darstellen. Auch freistehende Systeme lassen sich in Trainings einsetzen: Der italienischer Erdöl- und Energiekonzern Eni S.p.A. hat dazu an Eingängen zur Leitwarte und Kantine sogenannte Eyesim-Kiosks aufgestellt. Daran können Mitarbeiter ausgewählte Szenarien im Trainings- oder Prüfungsmodus bearbeiten. Die Bedienung erfolgt ähnlich wie in einem Computerspiel per Joysick, das Training wird zum Spiel oder ‚Serious Game‘. Bei der Schulung von mehreren Mitarbeitern erfolgt das Training in der Regel in zwei separaten Räumen, die Leitwarte und Feld simulieren. Der Trainer kann dabei auch per Mobilgerät eingreifen und Umweltbedingungen wie Nebel, Wind oder Regen einstellen. Neben der reinen Bewegunssimulation gestattet das virtuelle Modell dem Anwender auch, im Feld auf Informationen aus der Leitwarte zuzugreifen. Der Anwender kann bei Bedarf etwa Füllstände einblenden oder Destillationskolonnen sowie Kontextfenster öffnen, um die Funktionsweise einer Anlagenkomponente zu zeigen.
Ein Operator von Eni S.p.A. trainiert Bewegungen und Arbeitsschritte in der Anlage an einem der Eyesim Kiosks des Unternehmens. Bild: Eni S.p.A.
Seit der Markteinführung im Jahr 2009 befindet sich das Eysim-System unter anderem in der Öl- und Gasindustrie, in Raffinerien sowie Chemie- und Nuklearanlagen im Einsatz. Das System eignet sich besonders auch für die Chemie- und Pharma-Industrie, das sich deren Fertigunsabläufe mittels Simulationsmodellen umfassend beschreiben lassen. Aber auch Unternehmen wie die SKW Piesteritz Stickstoffwerke GmbH arbeiten einen Invensys Operator Training Simulator, etwa um das Wissen erfahrener Mitarbeiter an jungen Kollegen weiterzugeben – und so dem Wissenverlust durch den Austritt von immer mehr Ruheständler entgegen zu wirken.
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