Software und Methodik für den SAP-Carve-out

Operation am offenen Herzen

Prozesse und IT sind heute eng miteinander verknüpft. Umso komplizierter wird es, wenn im Zuge von Mergers & Acquisitions einzelne zu veräußernde Werke oder ganze Unternehmensbereiche in knappem Zeitrahmen herauszulösen sind. Stichwort: Carve-out. IT-Plattformen für Planung und Simulation entlasten entlang der gesamten Roadmap.

 (Bild: ©Sweety/stock.adobe.com)
(Bild: ©Sweety/stock.adobe.com)

Ein SAP-Carve-out zählt zu den schwierigsten Aufgaben in der IT, wenn Spezialisten im laufenden Betrieb Teile aus einem oder mehreren SAP-Systemen herauslösen – und zwar ohne Beeinträchtigung der anderen Unternehmenseinheiten und des laufenden Betriebs. Unterschiedliche Daten, Systeme und Prozesse – beispielsweise für Manufacturing Execution (ME), IIoT Analytics, Supply Chain Management (SCM), Enterprise Resource Planning (ERP) oder Kollaboration – müssen angepasst, übertragen und in einem neuen Mandanten lauffähig gemacht werden. Wichtig ist dabei nicht zuletzt, exakt die richtigen Daten mitzunehmen und keine rechtlichen Vorschriften zu verletzen. Entscheidend für den Erfolg eines solchen Projekts ist in erster Linie ein sauberes Datenmanagement. Wer über Automatisierung langwierige und fehleranfällige manuelle Prozesse bei der Datentransformation ablöst, schafft die Voraussetzung, dass das Carve-out einzelner Bereiche einer Systemarchitektur reibungslos verläuft – im Zeitplan, gesetzeskonform und ohne den Betrieb zu stören. Bei dem Transformationsvorhaben sind einige Faktoren zu beachten.

Regeln kennen und beachten

Bei der Ausgliederung von Unternehmenseinheiten stehen neben der Restrukturierung bestehender Systemlandschaften speziell die Daten im Fokus. Im ersten Schritt gilt es zu entscheiden, welche Informationen zu migrieren und welche historischen Daten zu archivieren sind. Das Herauslösen von klar abzugrenzenden Organisationseinheiten lässt sich einfacher bewerkstelligen als das Herausschneiden von Daten innerhalb dieser Einheiten. Bei der Datenselektion und -migration sind zahlreiche Vorgaben zu berücksichtigen, um den laufenden Geschäftsbetrieb weitestgehend störungsfrei zu halten sowie rechtlichen Anforderungen und Fristen zu entsprechen.

IT frühzeitig einbinden

Wenngleich die Entscheidung für einen Carve-out Chefsache ist, muss die IT-Abteilung frühzeitig in das Reorganisationsprojekt eingebunden werden. Die IT-Spezialisten übernehmen bei der Ausgliederung eines Unternehmensbereiches eine Schlüsselfunktion und sind spätestens bei der Entwicklung der Transformationsstrategie hinzuzuziehen, damit sie das Vorgehen aktiv mitgestalten können. Weiter hat sich gezeigt, dass Carve-out-Projekte eher Erfolg haben, wenn sich das IT-Team eng mit den Fachabteilungen austauscht.

Erfahrene Mitarbeiter einsetzen

Bei einem Carve-out-Projekt ist es entscheidend, stets die Dimensionen Zeit, Komplexität und Budget im Blick zu behalten. Entscheider sollten die Projektleitung deshalb in die Hände von Mitarbeitenden geben, die neben Erfahrung im IT- und Projektmanagement über Kenntnisse zu speziellen Herausforderungen von Transformationsprojekten verfügen. Oftmals empfiehlt es sich, Projektverantwortliche von anderen Aufgaben freizustellen, damit sie sich auf die Planung der Vorbereitungsphase sowie der strikt terminierten Projektlaufzeit fokussieren können.

Beratung hinzuziehen

Nicht selten unterschätzen Unternehmen den Aufwand eines Trennungsvorhabens – es stellt sich erst im Projektverlauf heraus, dass der erhöhte Ressourcenbedarf nicht intern zu decken ist. Auch das Ausmaß der notwendigen technischen Veränderungen wird im Vorfeld oft falsch eingeschätzt. An diesem Punkt benötigen Unternehmen meist Unterstützung von außen. Diese sollte Knowhow in den Bereichen Datenmigration, Change Management sowie SAP- und Projektberatung mitbringen. Eine passende Methodik und unterstützende Software ist dem Projekterfolg ebenfalls zuträglich.

Software und Methode wählen

Die Wahl der Systemplattform für die Datenmigration bildet einen weiteren Erfolgsfaktor für das Projekt. Marktverfügbare Anwendungen unterstützen den Carve-out vom Beginn bis zur Einbindung der SAP-Systeme in die vorhandene Infrastruktur. Software und regelbasierte Analysen helfen in der Vorbereitungs- und Due-Diligence-Phase, die Komplexität, den Zeitplan und die Kosten der SAP-Migration abzuschätzen – einschließlich einer eventuellen Post-Merger-Integration. Vordefinierte Services und Packages schaffen Planungssicherheit und minimieren mögliche Risiken.

Herauslösen und übertragen

Der Softwareanbieter SNP ist auf komplexe digitale Transformationsprozesse im SAP-Umfeld spezialisiert. Mit seinem Produkt CrystalBridge unterstützt der IT-Dienstleister Unternehmen beim Herauslösen und Übertragen von SAP-Systemen sowie den entsprechenden Datenbeständen. Im ersten Schritt ist es erforderlich, SAP-Systeme zu analysieren. CrystalBridge schafft die Voraussetzung, um Daten und Anwendungen zu archivieren oder stillzulegen, die nicht mehr benötigt werden – und gleichzeitig Compliance zu wahren. Zudem können Unternehmen damit die Prozesse und Daten in den verschiedenen Projektphasen überwachen. Dass sich Prozesse parallel ausführen lassen, reduziert die Gesamtprojektlaufzeit.

Praxisbeispiel Datenreinigung

Ein international tätiger Technologiekonzern setzte bei der Übernahme von Geschäftseinheiten und Werken eines Automobilzulieferers ein neues ERP-System auf. Alle nicht mehr benötigten Daten galt es zu löschen. Dabei ging es um eine Bereinigung der ERP- und HCM-Systeme des Verkäufers durch Löschen aller Buchungskreise, mit Ausnahme derjenigen für die übernommenen Werke. Eine Herausforderung waren die vielen individuellen Tabellen des Verkäufers, die sich über SAP-Standard-Funktionalität nicht ganz bereinigen ließen. Dafür musste eine spezifische Logik implementiert werden. Die Lösung lag in einer Kombination der Standardmethode Clone & Delete mit dem Ansatz der SNP CrystalBridge: In einem Clone & Delete-Szenario wurden zunächst Kopien der Originalsysteme des Verkäufers erstellt. Anschließend löschte man selektiv nicht benötigte Buchungskreise inklusive der abhängigen Organisationseinheiten mit den dazugehörigen Stamm-, Bewegungs- und Customizing-Daten. Zusätzlich erfolgte in einem zweiten Schritt die selektive Migration der für die übernommenen Buchungskreise relevanten Archivdateien des Verkäufers in ein neu aufzubauendes Archivsystem. Der Carve-out war in weniger als einem Jahr revisionssicher fertig.

Keine Fehler unter Zeitdruck

Carve-outs geschehen meist unter hohem Zeitdruck und erlauben wenig Fehler. Eine datenbasierte Planung und Simulation sowie die Roadmap-Erstellung entlasten alle Beteiligten. Eine leistungsstarke IT-Plattform unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Transformationsprojekte und verschafft ihnen Agilität – eine wichtige Voraussetzung, um sich gerade in Krisenzeiten zukunftsfähig aufzustellen.


Tipps für das Carve-out• Im ersten Schritt ist die Entscheidung zu treffen, welche Daten migriert werden müssen, können und dürfen – und welche historischen Daten archiviert werden sollten.
• Erfolgsentscheidend ist, dass die IT-Abteilung frühzeitig eingebunden wird – sie übernimmt eine Schlüsselkomponente in dem Reorganisationsprojekt.
• Zudem hat sich gezeigt, dass Carve-out-Projekte besonders erfolgreich abgeschlossen werden, wenn das IT-Team im engen Austausch mit den Fachabteilungen steht.
• Nicht selten werden der Aufwand und das Ausmaß eines Trennungsvorhabens verkannt: Externe Berater können die internen Teams unterstützen.
• Es gibt Spezialsoftware auf dem Markt, die den Carve-out umzusetzen hilft, bis hin zur Integration der Komponenten in das neue SAP-System.






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