Hilfsmittel für mehr Nachhaltigkeit

Wissen, was in die Flasche fließt

Energiedatenmanagementsysteme sollen dabei helfen, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Die Sektkellereien von Rotkäppchen-Mumm setzen seit 2014 auf ein solches System. Bis dato wurden Energiedaten noch manuell erfasst. Per Software gelang es, Energiedaten aus verschiedenen Quellen zu konsolidieren.

Für Rotkäppchen-Mumm spielt nicht nur die Kohlensäure in ihren Sektflaschen eine wichtige Rolle sondern auch, wie viel CO2 und Energie in die Herstellung jeder Flasche geflossen ist. Seit seiner Gründung 1856 hat sich das Unternehmen zu einem führendem Anbieter von Sekt, Wein und Spirituosen in Deutschland entwickelt.

Energiedatenmanagement eingeführt

Mit der Erhöhung der EEG-Umlage im Jahr 2014 und den damit verbundenen Klimaschutzvereinbarungen zwischen der deutschen Wirtschaft und der Bundesregierung begannen auch die Sektkellereien mit der Einführung eines Energiemanagementsystems nach ISO50001. Investitionen in neue Produktionsanlagen sollten durch eine Energiedatenmanagementsoftware begleitet werden, mit der Einspar- und Optimierungspotenziale transparent sichtbar werden sollten. Am Ende des Auswahlprozesses entschieden sich die Verantwortlichen schließlich für das Isys Energiedatenmanagement von MAR Marine- und Automatisierungstechnik Rostock.

Erfassung in Tabellen

„Zum Zeitpunkt des Projektstarts war es nicht nur bei Rotkäppchen-Mumm üblich, Energiedaten anhand manuell gepflegter Tabellen zu erfassen“, berichtet Kristian Richter, damals Softwareentwickler im Projekt und heute Geschäftsführer des Bereichs Industriesoftware bei MAR. Gemeinsam mit dem Isys-Entwicklungsteam und den Verantwortlichen der Sektkellereien wurde die Vision einer Software entwickelt, die Zählerstände nicht nur erfassen, sondern auch nach bestimmten Vorgaben verarbeiten und darstellen können sollte. Basisanforderungen, wie die Vergleichbarkeit von Standorten, Darstellung der Anlagen- und Messstellenhierarchie oder die Erstellung normkonformer Berichte wurden schnell gefunden. Weitere auf Rotkäppchen-Mumm zugeschnittene Anforderungen, z.B. die eventbasierte Benachrichtigung per Mail oder SMS bei Überschreitung bestimmter Messwerte, konnten agil im Entwicklungsprozess umgesetzt werden. Insgesamt fokussierte man die Anforderungen und Systemfunktionen darauf, mit Hilfe der automatisiert erfassten und aufbereiteten Daten zukünftig Einsparpotenziale ableiten zu können und die Zertifizierungen für Energieaudits und das Energiemanagementsystem zu unterstützen.

Datenquellen konsolidieren

Die MAR unterstützte die Sektkellerei von der Analyse und Konzipierung des Anlagen- und Messstellennetzes bis hin zur Installation und Integration der Hard- und Softwareinfrastruktur. Das Energiedatenmanagement wurde auf die Aveva Systemplattform aufgesetzt. Mittels eines Application Servers wird der Aveva Historian als Datenerfassungs- und Speicherungssystem mit einer klassischen relationalen Datenbankverwaltung vereint. So gelang es, im Energiedatenmanagement Informationen aus verschiedenen Datenquellen zu konsolidieren und trotz stetig wachsender Datenmengen Auswertungen zu gestalten. Auch die Integration der Erfassung und die Verarbeitung von Messwerten aus der vorhandenen inhomogenen Zählerinfrastruktur mit unterschiedlichen Kommunikationsprotokollen wurde auf diese Weise möglich. Als Teil der MES-Systemplattform konnten zudem die Energiedaten und Produktionsdaten in einen gemeinsamen Kontext gesetzt werden. Dies ermöglichte es, den Energieaufwand auf einzelne Produktionsaufträge und -einheiten zu beziehen.

Mit dem Isys-Energiedatenmanagement werden bei Rotkäppchen Energiedaten systematisch erfasst, ausgewertet und visualisiert. (Bild: Marine- und Automatisierungstechnik Rostock GmbH)
Mit dem Isys-Energiedatenmanagement werden bei Rotkäppchen Energiedaten systematisch erfasst, ausgewertet und visualisiert. (Bild: Marine- und Automatisierungstechnik Rostock GmbH)

Testphase und weiterer Rollout

Nach einem ersten Rollout und einer Testphase am Standort in Freyburg folgte die Installation an vier weiteren Produktionsstandorten. Dabei wurde an jedem Standort eine eigenständige Systeminstanz mit Application Server und Historian installiert, um gegebenenfalls sichtbar werdende Betriebsgeheimnisse zu wahren. Dennoch entschloss sich Rotkäppchen-Mumm später, bestimmte Daten zu konsolidieren, um ein Gesamtbild der Energie- und Mediendaten zu erhalten. Dies wurde seitens MAR durch das integrierte Berichtswesen des Energiedatenmanagements realisiert.

Berichtsdesigner

Neben den Standardberichten enthalten die Systemplattform sowie das Energiedatenmanagement den Berichtsdesigner. Dieser ermöglicht es Rotkäppchen-Mumm, individuelle Berichte ohne jeglichen Programmieraufwand zu erstellen. An Stellen, an denen die Verantwortlichen der Sektkellereien an zeitliche oder systemseitige Grenzen stießen, half der Support des Entwicklerteams aus und entwarf individuelle Berichte für einzelne Standorte oder die gesamte Unternehmensgruppe. Mit dem Releasewechsel auf das Web-Frontend wurde das Berichtswesen zur Dokumentation der Prozess- und Energiedaten um eine Dashboardkomponente ergänzt. Diese gibt den Nutzern die Möglichkeit, Auswertungen ihrer KPIs visuell aufzubereiten und Daten abseits der Standardkomponenten des Energiedatenmanagements zu kontextualisieren. In Kombination mit der Anlagentechnik bei Rotkäppchen-Mumm entstand so ein integriertes Energiedatenmanagementsystem.

Zertifizierung unterstützt

Auch die regelmäßige Zertifizierung des Energiemanagementsystems wird durch die Daten und Berichte unterstützt. „So können wir unsere Energie- und Mediendaten kontinuierlich überwachen und analysieren, wo wir noch Einsparpotenziale nutzen und Prozessabläufe optimieren können“, sagt Daniela Jakob als Verantwortliche bei Rotkäppchen-Mumm. Auch Kristian Richter ist zufrieden: „Wir konnten das Energiedatenmanagement bereits ebenfalls in Glashütten bei den Herstellern der Sektflaschen einsetzen. Ein wichtiger Schritt zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft und ein großes Potenzial, das wir noch nicht ganz ausschöpfen. Das ist unsere Aufgabe für die Zukunft.“