Enterprise Resource Planning in Losgröße 1

Struktur für modulare Fertigung

Purplan baut insbesondere Tanklager, Mischstationen, Reaktions- und Versorgungsanlagen für Kunden unterschiedlicher Branchen und Größen. (Bild: Purplan GmbH)
Purplan baut insbesondere Tanklager, Mischstationen, Reaktions- und Versorgungsanlagen für Kunden unterschiedlicher Branchen und Größen. (Bild: Purplan GmbH)

Weniger Fertigung vor Ort

Überdies ist dem Digitalisierungsleiter gelungen, die Art und Weise der Fertigung bei Purplan grundlegend zu verändern. Andreas Sandmann zieht Parallelen zur industriellen Vorproduktion im Automobilbau, wie sie im Anlagenbau sonst weitgehend unbekannt ist. Wie in der Branche üblich, transportierte auch Purplan unfertige Komponenten der Anlagen lange zunächst auf die jeweiligen Baustellen und ließ sie vor Ort vorwiegend von Fremdarbeitern auf Basis von Papierzeichnungen anpassen und für die Montage vorbereiten. Dieses Verfahren erwies sich jedoch nicht nur als fehleranfällig, sondern auch als aufwendig und teuer.

Zur industriellen Vorproduktion

„Wir stießen dann darauf, dass es erheblich einfacher ist, die Anlagen nicht mehr wie zuvor als monolithischen Gesamtblock zu betrachten, sondern mithilfe des ERP-Systems stücklistenbasiert in kleinere und kleinste Einheiten herunterzubrechen“, berichtet Kröger. So lässt sich nicht nur jede einzelne Rohrleitung vorplanen und erfassen. Vielmehr können die Teile nun allesamt auftrags- und projektbezogen vor dem Transport auf dem eigenen Werksgelände gefertigt werden und müssen beim Kunden nur noch mit wenigen Schweißnähten zusammengefügt werden. So kann Purplan eine hohe Qualität bei international konkurrenzfähigen Preisen anbieten.

3D-Scan des Standortes

Bei der Vorplanung wird der künftige Standort der Anlagen mit einem Hochleistungslaserscanner vermessen, der ca. zwei Millionen Bildpunkte pro Scan erfasst und eine Toleranz von lediglich einem Millitmeter auf 70 Meter zulässt. Auf Basis dieses virtuellen Modells erfolgt anschließend die Anlagenkonstruktion im CAD-System Autodesk Plant-3D. Alle relevanten Daten der virtuellen Anlagenkonstruktion werden in der Folge im ERP-System erfasst, über das schließlich die Produktion und Montage der Anlage gesteuert wird. Durch das isometrische Engineering-Verfahren ist definiert, wo jede Rohrleitung verläuft und wie sie beschaffen ist, sodass bis zu 90 Prozent Vorfertigung möglich sind. Zugleich entsteht ein digitaler Zwilling, der eine virtuelle Begehung sowie eine Simulation der Anlagen ermöglicht. Wünsche, Änderungen und Anregungen von Kunden können somit bereits vor dem Produktionsstart aufgenommen werden, was die Gefahr von Fehlentwicklungen immens reduziert.

Werkhalle mit festen Stationen

Die neuen Strukturen zeigen sich in den Werkshallen. Früher mussten die Mitarbeiter ihre jeweiligen Arbeitsstätten immer neu aufsuchen, heute existieren festinstallierte Fertigungsplätze mit Absaugvorrichtungen, Schweißgeräten sowie Terminals und Bildschirmen, auf denen die Rohrleitungen dargestellt sind und über die die Monteure und Schweißer ihre Arbeitsgänge ins System melden. Eine Reihe von Arbeitsgängen erfolgt sogar schon teilautomatisiert mithilfe selbstentwickelter Schweißmaschinen. Laut Andreas Sandmann entfernt sich sein Unternehmen damit zunehmend von seinem handwerklichen Ursprung in Richtung einer planerischen, ingenieurstechnischen Prägung. Für Konstantin Kröger der größte Effekt, der sich aus der täglichen Arbeit mit dem ERP-System ergibt: „An dieser Stelle profitieren wir am meisten. Ohne AMS.ERP wäre diese Entwicklung meiner Ansicht nach unmöglich gewesen.“

Die Mitarbeiter müssen immer weniger Aufgaben vor Ort ausführen. (Bild: Purplan GmbH)
Die Mitarbeiter müssen immer weniger Aufgaben vor Ort ausführen. (Bild: Purplan GmbH)

Nahe am Softwarestandard

Ein großer Vorteil ist, dass sich die organisatorischen Verbesserungen umsetzen ließen, ohne das ERP-System zu verbiegen. Es gibt zwar einige Anpassungen, doch generell bewegt sich Purplan sehr nahe am Softwarestandard. Dies war auch von Beginn an beabsichtigt, denn auf diese Weise nutzt das Unternehmen zum einen bewährte Best-Practice-Prozesse, zum anderen verlaufen Releasewechsel unkompliziert. Bei den Niedersachsen sind neben dem Kernsystem viele Komponenten aus dem AMS-Produktportfolio im Einsatz – angefangen bei AMS.finance über das Dokumentenmanagement, die strategische Planung und AMS.Mobile zur Personalzeit- und Materialerfassung bis hin zum integrierten Variantenkonfigurator.

Durchlaufzeiten verkürzt

Den Variantenkonfigurator nutzt Konstantin Kröger, „um die Struktur im Auftrags- und Angebotswesen grundlegend zu verbessern“. Mit Sollkostenabfragen und dem Vergleich zwischen Soll und Budget liefert das ERP-System eine sehr präzise Kostenkalkulation und sorgt für Planungssicherheit. „Die Durchlaufzeiten in der Projektabwicklung haben sich seit dem Einsatz der Software in jedem Fall signifikant verringert“, schildert der Prozess- und IT-Experte und verweist darauf, dass die Kunden immens gestiegene Ansprüche an das Projektmanagement stellen. Er vertritt sogar die These, ohne das ERP-System wahrscheinlich gar keine Aufträge mehr kostendeckend ausführen zu können.