Studie untersucht 120 ERP-Systeme

Mehr ERP aus der Cloud

Einen gewissen Leistungsumfang, beispielsweise CRM-Möglichkeiten, bieten nahezu alle der untersuchten Systeme. (Bild: SoftSelect GmbH)
Einen gewissen Leistungsumfang, beispielsweise CRM-Möglichkeiten, bieten nahezu alle der untersuchten Systeme. (Bild: SoftSelect GmbH)

ERP-Systeme für die Industrie

Für die verarbeitende Industrie sind die Funktionen im Bereich Fertigungssteuerung von besonderem Interesse. Durch die Überwachung von Produktionsabläufen schaffen sie Transparenz in der Produktion und ermöglichen es, den Unternehmen ihre Planungsstrategien flexibel an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Dafür bieten ERP-Systeme eine breite Palette an Fertigungsfunktionalitäten wie Chargenverfolgung, Ressourcenbelegung und Kapazitätsplanung an. Von den in der Studie genannten ERP-Lösungen, die Fertigungsfunktionalitäten abdecken, haben 96 Prozent eine Chargenverfolgung, mit der sich der Weg eines Produkts zurückverfolgen lässt. Für Fertigungsunternehmen ist es zudem wichtig, über die Ressourcenbelegung im Bilde zu sein. Welche Maschinen sind ausgelastet, wie viel Kapazität ist noch vorhanden, mit welchen vorhandenen Kapazitäten kann das Unternehmen planen? Dafür bieten die meisten der untersuchten Systeme eine Einzelauftragsfreigabe mit Anzeige der Material- (96 Prozent) und der Kapazitätsverfügbarkeit (88 Prozent) an. Zudem können rund sieben von zehn Lösungen in der Auftragsfreigabe auch die Betriebsmittelverfügbarkeit (78 Prozent) oder Personalkapazität (68 Prozent) ermitteln. Zudem deckt die Mehrheit der ERP-Systeme PPS-Funktionalitäten ab. PPS-Lösungen werden zur Planung, Steuerung und Überwachung der Produktion eingesetzt.

ERP im Zentrum des Plattform-Ökosystems

Im Zeitalter von Kollaborationsnetzwerken, verteilter Produktion und automatisierter Maschinensteuerung (IIoT) kommt dem ERP-System als zentraler Prozess- und Datendrehscheibe bei der Unternehmensplanung und -Steuerung eine Schlüsselaufgabe zu. Die industrielle Produktion wächst mehr und mehr mit digitalen Prozessen und Services zusammen. Um dieser Rolle innerhalb der bestehenden Plattformökonomie aber auch langfristig gerecht zu werden und externe Dienste integrierbar zu machen, müssen ERP-Systeme anpassungsfähiger, offener und flexibler werden. Die Integration von Services digitaler Plattformen erfordert standardisierte, teilweise branchenspezifische Schnittstellen im ERP-System entweder auf der Daten-, Prozess- und/oder der Oberflächen-Ebene. Darüber hinaus sollten flexible Workflow-Engines die Möglichkeit eröffnen, die Abläufe – etwa mit Hilfe einer Mikroservice-Architektur – an neue Rahmenparameter anzupassen. Dies erlaubt den Anbietern ebenfalls, bestimmte Leistungsangebote wie etwa IoT- oder KI-Funktionen herauszulösen und als eigenständige Plattformservices zu betreiben, setzt aber auch die Anpassung des zugrundeliegenden Lizenzmodells voraus. Die Integration von IoT-Devices, IoT-Daten oder IoT-Workflows in das ERP wird bislang von gut einem Drittel der Lösungen ermöglicht. Am häufigsten werden im Zusammenhang mit IoT-Netzwerken Analysefunktionen für IoT-Daten (84 Prozent, bei einer Grundgesamtheit von n=38), die Anbindung an Cloud-Plattformen (76 Prozent), die Nutzung von IoT-Devices in Workflows (66 Prozent) und ein integriertes IoT-Gateway (61 Prozent) bereitgestellt. Zwar biete der Markt bereits ein fundiertes Repertoire an Funktionen und Infrastrukturen zur Anbindung von IoT-Devices, doch sei der Einsatz dieser Technologien bis heute noch wenig verbreitet und auf einige wenige Branchensegmente innerhalb der Finanz- und Fertigungsindustrie fokussiert, so die Studienautoren.

(Bild: SoftSelect GmbH)
(Bild: SoftSelect GmbH)

Bewährte Pfade werden selten verlassen

Viele ERP-Hersteller zeigen sich als äußerst innovativ und erweitern ihre Produkte um vielfältige Funktionen und technische Neuerungen. Mit der Ablösung eines in die Jahre gekommenen ERP-Systems bieten sich daher zumeist große Vorteile hinsichtlich Effizienz und Optimierung der Geschäftsabläufe. Dieses Potenzial wird von vielen Unternehmen jedoch noch immer ungenutzt gelassen. Nicht selten laufen ERP-Systeme 20 oder mehr Jahre in den Betrieben. Unternehmen scheuen – getreu dem Motto: ‘Never touch a running system’ – oft davor zurück, die stabil laufenden ‘Dinosaurier’ durch Neu-Systeme zu ersetzen oder bewährte Pfade in der IT zu verlassen. Ihnen entgehen damit jedoch zum Teil enorme Effizienzvorteile, die moderne und offene ERP-Systeme den Anwendern bieten. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Oftmals fehlt es an Einsicht und notwendiger Unterstützung in der Geschäftsleitung. ERPAuswahlprojekte verzögern sich zudem häufig aufgrund unzureichender personeller Ressourcen vor allem in der IT. In manchen Fällen fehlt es auch schlichtweg an Erfahrung und Knowhow im Unternehmen, wie ERP-Transformationsprozesse erfolgreich und zielführend umgesetzt werden können. Der ERP-Markt in der DACH-Region ist äußerst vital und heterogen. Neben den ERP-Suiten der Marktführer, die Lösungen für Firmen jeglicher Branchen anbieten, gibt es zudem auch zahlreiche Nischenanbieter, die mit speziellem Zuschnitt auf die Erfordernisse einzelner Branchen punkten können. Um ein möglichst breitgefächertes Portfolio abzudecken, kooperieren viele Business-Software- Anbieter zudem untereinander. Auch die Marktführer wie Microsoft und SAP arbeiten mit Partnern zusammen, um eine bessere vertikale Funktionsabdeckung sicherzustellen und spezifische Branchenpakete weiterzuentwickeln.