Schall-Analyse in der Produktentwicklung

Zum guten Ton

Klang, Lärm oder Vibration: Wenn Produkte hör- oder spürbar werden, sind Entwickler gefragt, das Phänomen einzugrenzen, zu verstehen und zu optimieren. Auch Simulationstechnologien können dann einen wichtigen Beitrag leisten, um frühzeitig eventuelle ‚Schwachstellen‘ zu erkennen und zu beseitigen.

Bild: MAN Diesel & Turbo SE

Schall begegnet uns in unterschiedlichen Formen und erreicht uns auf verschiedenen Wegen. Mal entsteht er als Strömungsgeräusch durch Wirbelablösung und Turbulenz, als sogenannte Aero- oder Hydroakustik, mal durch Vibration von Körpern, der sogenannten Vibroakustik. Der Schall breitet sich zum Beispiel in Gebäuden oder Fahrzeugen zunächst als Körperschall aus, bevor er von den Oberflächen in das umgebende Medium abgestrahlt wird. Durch die Kombination dieser Erscheinungsformen wurde der Begriff Noise, Vibration and Harshness (NVH) geprägt. Meist erreicht uns der Schall jedoch durch die Luft als Luftschall. Auf beiden Wegen hat der Ingenieur die Möglichkeit, die Schallwellen zum einen zu detektieren, zum anderen auch, sie zu beeinflussen oder zu dämpfen.

So kann auf dem Prüfstand die Vibration durch Beschleunigungsaufnehmer gemessen und, möglichst in einem reflexionsarmen Raum, der Schalldruck über Mikrofone aufgezeichnet werden. Um Aussagen über Herkunft, Verteilung und Schallleistung zu treffen, muss dabei mit einer hohen Anzahl von Mikrofonen und speziellen Auswerteverfahren gearbeitet werden. Akustische Messungen zur Bestimmung des Schalldrucks und Schallleistungspegels erfordern daher in der Produktentwicklung oft hohen Zeit- und Kostenaufwand. Mit Hilfe einer Simulation können Anwender schnell tiefe Einblicke in das akustische Feld erhalten, die mit traditionellen Messungen – wenn überhaupt – nur mit erheblichem Aufwand erzielt werden können.

Fast alle Disziplinen der Physik

Die große Bandbreite möglicher Aufgabenstellungen in der Akustik erstreckt sich über fast alle physikalischen Disziplinen. Eine Herausforderung, der beispielsweise mit der Ansys Workbench-Umgebung begegnet werden kann. Etwa im Instrumentenbau: Der Klang eines klassischen Musikinstrumentes basiert auf Resonanzen von Struktur und Luftvolumina, die gut aufeinander abgestimmt sein wollen. Eine Kombination aus modaler und harmonischer Analyse in dem Tool ‚Mechanical‘ ermöglicht dem Instrumentenbauer, sich bei gleichem Klang von klassischen Instrumentenformen zu lösen oder bekannte Formen weiterzuentwickeln. Ein Hörgerät arbeitet meist mit sehr dünnen Kanälen, die den Schall in das Ohr transportieren. Die viskothermischen Verluste in diesen Kanälen können durch Simulation bestimmt und optimiert werden. Die Lärmentwicklung an einem PKW-Außenspiegel aufgrund der Umströmung lässt sich mit Hilfe von ‚Ansys CFD‘ analysieren.

Dabei werden die akustischen Quellen mit Hilfe von Large Eddy Simulation-Turbulenzmodellen (LES) bestimmt. Bei einem Elektromotor führt die Anregung durch elektromagnetische Kräfte zur Strukturvibration und schließlich zur Schallemission. Nachdem die elektromagnetischen Kräfte in dem Tool ‚Maxwell‘ ermittelt wurden, werden diese in ‚Mechanical‘ auf die Struktur aufgeprägt und anschließend in die akustische Ausbreitungsrechnung übertragen. Der Prozess bildet den gesamten Weg von der elektronischen Ansteuerung bis hin zum Schallleistungspegel ab und bietet die Möglichkeit, diesen gezielt zu reduzieren. Erwünscht ist dagegen die Schallerzeugung in einem Lautsprecher. Das Zusammenspiel von elektromagnetischem Treiber, Membran, Gehäuse und Dämmmaterial kann ebenfalls durch die Simulation analysiert und verbessert werden. Zusätzlich lässt sich die Software ‚Optislang‘ zur parametrischen Sensitivitätsanalyse und multidisziplinären Optimierung nutzen.