Es muss nicht immer eine einzige ERP-Lösung sein, die gleich einer eierlegenden Wollmilchsau das Unternehmen über viele Jahre und Abteilungen hinweg unterstützt. Beim Hersteller von Schalungslösungen Doka sind es gleich drei Systeme, die im Verbund jeweils ihr Bestes geben.
Patrick Weiß, Projektmanager und IT-Anwendungsspezialist, und Christoph Palmetshofer, Softwareentwickler bei Doka (v.r.n.l.) | Bild: IAS Industrial Application Software GmbH
Was haben der Burj Khalifa in Dubai – das höchste Gebäude der Welt -, der Lotte World Tower in Seoul – das höchste Gebäude Ostasiens – und die Wladiwostok-Brücke, die in Bezug auf Spannweite und Pylonhöhe gleich zwei Weltrekorde bricht, gemeinsam? Sie wurden mit Schalungslösungen aus dem niederösterreichischen Amstetten errichtet. Dort hat die Doka GmbH ihren Hauptsitz, ein Unternehmen der familiengeführten Umdasch Group. Doka zählt zu den weltweit führenden Unternehmen in Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Schalungstechnik für alle Bereiche am Bau. Zum Einsatz kommen dabei vor allem Rohstoffe wie Holz, Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffe sowie Stahl und Aluminium. Daraus entstehen die verschiedenen Systemkomponenten wie Wand- und Deckenschalungen, Kletter- und Traggerüstsysteme sowie Sicherheitssysteme. Gefertigt wird zum Großteil im Zentralwerk in Amstetten, in der Slowakei und künftig auch in Russland. In Deutschland gibt es mehrere Montagestandorte. Neben Beratung und Schulung bieten die 6.700 Mitarbeiter Dienstleistungen wie Projektmanagement, Fertigservice und Montage, Geräteservice, Logistik und Prozessoptimierung. Mit über 250 Vertriebs- und Logistikstandorten in über 70 Ländern verfügt Doka über ein leistungsstarkes Vertriebsnetz für eine rasche und professionelle Bereitstellung von Material und technischem Support.
Bild: Doka GmbH
ERP im Verbundsystem
Bei einem so erfolgreich in den anspruchsvollsten Projekten agierenden Unternehmen kann man auch von einer ausgeklügelten Informationstechnologie ausgehen, etwa einem Super-ERP-System. Ein solches gibt es zwar, aber es sieht anders aus, als viele erwarten dürften. Patrick Weiß, Projektmanager und IT-Anwendungsspezialist bei Doka, überrascht mit der Feststellung: „Wir haben drei ERP-Systeme, die über Schnittstellen miteinander verbunden sind.“ Für Finanzen, Kostenrechnung und Innenressourcen setzt man SAP ein. Der Vertrieb wird mit Microsoft Dynamics AX organisiert und für Produktion, Logistik und Instandhaltung nutzt Doka Canias ERP von IAS. Nach dem Grund für diese ungewöhnliche Kombination gefragt, sagt der Projektmanager: „Das ist einerseits historisch gewachsen. Aber vor allem wollten wir für die verschiedenen Bereiche die jeweils beste Software haben.“ Dabei auf Microsoft und SAP zu treffen, erstaunt nicht unbedingt, die Wahl von Canias ERP vielleicht schon eher. Doka-Softwareentwickler Christoph Palmetshofer: „1995 mussten wir ein altes System ablösen und durch eine Software ersetzen, die uns in der schnelllebigen IT-Branche mindestens sieben Jahre zuverlässig unterstützen sollte. Ja, und jetzt haben wir Canias ERP seit über 20 Jahren.“ Am Auswahlverfahren beteiligte sich damals so ziemlich alles, was auf dem ERP-Markt Rang und Namen hatte, aber: „Wir fühlten uns nirgends so richtig glücklich“, meint Palmetshofer. Mehr zufällig stolperte man schließlich über einen Prospekt der Industrial Application Software GmbH aus Karlsruhe und ihre ERP-Software. „Dort haben wir etliche interessante Dinge entdeckt“, so Palmetshofer, „woraus sich eine fruchtbare Kooperation entwickelte.“ So führte man im Herbst 1997 das Produktionssystem ein, 2001 das Einkaufsmodul und 2010 die Instandhaltung. „Aktuell führen wir gerade einen Release-Wechsel durch, um technisch auf dem neuesten Stand zu sein“, vervollständigt Palmetshofer den historischen Abriss. Ein wichtiger Grund für das Update war die Anbindung der russischen Kollegen, denn in der aktuellen Version steht das System auch auf Russisch zur Verfügung. Damit steuert Canias die gesamte Produktion in den Standorten Amstetten, der Slowakei, der im Aufbau befindlichen Produktionseinheit in Russland sowie in den Montagewerken in Deutschland, wo das ERP-System zur Auftragsabwicklung eingesetzt wird.
Bild: Doka GmbH
Customizing ist kein Hexenwerk
Den großen Vorteil dieser ERP-Software fasst Weiß zusammen: „Canias ERP ist über alle Maßen flexibel. Sie bekommen als Kunde den Source Code und können im Prinzip damit machen, was Sie wollen. Teures Customizing entfällt, Sie können aber in Eigenregie ein firmenindividuelles System einrichten, das neben den umfangreichen Standardfunktionalitäten alle gewünschten Komfort- und branchentypischen Funktionen bietet.“ Dazu sollte man allerdings über die Prozessabläufe in seinem Unternehmen Bescheid wissen und mit dem Entwicklungstool umgehen können. Aber: „Das kann man lernen, das ist kein Hexenwerk. Da ist eher breites Wissen als Spezialistentum gefragt“, so Palmetshofer. Weiß fügt hinzu: „Die Standardmodule decken gut 80 Prozent der Anforderungen ab. Den Rest kann man sich selbst auf Maß schneidern.“ So werden etwa für Lieferanten Gutschriften erzeugt. Bis zu 40 LKWs bringen täglich Material. „Wir lassen uns dann am Monatsende keine Rechnung schicken, sondern erzeugen eine Gutschrift. Das ist einfacher für uns“, nennt Weiß so eine Anpassung. Dabei werden Bestellungen mit Wareneingängen verknüpft und daraus erstellt man Gutschriftbelege. Ähnlich wurde die Abrechnung für das Leasing-Personal organisiert. Personalzeit- und Betriebsdatenerfassung erheben alle notwendigen Daten. Anstatt diese Daten dem Personaldienstleister zur Rechnungsstellung zu übermitteln, erstellt das ERP-System eine Gutschrift für ihn. Dabei werden statt der Wareneingänge die Anwesenheitsdaten der Leiharbeiter bewertet und wie Warenlieferungen zum Gutschriftbeleg verarbeitet. Die Gutschriften werden automatisch erstellt und der manuelle Aufwand beschränkt sich auf wenige Stichprobenkontrollen und Plausibilitätsprüfungen.
Bei den relativ vielen Anpassungen ist ein Update natürlich immer aufwendiger. Aber die Stellen, an denen etwas geändert wurde, sind bekannt und so lassen sich die Änderungen gut mit dem neuen Standard abgleichen und überprüfen, ob statt neuer Anpassungen vielleicht nur einige kleine Prozessänderungen notwendig sind. Und Palmetshofer betont: „Bei IAS bekommen wir alles aus einer Hand. Bei einem Release-Wechsel haben wir nur einen Consultant. Der kennt unser gesamtes System.“ So ging es auch bei der Auswahl des zuletzt eingeführten Instandhaltungsmoduls zu.
Instandhaltung mobil genutzt
Die neue Software unterstützt jetzt mobile Geräte. Man muss nicht mehr mit dem Notebook durch die Hallen gehen, sondern es reicht ein Tablet oder ein Smartphone. Gibt es bei einer Produktionsanlage eine Störung, kann ein Mitarbeiter rasch den auf allen Anlagen angebrachten QR-Code scannen und bekommt aus dem System alle Daten zur betreffenden Anlage, etwa wann sie das letzte Mal gewartet wurde oder ob ein bestimmter Fehler gehäuft auftritt. Mit diesen Informationen lässt sich dann schneller und gezielter auf Störungen reagieren. Über sein mobiles Gerät kann er zum Schluss auch seine Rückmeldung über die Störungsursache, Tauschteile und Reparaturzeiten geben. Diese Informationen sind auch für eine vorausschauende Wartung wichtig. Das Modul errechnet auf Basis der Maschinenlaufzeiten die nächsten Wartungstermine und erstellt entsprechende Planaufträge, die es dann in Wartungsaufträge umsetzt. Zudem sind alle Dokumente und Gebrauchsanleitungen abrufbar, auch über Mobilgeräte. So kann sich jeder Handwerker direkt vor Ort schnell über die defekte Maschine informieren. Auch die Verwaltung der Anlagen geschieht über die Instandhaltung. Dokumentationen, Betriebsanleitungen, Stromlaufpläne und Ersatzteillisten über die vorrätigen Ersatzteile und ihre Zuordnung zu bestimmten Anlagen sind hier zu finden. So ist etwa verzeichnet, wie viele Kugellager einer Anlage zugeordnet sind und wie viele davon tatsächlich im Lager sind. „Das sind eigentlich Komfortfunktionen“, sagt Weiß, „aber sie beschleunigen die Abläufe erheblich.“
Bild: IAS Industrial Application Software GmbH
Firmen- und branchentypisch
Für Projektmanager Weiß ist der größte Vorteil von Canias ERP die große Flexibilität und die Kombinierbarkeit und Offenheit mit allen Systemen. „Kein System kann alles bieten, was Doka braucht“, ist ihm klar, „aber aus jeder Software mit ihren Stärken entsteht ein Spitzensystem.“ Und die IAS-Software bietet mit dem Entwicklungswerkzeug Troia die technische Basis, um fehlende Funktionen selbst zu entwickeln und zu optimieren, wenn sie nicht im Standard enthalten sind. „Dank dieser Entwicklungsumgebung und dem offenen Quellcode können wir einfach den Standard zu unserem individuellen ERP-System mit firmen- und branchentypischen Funktionalitäten machen“, bestätigt auch Palmetshofer. Dazu gehört die sogenannte Stapelverwaltung, die man als Einzelgebindeverwaltung zusätzlich programmierte. Jeder Stapel Schnittholz, der vom Sägewerk angeliefert wird, lässt sich über ein Barcodelabel identifizieren. Lieferdatum, Lieferant, Material und Qualität jedes Stapels ist abrufbar. Diese detaillierte Lagerverwaltung ist jetzt im ERP-System abgebildet.
Typisch sind auch die Fertigungsaufträge für die kombinierte Produktion. Schalungsträger werden bis zu zwölf Metern Länge hergestellt, Standardlängen gibt es bis zu sechs Metern auf Lager. Man kann aber jede Länge bis zu zwölf Metern als Sonderlänge bestellen. Aus der Kombination der Produkte einschließlich der Sonderlängen wird automatisch aus Stücklisten und Arbeitsplänen ein Fertigungsauftrag mit allen Komponenten und Arbeitsgängen erstellt. Die verschiedenen Produkte werden dabei als Kuppelprodukte abgebildet. Mit dem Release-Wechsel sieht Weiß die beabsichtigten Ziele erreicht: „Wir haben jetzt das russische Sprachpaket für unsere Kollegen sowie die generelle Mehrsprachigkeit. Und das neue User Interface ist ebenfalls ein großer Fortschritt, die Usability ist noch besser geworden.“ Auch für Palmetshofer ist und bleibt die Flexibilität und Offenheit des Systems der größte Vorzug des Systems: „Mit Canias ERP erhalten wir eine bunte Mischung, in der jeder seine Spezialaufgaben wiederfindet und die wir leicht mit unseren anderen Systemen verknüpfen können. Die letzten 20 Jahre haben bestätigt, dass wir uns das richtige ERP-System und mit IAS den richtigen IT-Partner gesucht haben.“
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