Ein gedruckter Kartensatz gehörte früher in das Handschuhfach jedes Fahrzeugs. Heute möchte kaum jemand selbst nach optimalen Routen suchen. Man verlässt sich auf das Navi, das auch bei unvorhergesehenen Staus schnell eine alternative Lösung bietet. So analog und veraltet wie der gedruckte Kartensatz mutet der Planungsprozess von Unternehmen an, die noch ERP-integriert gegen finite Ressourcen planen. Dabei sind Navis für die Produktionsplanung längst auf dem Markt.
Über das analoge Kartenmaterial muss es deutlich hinaus gehen, stellt auch die Expertenkommission Forschung und Innovation in ihrem Jahresgutachten 2022 fest. Dort heißt es: „Während Deutschland durchaus Stärken in den Produktionstechnologien […] hat, bewertet die Kommission als „ernsthaft kritisch“, dass Deutschland im Bereich der digitalen Technologien deutliche Schwächen zeigt. Damit [gefährdet] Deutschland […] seine bestehenden Stärken in anderen Schlüsseltechnologiebereichen wie den Produktionstechnologien […].“ Die Erkenntnisse der Kommission deuten auf Digitalisierungslücken hin, auf die auch Analogie von vom Navigationsgerät und den Kartensätzen zielte. Die Technologieführerschaft des Maschinen- und Anlagenbaus mag unbestritten sein, die Produkte der Branche innovativ und zunehmend digital vernetzt. Doch bei ihren Produktionsprozessen setzen viele Unternehmen noch auf analoge Muster. Dabei könnte im Bereich der Produktionsfeinplanung ein APS-(Advanced-Scheduling-and-Planning)-System das Äquivalent des Navis darstellen, das viele Autofahrer nicht mehr missen wollen.
Komplexe Zielkonflikte
Der Maschinen- und Anlagenbau sieht sich mit knappen Lieferfristen, kürzeren Produktlebenszyklen sowie Variantenvielfalt konfrontiert. Produkte und Dienstleistungen werden individualisiert, müssen aber – unter Androhung von Vertragsstrafen – pünktlich beim Kunden eingehen. Bestmöglich manuell zwischen diesen Herausforderungen zu vermitteln, ist den Menschen in Entscheidungspositionen häufig nicht möglich – selbst mit dem besten Kartenmaterial, also modernen ERP-Systemen und anderen digitalen Abbildungen des Ist-Zustands. Schließlich sind die Abhängigkeiten einzelner Fertigungsschritte bei Vor-, Zwischen- und Endprodukten sowie die daraus entstehenden Restriktionen hinsichtlich personeller, materieller und maschineller Kapazitäten kaum zu überblicken.
Erfahrungswissen als Basis
Um zehn Aufträge in einer optimalen Fertigungsreihenfolge zu bearbeiten, stehen rein rechnerisch mehr als 3,6 Mio. mögliche Reihenfolgen zur Verfügung. In einem typischen Fertigungsnetz sind Planer dementsprechend mit Zahlen konfrontiert, die sich kaum rational verwalten lassen. Auf die Frage, wann welche Fertigungsaufträge in welcher Reihenfolge auf welchen Maschinen bearbeitet werden sollen, existieren ebenso viele Antworten. Um diejenige zu finden, mit der sich der beste Effekt hinsichtlich Termintreue, Durchlaufzeiten und Kosten erzielen lässt, können Menschen ohne IT-Unterstpützung allenfalls auf ihr Erfahrungswissen zählen.
Ein typisches Szenario: In einer Produktionshalle des Maschinen- und Anlagenbaus stapeln sich Material, unfertige Teile oder Retouren, weil die Fertigung nicht hinterherkommt. Dass häufig mehrere Werkstücke an derselben Maschine zu bearbeiten sind, führt zu ständigen Engpässen. Eine typische Anlage besteht aus tausenden Bauteilen, die in zehntausenden Vorgängen zusammengesetzt werden. Soll dann noch ein Ersatzteil als Eilauftrag eingeschoben werden, leiden in der Regel wiederum andere Aufträge. Welche Reihenfolge- und Kapazitätsentscheidungen bewirken hier welche Konsequenzen? Welche Entscheidung führt zu dem bestmöglichen Fertigungsplan? Planen Unternehmen mit einem ERP-System, das gegen unbegrenzte Kapazitäten plant, haben Planer und Disponenten, der Analogie folgend, kaum mehr als eine Karte an der Hand, die zwar Straßen und Routen aufzeigt, aber weder Stauinformationen anzeigt, noch Alternativen berechnet. Eventuell hat die Planung darüber hinaus Analytics- und Business-Intelligence-Systeme an Bord, die Wissen aus Historiendaten und aktuellen Messungen zusammentragen und integrieren. Die Straßenkarte wird also mit Live-Informationen über Geschwindigkeitsbegrenzungen, Unfälle und Baustellen ausgestattet. Das ist wertvoll für das Controlling, bringt Verantwortliche auf dem Shopfloor aber kaum näher an den bestmöglichlichen Produktionsplan heran. Als Navi für die Produktion, das Handlungsempfehlungen berechnet und Änderungen integriert, hat Softwarehersteller Inform das APS-System Felios entwickelt, das auf mathematisch optimierte und KI-gestützte Planung der Einzel- und Kleinserienfertigung spezialisiert ist.
Bei Achenbach entstehen Aluminium-Flachwalzprodukte. Mit dem APS-System Felios gelang es der Firma, ihren Umsatz signifikant zu steigern. (Bild: Achenbach Buschhütten GmbH & Co. KG)
Algorithmisch optimiert
Mit der Fein- und Schichtplanung der Anwendung gelang dem Maschinen und Anlagenhersteller Achenbach Buschhütten eine Umsatzsteigerung um rund 30 Prozent bei tendenziell gleichbleibender Personalstärke und Fläche sowie eine signifikante Verkürzung der Durchlaufzeiten. Bei dem Anbieter von Abfüll- und Verpackungsanlagen Bausch+Ströbel Maschinenfabrik Ilshofen reduzierte die vorausschauende und automatisierte Planung mit demselben System problematische Eilaufträge um 70 Prozent. Mussten die Planer sich früher täglich mit rund 2.000 Eilaufträgen beschäftigen – bei bis zu 40.000 gleichzeitig laufenden Aufträgen – werden heute 95 Prozent der Aufträge automatisch geplant und gesteuert.
Das mathematische Modell des Produktionsplanungsproblems umfasst Entscheidungsvariablen und feste Parameter sowie sämtliche Beziehungen zwischen diesen. Erstere repräsentieren Fragen wie: Wann und auf welcher Maschine soll ein Arbeitsgang verplant werden? Wann soll ein Kunde beliefert werden? Jede Antwort bedeutet eine Entscheidung, bei der noch ein gewisser Spielraum besteht, im Modell die Variablen. Dieser Spielraum wird eingeschränkt durch feststehende Rahmenbedingungen wie Kapazitätsbegrenzungen, unveränderliche Reihenfolgen oder Materialverfügbarkeiten. Ob ein Bauteil verwendet werden kann, hängt etwa davon ab, ob es bereits verfügbar ist. Schließlich erhält das Modell noch eine Zielfunktion: Je nach Strategie stellt sich hier bspw. die Frage, welcher Produktionsplan Kosten reduziert oder die Termintreue maximiert. Algorithmen suchen das Modell, nach der optimalen Entscheidung ab. Dabei schlagen gute Algorithmen Lösungen immer mit Blick auf das gesamte System vor: Es geht bei Fragen der Maschinenbelegung nicht nur darum, den nächsten Folgeauftrag auf einer freien Maschine einzuplanen. Stattdessen kann ein entsprechend integriertes APS-System erkennen, dass es gegebenenfalls besser ist, den Folgeauftrag eine Weile warten zu lassen, da dann eine Maschine frei wird, die für diesen Auftrag besser geeignet ist. So ergibt sich eine bestmögliche Route zum Ziel.
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