eCl@ss Advanced
Ein Standard öffnet Türen
Ob es nur eine Geschmacksfrage ist oder die ganz eigene Philosophie, die meisten Planer bevorzugen für die Erstellung ihrer Projektentwürfe ein ganz bestimmtes CAE-Programm (Computer Aided Engineering). Diese schlichte Tatsache führt zu einer ganzen Reihe von Problemen. Der standortübergreifende Austausch von Projekten leidet, Produktdaten können nicht automatisiert in die Tools geladen und damit nutzbar gemacht werden. Der offene Standard eCl@ss Advanced ist ein Schlüssel, um der Kommunikation von Systemen verschiedener Hersteller Tür und Tor zu öffnen.
Laut des Digitalverbandes Bitkom nahm der mit Industrie 4.0 erwirtschaftete Gewinn im deutschen Markt vergangenes Jahr um ein Fünftel zu und betrug absolut etwa 5,8 Milliarden Euro. Für 2018 geht der Bitkom von sogar sieben Milliarden aus. Dennoch ist das Potenzial bisher keinesfalls ausgeschöpft. Und das liegt auch an der Uneinigkeit von Softwareanbietern und den Herstellern von Produktkomponenten. Ein Beispiel: Unternehmen X entwickelt Schaltschränke und sonstige kleinere Niederspannungsanlagen. Dafür arbeitet es mit Unternehmen Y zusammen, das für Unternehmen X bereits erste vorkonfigurierte Komponenten produziert. Das heißt, die Elektroingenieure von X und Y müssen in regelmäßigem Austausch zueinander stehen, um CAE-Projekte gegenseitig öffnen, analysieren, kommentieren und natürlich auch in ihre eigene CAE-Software importieren zu können. Die auftretenden Medienbrüche zwischen inkompatiblen Systemen verursachen immer wieder Probleme kosten somit Effizienz. Die neunte Ausgabe von Rockwell Automations „State of Smart Manufacturing“ Report liefert Einblicke in Trends und Herausforderungen für Hersteller. Dazu wurden über 1.500 Fertigungsunternehmen befragt, knapp 100 der befragten Unternehmen kommen aus Deutschland. ‣ weiterlesen
KI in Fertigungsbranche vorn
Standardisierte Produktdaten nutzen
Ein weiteres und noch gewichtigeres Beispiel: Unternehmen X arbeitet mit einer ganz bestimmten CAE-Lösung und möchte für ein neues Projekt Produktdaten eines renommierten Komponentenherstellers abrufen, um diese in der Planung nutzen zu können. Oftmals hindern auch hierbei Medienbrüche einen automatisierten Prozess. Die Planer müssen also Zeit investieren, um die benötigten Produktdaten manuell zu recherchieren und händisch in das Projekt einzupflegen. Vor allem das letzte Beispiel zeigt, dass sich die wirtschaftlichen Potenziale von Industrie 4.0 erst voll ausschöpfen lassen, wenn alle Produktdaten in einem offenen Standard vorliegen.
Es kann funktionieren
An dieser Stelle verdeutlicht ein Positivbeispiel, welchen Mehrwert sich mit durchgängigen Prozessen im Sinn einer Industrie 4.0 erzielen lässt: So wäre die robotergestützte Produktion in ihrer konsequenten Ausprägung ohne standardisierte Produktdaten gar nicht umsetzbar. Ein Fertigungsroboter benötigt für seine Arbeit immer auch exakte Informationen über das Werkstück, an dem er tätig ist – sei es, dass Komponenten gelötet, geschnitten oder anders modifiziert werden. Solche Produktdaten umfassen beispielsweise grundlegende Informationen wie Längenmaße und Materialeigenschaften, aber auch das Verhalten der Komponente bei Erwärmung. Erst durch diese Informationen lässt sich vollständig automatisiert produzieren. Und das ist keinesfalls Utopie: Bereits jetzt übernehmen einige Vorreiter in Sachen Industrie 4.0 bei der robotergestützten Fertigung ihrer Produkte alle benötigten Daten automatisiert. Sie zeigen damit, auf welchen Pfaden man zur Smart Factory gelangen kann. Hierbei darf jedoch nicht vergessen werden, dass letztlich etwas auf dem Papier vergleichsweise Unspektakuläres erst die nötigen Voraussetzungen für den durchgängig automatisierten Prozess geschaffen hat: offene Standards. Der Thin[gk]athon, veranstaltet vom Smart Systems Hub, vereint kollaborative Intelligenz und Industrie-Expertise, um in einem dreitägigen Hackathon innovative Lösungsansätze für komplexe Fragestellungen zu generieren. ‣ weiterlesen
Innovationstreiber Thin[gk]athon: Kollaborative Intelligenz trifft auf Industrie-Expertise
Ausblick
Das Potenzial standardisierter Daten erschöpft sich für den CAE-Markt aber keinesfalls im Produktionskontext. Auch integrierte und hochkomplexe Projekte anderer Branchen profitieren von ihnen. Innerhalb der Forschungsgruppe ‚Service Flow‘ der Technischen Universität Dresden beschäftigen sich Akteure aus Forschung und Wirtschaft mit der Entwicklung einer offenen Dienstleistungsplattform entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Smart Buildings. Hier ist die größte Herausforderung die nahtlose Zusammenarbeit von Architekten und Elektroingenieuren. So müssen etwa die Informationen, wo später die Bedieneinheiten für die vernetzte Beleuchtung verlaufen und welche Wärmeentwicklung diese mit sich bringen, bereits bei der architektonischen Planung berücksichtigt werden. Auch hier sind Standards wie eCl@ss Advanced unerlässlich. Wegen der entscheidenden Rolle, die eCl@ss Advanced im Bereich der vernetzten Gebäude einnimmt, hat sich unlängst eine eCl@ss Advanced Taskforce gebildet, die gemeinsam mit der Non-profit-Organisation BuildingSmart International arbeiten wird. Das Ziel der Kooperation ist es, die digitale Planungsplattform Building Information Modeling (BIM) attraktiver zu gestalten.