‚Predictive Analytics‘ als Werkzeug für Fertigungsbetriebe

Vorausschauend agieren

Daten und beispielsweise Stanz- und Biegeteile haben eine gemeinsame Eigenschaft: Sie treten in Massen auf. Doch anders als in Serie gefertigte Teile sind Daten heterogen und stammen aus unterschiedlichen Quellen. Um sie in Form zutreffender Prognosen zu nutzen, müssen sie strukturiert werden. Diese Aufgabe übernimmt Predictive Analytics Software. Die Systeme erkennen Muster in ‚Big Data‘-Volumen und gewinnen daraus Erkenntnisse etwa für die Unternehmens- und Produktionssteuerung.

Bild: Blue Yonder

Das Beratungshaus Gartner zählt Predivtive Analytics und Big Data zu den Top-IT-Trends 2012. Dabei handelt es sich beim Umgang mit den immer größeren Datenmassen weniger um ein IT-Thema als vielmehr um eine drängende Frage, die sich für Fertigungsunternehmen ebenso wie für Betriebe aus anderen Branchen stellt: Wie lassen sich Daten aus verschiedenen internen und externen Quellen aufbereiten und auswerten? Zu den möglichen Quellen für Auswertungen zählen Enterprise Resource Planning-Systeme (ERP) genauso wie Anwendungen für das Customer Relationship Management (CRM), Manufacturing Execution-Systeme (MES), Sensoren in den Maschinen und in der Betriebsumgebung sowie externe Quellen wie Datenbanken und Wirtschaftsindizes: Jedes Unternehmen kann zur Steuerung seiner operativen Prozesse auf eine gigantische Datenmenge zugreifen.

Hebel für mehr Produktivität: Analyse von Big Data

Gartner-Analyst Simon Jacobson erläutert: „Die meisten Herstellungsbetriebe wollen sich heute über eine nahtlose Integration in die Lieferkette fester in den Kundenprozess integrieren – und das erfordert einen transparenten Produktionsprozess, bei dem alle Lieferanten- und Abnehmerdaten in Realtime verfügbar sind.“ Uwe Weiss, Geschäftsführer des Softwareanbieters Blue Yonder, ergänzt: „Daten zu sammeln, ist der erste Schritt.

Darüber hinaus kommt es darauf an, die Daten zu deuten. Relevante Muster und Einflussfaktoren gilt es, von Unwichtigem zu scheiden.“ Sind diese beiden Bedingungen gegeben, könne sich die Analyse von Big Data als enormer Hebel für die Produktivität erweisen. So lassen sich etwa auf der Basis von historischen Daten und externen Faktoren wie beispielsweise Wirtschaftsindices die Absätze von Artikeln prognostizieren.

Auf dieser Informationsgrundlage können Unternehmen auch Materialbeschaffung und Fertigung präzise steuern, um durchgehend lieferbereit zu bleiben und ihre Lagerhaltungskosten zu reduzieren. Und wenn kurzfristige Beschaffungsaktionen weitgehend vermieden werden, sinken in der Folge die Transport- und Logistikkosten. Dazu bedarf es allerdings einer Software, die extrem große Datenmengen bearbeiten kann und eine Vielzahl von Faktoren zueinander in Beziehung setzt. Fertigt etwa ein Drahtverarbeiter mit einem Kundenstamm von 400 Unternehmen Serien mit bis zu 200.000 Stück, kommt im Zusammenspiel der Daten aus Produktion, Kundenmanagement und Marktprognosen schnell eine riesige Menge zu analysiernder Informationen zustande.

Abschlusswahrscheinlichkeit auf den Lead genau

Anders stellt sich die Situation bei Einzelfertigern oder Produzenten kleiner Losgrößen dar. Hier kann Predictive Analytics vor allem darin unterstützen, Sales Opportunities und zu erwartende Umsätze sicher zu bewerten. Beim Sales Pipeline Forecasting wird der Umsatz zum Ende des Quartals anhand des Umsatzpotenzials pro Kunde aus dem CRM-System prognostiziert.

Pro Lead ermittelt das System dazu eine individuelle Abschlusswahrscheinlichkeit in Prozent. Dabei kann es auch vorkommen, dass die Prognose ein etwas anderes Bild vermittelt als das, welches der Vertriebsmitarbeiter hat. Uwe Weiss: „Durch valide, statistische Verfahren ermittelte Ergebnisse sind in der Regel robust, stabil und nah am tatsächlichen Quartalsergebnis. Denn anders als ein Vertriebsmitarbeiter, der die Leads häufig durch seine eigene ‚Brille‘ betrachtet, ist Software vollkommen objektiv. Sie analysiert einfach Daten.“ So sei es beispielsweise irreführend anzunehmen, dass die Abschlusswahrscheinlichkeit mit dem Fortschritt des Vertriebsprozesses steigt, da Interessenten bei Investitionsgütern in der Regel mehrere Angebote einholen.

Für die Beurteilung des Vorgangs spielen hingegen unter anderem Faktoren wie Änderungen über die Zeit, Wechsel des Vertriebsmitarbeiters oder des Ansprechpartners auf Kundenseite oder auch, wie lange der letzte Kontakt zurückliegt, eine Rolle. So lässt sich auf Basis einer softwaregestützen Analyse schnell die eine oder andere ‚Karteileiche‘ aussortieren. Neben Eingaben aus dem CRM-System lassen sich für solche Prognosen eine Reihe externer Faktoren heranziehen, darunter Daten zur Entwicklung des weltweiten Wirtschaftsklimas, Branchen- und Einkäuferindizes.