Einzel- und Serienfertigung im gleichen ERP-System
Schutzplanken für Prozesse
Fusionieren Firmen, sollen meist auch ihre Softwaresysteme verschmelzen. Nach einigen Mergers&Acquisitions-Operationen stand auch Saferoad RRS vor dieser Aufgabe. Da deren Hauptgeschäftseinheiten beinahe maximal unterschiedlich produzieren, galt es, Prozesse der Einzel- und Serienfertigung im gleichen System darzustellen. Mit AMS.ERP funktionierte das bemerkenswert gut.
Die Saferoad RRS GmbH ist ein europa- und weltweit tätiger Produzent von Stahlschutzplanken und Fahrzeugrückhaltesystemen entlang von Autobahnen, Landstraßen und Schienentrassen sowie in Gewerbegebieten und Parkhäusern. (Bild: Saferoad RRS GmbH)
Die Geschichte der Saferoad RRS begann mit dem Zusammenschluss der Firmen Bongard sowie Lind Verkehrstechnik zu Bongard & Lind im Jahre 2008. Die Firma produzierte und installierte damals Stahlschutzplanken und Lärmschutzwände. 2011 trat die norwegische Saferoad-Gruppe als Gesellschafter ein. Gemeinsam erwarben sie den Berliner Wettbewerber Outimex mit deren Tochtergesellschaften. Daraus entstand die heutige Saferoad RRS GmbH mit Hauptsitz in Weroth. Saferoad konzentrierte sich geschäftlich ausschließlich auf den Bereich Fahrzeugrückhaltesysteme und Stahlschutzplanken, während der Bereich Lärmschutz durch die neugegründete Tochterfirma Bongard & Lind Noise Protection übernommen wurde.
Einzel- und Serienfertigung gleichermaßen gesteuert
Zur Prozesssteuerung kommt unternehmensweit das auf die Anforderungen der Losgröße 1+ spezialisierte ERP-System AMS.ERP zum Einsatz, obwohl die Stahlelemente für die Fahrzeugrückhaltesysteme fast ausschließlich in Serien gefertigt werden. Diese Konstellation hat ihren Ursprung darin, dass die Software ursprünglich bei dem Lärmschutzspezialisten Bongard implementiert worden war, wo das System seine Stärken voll ausspielt. Zwei Jahre nach der Fusion wurde überlegt, ob sich das System – das der Hersteller als Multiprojektmanagement-Anwendung vermarktet – auch in der Serienfertigung nutzen ließe. Das übergeordnete Ziel war ein durchgängiger Datenfluss: „Wir wollten Insellösungen vermeiden, weil uns ein solches Vorgehen prozesstechnisch extrem zurückgeworfen hätte“, berichtet der ERP-Administrator Johannes Döhler. Heute steuert AMS.ERP die gesamte Projektabwicklung und Produktionsnachverfolgung: von der Angebotslegung über die Auftragsbestätigung bis hin zur Erstellung von Lieferscheinen und Rechnungen. Zudem werden in der Software sämtliche Lager-, Ressourcen- und Materialbestände verwaltet sowie die Stücklisten bzw. Stücklistenpositionen angelegt, terminiert und bei Bedarf verändert. Bemerkenswert dabei ist: Während die weitgehend individuell gestalteten Lärmschutzmodule im Westerwald produziert werden, erfolgt die Serienfertigung der Stahlschutzplanken bei dem Konzernmitglied Inter Metal in Polen.
Projektabwicklung und Produktionsnachverfolgung
Nach der Übergabe der Informationen zum jeweiligen Fertigungsbedarf wird bei der polnischen Schwester geprüft, was dort noch auf Lager liegt und was produziert werden muss. Im Rahmen von Lagervorratsaufträgen erfolgt dann die Entnahme des jeweiligen Materials, das komplett der Saferoad RRS gehört: „Diesen Prozess koordinieren wir über AMS.ERP – vom Einkauf der Stahl-Coils über die Materialeinbuchung auf das Lager in Polen und die Anlage der Lagervorratsaufträge bis hin zum Rechnungseingang über die in Polen angefallenen Kosten für das Fertigen und Verzinken der Planken“, berichtet Döhler. Der ERP-Projektleiter räumt ein, dass sowohl von ihm selbst, vor allem aber vom ERP-Lieferanten einige Anpassungen vorgenommen wurden, um das auf die Unikatfertigung ausgerichtete ERP-System für die Serienfertigung zuzuschneiden. Anstelle der mitlaufenden Kalkulation, eigentlich eine der Stärken der Software, wird für die Serienfertigung ein externes Tool verwendet. Dies liegt daran, dass Saferoad bei der Montage der Stahlschutzplanken mit externen Zuschlägen arbeitet – wenn etwa erschwerte Verhältnisse hineinspielen. Diese Zuschläge kennt das System von Hause aus nicht. Allerdings werden die fertigen Kalkulationswerte an AMS übergeben und gespeichert, um sämtliche Daten in einem System zu führen, etwa für das Projekt-Controlling.
Unternehmenstochter Bongard & Lind Noise Protection plant und installiert Lärmschutzsysteme für Straßen, Schienentrassen und die Industrie. (Bild: Bongard & Lind Noise Protection GmbH & Co. KG)
Wachsende Stücklisten
Die wachsende Stückliste, also die in der Einzelfertigung obligatorische dynamische Produktstruktur, die laufende konstruktive Änderungen abbildet, nutzt Saferoad RRS bei der Herstellung der Lärmschutzmodule. Bei der Produktion der Stahlplanken werden die Stücklisten hingegen manuell angepasst. Bei Bongard & Lind Noise Protection wird zudem seit längerem der ERP-integrierte Variantenkonfigurator genutzt. Johannes Döhler: „Der Konfigurator ist bereits im Standard derart ausgeprägt, wie ich es von keinem anderen ERP-System her kenne. Dabei kann man als Anwender auch ohne Unterstützung des Anbieters und ohne tiefes Know-how sehr viel machen.“ Damit spielt er auf die dynamischen und mehrdimensionalen Konfigurationsmöglichkeiten an. Zudem dient das Tool durch seine Plausibilitätsprüfung als Kontrollinstanz bei der Produkterstellung.
Artikel einfach anlegen
Ebenfalls eine aus der Unikatfertigung stammende Spezialität der Business-Software ist das Management sogenannter O-Teile. Dabei geht es um die Möglichkeit, unkompliziert Artikel ohne Artikelnummern anlegen zu können. Auch die Ausprägung dieser Funktionalität hält der IT-Spezialist im Vergleich zu anderen ERP-Systemen für einzigartig und nutzt sie sogar im Seriengeschäft. „Die Pflege des Artikelstamms wird durch das O-Teile-Management erheblich erleichtert. Einerseits sparen wir viel Zeit, andererseits erhöhen wir die Übersichtlichkeit, weil wir Artikel, die nur einmal zur Erstellung eines Angebots anlegt werden mussten, nicht über lange Zeiträume im System mitführen müssen.“
Kapazität und Personal
Im Bereich der Einzelfertigung der Lärmschutzmodule kommt AMS.ERP zur Planung der Maschinenkapazitäten sowie des Maschinenpersonals zum Einsatz. Gegen die Kapazitäten und Auslastungen, die in einer selbsterstellten Auswertung dargestellt werden, läuft der Auftragsbestand. Für die Grob- und Feinplanung stehen ebenfalls selbst erstellte Reports auf der Basis erfasster Betriebsdaten bereit. Im Produktionsleitstand vermittelt die Anwendung den Nutzern, was in welcher Woche in welcher Menge produziert werden muss. Im Frühsommer 2022 implementierte der Hersteller im Rahmen eines Releasewechsels die aktuelle Oberfläche der ERP-Software. Damit werde Saferoad RRS wahrscheinlich noch einige Prozentpunkte an zusätzlicher Produktivität herauskitzeln, sagt Johannes Döhler. „Vor allem deshalb, weil man sie als Administrator beliebig anpassen kann. Felder lassen sich hinzufügen und ausblenden, auch die Ansprungreihenfolge lässt sich verändern.“ Dafür benötige er keine Programmierer des Anbieters, sondern könne sie fast im laufenden Betrieb eigenständig erledigen.
Neben der Möglichkeit, Berichte über Crystal Reports zu erstellen, bietet AMS.ERP als weitere Option die Nutzung des integrierten, kostenlos mitgelieferten SQL Server Reporting Services (SSRS) an. Beide Varianten erlauben es, ohne tiefe Kenntnisse des Datenmodells der AMS.ERP-Datenbank Auswertungen bzw. allgemeine Ausgaben wie z.B. Rechnungen auf Basis von AMS-Standard-Dashboards/-Reports zu erstellen, ohne dabei den Software-Standard zu verändern. Die kundenindividuellen Dateien übersteuern bei Namensgleichheit die AMS-Standard-Dateien. Die SSRS, die auch die Plattform für das Produkt AMS.BI (Business Intelligence) bilden, bieten den Vorteil, Dashboards nach dem Aufbau einer VPN-Verbindung zum Server direkt via Browser aufrufen zu können, während Crystal Reports immer in AMS.ERP ‘eingebettet’ werden.
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