Die intelligente Fabrik

Keine Smart Factory ohne vertikale Integration

Ein Erfolgsfaktor der Digitalisierung ist die Verbindung der Produktions- mit der Geschäftsebene. Ist die komplizierte Anbindung gelungen, können Unternehmen etwa ihre Produktionsabläufe mit Echtzeit-Analysen verbessern oder die Maschinen im Werk datenbasiert steuern.

Bild: Itelligence AG
Bild: Itelligence AG

Die Integration von Produktionsabläufen setzt einen gewissen Digitalisierungsgrad in der Fertigung voraus. Im Großen und Ganzen bildet jedoch die vertikale und horizontale Integration die Basis für die Abbildung einer wirklich digitalen Fertigung und für die Digitalisierung der kompletten Produktionsabläufe. Bezogen auf die diskrete Fertigungsindustrie lässt sich das Leitbild Industrie 4.0 vor allem dadurch charakterisieren, dass die Produktionssysteme und Ressourcen horizontal und vertikal integriert sind.

Integration auf Hierarchieebenen

Unter vertikaler Integration versteht man die Integration von IT-Systemen auf verschiedenen Hierarchieebenen zu einer durchgängigen Lösung. Man spricht hier auch von der Integration des Shop Floors bis zum Top Floor oder von ‚Sensor to Boardroom‘. Ziel ist hier, alle Daten eines Unternehmens für Auswertungen und als Grundlage für Geschäftsentscheidungen nutzen zu können. Aber gerade bei der vertikalen Integration ist bei vielen Unternehmen viel Optimierungspotenzial vorhanden: Denn jeder Produzent erzeugt jeden Tag bereits große Datenmengen, die oft sogar schon in Daten-Silos zusammenlaufen – aber in der Vertikalen meist ungenutzt bleiben. Diesen Unternehmen bleiben wichtige Informationen verborgen oder sie gehen verloren.

Funktionen und Abteilungen

Die horizontale Integration orientiert sich an der Wertschöpfungskette des einzelnen Unternehmens. Ziel ist die horizontale Vernetzung von abteilungs- und funktionsübergreifenden Informationen. Das Ergebnis ist im Idealfall eine einheitliche Datenbasis, die von verschiedenen Fachbereichen genutzt werden kann. Durch die Nutzung eines integrierten ERP-Systems ist diese horizontale Integration in vielen Unternehmen bereits gegeben.

Integration in der Smart Factory

In einem immer globaler werdenden Wettbewerb, den kurzfristige Marktveränderungen und immer kürzere Innovationszyklen charakterisiert, ist die intelligente Vernetzung von Unternehmen inklusive ihrer Fertigung(en) ein wichtiger Baustein für den Unternehmenserfolg. Die horizontale und vertikale Vernetzung von Menschen, Maschinen, Objekten und IT-Systemen trägt zur Effizienz und Transparenz im Unternehmen bei, erlaubt agil zu handeln und bietet die Möglichkeit, digitale Geschäftsmodelle und Werksoptimierungen auf der Basis von Digitaltechnik auszurollen.

Informationen in Echtzeit

Große Datenmengen lassen sich besonders schnell mit In-Memory-Datenbanken verarbeiten. Dabei handelt es sich um ein System, das den Arbeitsspeicher eines Computers als Datenspeicher nutzt. Durch die vertikale Integration lassen sich die Daten, die in einer Fabrik erhoben werden, direkt in der In-Memory-Infrastruktur auswerten. Produktionsabläufe können so auf der Basis von Echtzeitinformationen verbessert werden, etwa mit Leistungsanalysen, Stör- und Laufzeitanalysen sowie OEE-Analysen.

Maschine lernt selbstständig

Dazu kommt die Möglichkeit der vorrausschauenden Wartung oder Predictive Maintenance: Durch Sensoren sendet die Maschine einen Wartungsauftrag direkt an die Instandhaltung, um ein Verschleißteil auszutauschen bevor es kaputt geht. Auch das Machine Learning ist ein integraler Bestandteil einer Smart Factory und bietet die Möglichkeiten IoT-Szenarien weiter zu verfeinern. Hier können jedoch Anwendungen durchaus sinnvoll sein, die auch ohne vertikale Integration funktionieren: Durch Störanalysen kann eine Maschine etwa selbstständig ermitteln, wann eine Wartung angesetzt werden sollte. Maschinen können selbstständig ihren Nachschub steuern, den Komponentenverbrauch messen oder analysieren, ob sie neu justiert werden müssen.

Globale Fertigung

Heute zeichnen sich die meisten IT-Landschaften von Unternehmen dadurch aus, dass sie heterogen gewachsen und mit Eigenentwicklungen und Insellösungen durchzogen sind. Teilweise wurden diese Systeme proprietär und durch aufwendige Programmierungen angebunden. Um IT-seitig handlungsfähiger zu werden, streben viele Unternehmen aktuell eine Vereinheitlichung ihrer Systemlandschaften an. Diese Arbeit sollte mit einer schlankeren Gestaltung und Standardisierung von Prozessen flankiert werden. Ein Vorhaben dieser Größenordnung stellt viele Unternehmen vor eine große Herausforderung. Daher sollte mit einem kleinen Pilotprojekt gestartet werden, um Erfahrungen zu sammeln. Der Punkt der vertikalen Integration von Produktionsdaten sollte gerade bei diskreten Fertigern ausreichend Bedeutung geschenkt werden. In diesem Umfeld könnte der Weg über einen Piloten zum Ziel führen, der später im Rahmen eines Template-Managements wachsen und in weitere Geschäftsbereiche ausgerollt werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass die IT-Systeme auf dem neusten Stand sind. Die technische Integration lässt sich über Systeme realisieren, die im Sinn einer Datendrehscheibe Produktionsdaten an andere Lösungen verteilen. Sind diese Grundpfeiler vorhanden, kann an der vertikalen Integration des Shop Floors in Richtung Top Floor gearbeitet werden. Stehen die Daten aus der vertikalen Integration zur Verfügung, können sie als Basis für die strategische Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auf Basis einer Cloud-Platform genutzt werden. Die Technologie spielt hier eine sehr wichtige Rolle, so können Lösungen die ohnehin ausreichend komplizierten Projekte deutlich erleichtern, wenn sie auf offene und etablierte Standards aufsetzen.


Roman Kruse ist Head of Center of Excellence Discrete Industries bei der Itelligence AG. (Bild: Itelligence AG)

Roman Kruse ist Head of Center of Excellence Discrete Industries bei der Itelligence AG.







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