Variantenkonfiguration

Umstieg auf das
Variantenmanagement

Tools zum Variantenmanagement in Verbindung mit der entsprechenden Produktmodellierung und Infrastruktur gehören heute in den Standard-Werkzeugkasten vieler Unternehmen. Welche Grundlagen und welche Infrastruktur sind notwendig?

Ganzheitliches Produktmodell dargestellt mit dem Inkas RuleDesigner von IT-Motive. (Bild: IT-Motive AG)
Ganzheitliches Produktmodell dargestellt mit dem Inkas RuleDesigner von IT-Motive. (Bild: IT-Motive AG)

Die Produktkomplexität steigt, weil die Anzahl und Durchschlagskraft der Treiber immens zunimmt. Der Wunsch nach kundenspezifischen Produkten (Customization), die Digitalisierung sowie der zunehmende Anteil von Elektronik und Software in den Produkten steigert die Komplexität. Mit der Digitalisierung geht ein starker Veränderungsdruck auf die Unternehmen, Produkte und auch auf die Softwarehersteller einher. Unternehmen erweitern ihr Portfolio um IT-basierte Services. Produkte, die früher nur aus Mechanikkomponenten bestanden, werden jetzt intensiv mit Elektronik, Sensoren und Software aufgewertet. Die Entwicklungsdynamik und der Technologiewandel tun in einigen Branchen wie der Automobilindustrie ihr übriges. Produktbaukästen und Plattformstrategien in Verbindung mit Variantenmanagement ermöglichen es, die Komplexität zu beherrschen. Hohe Produktindividualisierung durch die Kombination von Grundelementen nach dem Lego-Prinzip ermöglicht es auch bei beschränktem Ressourceneinsatz, effizient und effektiv über die gesamte Prozesskette zu wirtschaften. Dementsprechend setzen immer mehr Unternehmen auf Tools für Variantenmanagement.

Tools für jede Domäne

Bei der Produktentstehung werden gerade im Engineering diverse Tools etwa für die CAD-Modellierung in unterschiedlichen Technologien (parametrisch, direkt, synchron) und Strategien (Top-Down, Buttom-up, Middle-out) eingesetzt. Dabei hat sich für komplexe Produkte die Integration von Produktstruktur-Information in das Modell als vorteilhaft herausgestellt, insbesondere im Änderungsfall. Auch beim Anforderungsmanagement und der Festlegung des eigentlichen Produktbaukastens auf Basis der verschiedenen Requirements wird häufig auf diverse Spezialsoftware zurückgegriffen. PDM-Systeme sollen die zentrale Datenhoheit unternehmensweit sicherstellen. Marketing und Vertrieb nutzen Produkt-Informations-Systeme. Diese sind üblicherweise inhaltlich ausschließlich mit Vertrieb-/Marketing- relevanten Informationen verbunden, während das PDM-System meist in hoher Symbiose mit dem Engineering passend zum CAD-System positioniert wird.

Fallstrick Spezialisierung

Theoretisch sind alle Tools und damit auch die Abteilungen miteinander vernetzt, praktisch allerdings oft nicht. Die Inhalte passen nicht zusammen. Ein Produkt wird in jedem Bereich anders und inkonsistent beschrieben. So passen dann z.B. die 3D-CAD Modelle nicht zu den Maßzeichnungen im Angebot, und die Produktbeschreibung aus dem PIM-System nicht zu dem auf der Kundenauftragsbestätigung angedruckten Positionstext, welcher aus dem SAP ERP-System stammt. Schlanke und somit Internettaugliche 3D-Visualisierungsmodelle können für einzelne Varianten nur nach langer Vorlaufzeit und nicht ad-hoc zur Verfügung gestellt werden. Die exzellente Aufstellung hinsichtlich Knowhow und Tooling bezogen nur auf die einzelnen Unternehmensbereiche reicht für die zielführende Nutzung der Variantenkonfiguration in Summe nicht aus. Oft hindert sogar unbedachtes und unangemessenes over-engineering den effizienten Einsatz der Variantenkonfiguration. Konsistenzsicherheit, hohe Datenqualität und adäquate vernetzte Infrastruktur und Software sind notwendig.

Erfolgsfaktor Vernetzung

Schnittstellen sind aufgrund der Leistungsfähigkeit der heutigen IT und z.B. bei Nutzung einer losen Kopplung technologisch stabil. Daher bietet sich schon auf Basis der bestehenden Situation und Architektur an, ein allgemein verständliches und leicht einsehbares, ganzheitliches Produktmodell zu nutzen. Dieses sollte mit den Detailmodellen verknüpft sein und übergreifendes Versions- und Releasemanagement unterstützen. Spezialsysteme mit hohem Schulungsaufwand könnten den unternehmensweiten Austausch behindern und wieder ein realitätsfernes Experten-Silo schaffen. Daher ist eine leicht verständliche, visuell orientierte Bedienung ohne IT-Hürde notwendig. Der Umstieg auf die toolgestützte Variantenkonfiguration ist in vier Schritte gegliedert:

  • •  Eine System-/Objektmodell-Architektur erstellen, bestehend aus einem übergreifenden Produktmodell mit Verbindung zu den Spezialmodellen für PDM/CAD, ERP, PIM und so weiter,
  • •  für jedes Spezialmodell ein führendes System definieren,
  • • ein umfassendes und ganzheitliches Versionsmanagement nutzen,
  • • die Variantenkonfiguration einführen und nutzen.

Vorarbeit schafft Sicherheit

Die im Unternehmen eingesetzten Softwaresysteme wandeln sich derzeit stark und wirken öfter disruptiv. Doch selbst wenn das Budget für größere Umstellungen, wie z.B. auf S/4HANA, vorhanden ist, sollte ihnen die notwendige Basisarbeit vorausgehen, um die Erfolgsaussichten zu verbessern. Ein realistischer Blick auf die Datensituation, IT-Infrastruktur und die Qualität der Daten- und Tool-Integration ist grundsätzlich für die Entscheidung, größere Umstellungen oder Systemeinführungen anzustoßen. Um den Ist-Zustand und die Ziele zu bestimmen, hilft die Darstellung eines übergreifenden Gesamt-Produktmodelles. Über dessen Modularisierung kann von dem Gesamtbild stufenweise in die Details gegangen werden. Das schafft Sicherheit bei Investitions-, Produkt- und Projektentscheidungen in Zeiten hochdynamischen Wandels. n ist Vorstand bei der IT-Motive AG.