Softwareentwicklung

Prozesse verbinden mit mobilen Low-Code-Apps

Selbst gut ausgeprägte ERP-Systemlandschaften weisen meist Lücken auf, in denen Prozesse ohne digitales Abbild ablaufen. Individuell erstellte mobile Anwendungen können solche Lücken schließen – und so manch andere Schwachstelle in der ERP-Landschaft ausbügeln.

User Interface-Erstellung per Drag & Drop im WYSIWYG-Editor einer Low-Code-Plattform. (Bild: Engomo GmbH)
User Interface-Erstellung per Drag & Drop im WYSIWYG-Editor einer Low-Code-Plattform. (Bild: Engomo GmbH)

Wenn Unternehmen individuelle mobile Anwendungen auf Basis ihres ERP-Systems einsetzen wollen, haben sie die Wahl zwischen den standardisierten Zusatzangeboten der ERP-Systeme und individuellen Apps, die mit Low-Code-Technologie realisiert werden. Ein dritter Weg, den Unternehmen zur Realisierung individueller Apps gehen können, ist die auftragsbezogene Programmierung individueller Apps, der aber aufgrund der Kosten und Projektlaufzeiten insbesondere im Mittelstand meist keine echte Alternative darstellt. Die App-Lösungen der meisten ERP-Anbieter sind fest mit deren Systemen verdrahtet und es handelt sich in der Regel um Standardanwendungen, die ein begrenztes Spektrum an Funktionen und Prozessen umfassen und wenig Spielraum für die Individualisierung bieten. Folglich bilden sie nicht das Customizing ab, das im ERP-System zuvor womöglich durchgeführt wurde, um individuelle Prozesse abzubilden. Daneben bieten gerade webbasierte Anwendungen oft kein optimales Handling, wenn sie auf mobilen Endgeräten genutzt werden: Lange Auswahllisten und schlecht auf die Bildschirmgröße abgestimmte Darstellungen führen beispielsweise schnell zu einer hakeligen Anwendung.

Systeme per App vernetzen

Low-Code App-Plattformen hingegen kommen systemunabhängig als eine Art Middleware und App-Konfigurator zum Einsatz. Neben ERP-Systemen wirken gerade in der Produktion viele Informationen und Informationssysteme, etwa PPS-, CAQ-, CRM- und MES-Software, aber auch Maschinen, Anlagen und Industriewaagen. Hier können Firmen Enterprise Apps auf Low-Code-Basis erstellen, um individuelle Geschäftsprozesse abzubilden. Mit integrierten Schnittstellen und Plug-Ins ermöglichen backend- und datenbankneutrale Low-Code-Plattformen, Apps und bidirektionalen Datenaustausch über Systemgrenzen hinweg einzurichten. Die Apps stellen prozessrelevante Daten in Echtzeit zur Verfügung und können Daten unmittelbar in die jeweiligen Systeme zurückspielen. So können Mitarbeiter eine vollständige Transaktion durchführen, unabhängig davon, welches der vorhandenen IT-Systeme im Back-end erforderlich ist und ohne dabei zwischen den Systemen wechseln zu müssen.

Beispiel Maschinendatenerfassung

Ein Anwendungsbeispiel aus der Maschinendaten- und ­Bestandsdatenerfassung (MDE und BDE) in der Produktion verdeutlicht das: Mit einer individuell erstellten mobilen App erledigen Mitarbeiter dabei die Mengenrückmeldungen der gefertigten Stückzahlen. Barcode-Scans ersetzen die Eingabe von Teile-, Serien- oder Chargennummern, und die gefertigte Menge kann manuell oder durch Anbindung an Fertigungs­anlagen oder Industriewaagen automatisiert erfasst werden. Durch die Integration der App mit dem ERP-System erfolgt die Datenübertragung ins System. So lassen sich papierlose Prozesse gestalten, ohne etwa tiefe Eingriffe ins ERP-System vornehmen zu müssen.

Individuelle Apps für die Produktion. (Bild: Engomo GmbH)
Individuelle Apps für die Produktion. (Bild: Engomo GmbH)

Erweiterbare Bibliotheken

Das Aussehen und die Funktionen solcher Apps werden in Low-Code-Plattformen per Drag&Drop in einer grafischen ­Benutzeroberfläche festgelegt. Vom Baukasten standardmäßig bereitgestellte Funktionsbausteine, beispielsweise für das Scannen von Barcodes, können ohne Programmierung in die App eingebaut und verwendet werden. Auch die Anbindung der bestehenden Enterprise-Systeme erfordert oft wenige Schritte. Somit ermöglicht Low-Code die App-Erstellung auch für IT-affine Personen aus den Fachbereichen, die keine professionellen Entwickler sind. Gleichzeitig erlauben Low-Code-Plattformen auch, dass ausgebildete Softwareentwickler ­weitere, tiefgreifende Logiken programmieren und in die Plattform integrieren. Entwicklungsprojekte mit Low-Code sind deshalb im Vergleich zur herkömmlichen Programmierung weniger komplex und aufwendig. Das erhöht das Tempo bei der Anwendungsentwicklung und schont IT-Ressourcen. Dabei fallen die nativen Apps in ihrer Bedienung nicht ­selten deutlich weniger umständlich aus, als die Bearbeitung der Transaktionen im führenden ERP-System selbst. Die Flexibilität des Low-Code-Ansatzes bietet Unternehmen die Möglichkeit der schnellen und kostengünstigen ­Bereitstellung von systemübergreifenden, prozessorientierten und schlanken Anwendungen, die individuelle Geschäftsprozesse im Ganzen abbilden und den Anwendern dadurch zu Effizienz- und Produktivitätssteigerungen in den einzelnen Abläufen verhelfen.