Als beim Werkzeughersteller Lukas-Erzett ERP-Updates aufgrund von Individualisierungen immer komplizierter wurden, war der Punkt für den Systemwechsel gekommen. Mit effizientem Controlling gelang der planmäßige Abschluss des agilen Einführungsprojektes.
(Bild: Lukas-Erzett GmbH & Co. KG)
Wie der Lukas-Erzett Vereinigte Schleif- und Fräswerkzeugfabriken GmbH & Co. KG dürfte es vielen mittelständischen Unternehmen gehen: Das vor 21 Jahren eingeführte ERP-System wurde über die Jahre ständig verbessert und individuell erweitert. Dadurch konnten zwar alle Anforderungen an das System realisiert werden – andererseits blieb die Fähigkeit zu Updates auf den aktuellen Softwarestand irgendwann auf der Strecke und es wuchs die Abhängigkeit vom bisherigen Dienstleister. Doch für den Werkzeugproduzenten aus dem Großraum Köln standen E-Commerce, die Entwicklung einer Wissensdatenbank und die ERP-Anbindung von Tochterfirmen auf dem Plan. „Um unser Wachstum und die weitere Digitalisierung unserer Geschäftsprozesse mittel- und langfristig abzusichern, haben wir unsere Strategie hinterfragt“, berichtet Alfred Szudrowicz, IT-Leiter des Unternehmens. „Dazu haben wir uns externe Unterstützung gesucht.“
Risiken konsequent vermeiden
Mit MQ Result Consulting fand der Produzent ein anbieterunabhängiges Beratungsunternehmen mit standardisierten Methoden und Werkzeugen zur Überprüfung, Auswahl und Einführung von ERP-Systemen. „Man sagt, dass 60 Prozent aller Projekte bei der ERP-Auswahl und Einführung scheitern“, schildert Alfred Szudrowicz. „Daher wollten auch wir nicht auf professionelle Unterstützung verzichten.“ Als Grundlage für das Auswahlverfahren erstellten die Berater anhand vorbereiteter Fragenkataloge ein Lastenheft mit den Wünschen und Anforderungen aller Abteilungen und Bereiche. Hier wurde auch ein Tochterunternehmen von Lukas einbezogen, das bisher nicht an das ERP-System angebunden war. Nun sollten hier durchgehende Prozesse und effizientes Controlling ermöglicht werden.
Die neue, alte Lösung
Schon vor der Erstellung des Lastenheftes war klar, dass die aktuelle Version des langjährig eingesetzten ERP-Systems Microsoft Navision implementiert werden sollte. „Es ging also darum, einen Anbieter zu finden, der die Einführung mit geringstem Aufwand und weitgehend im Standard durchführen konnte“, sagte Szudrowicz. Nach einer Ausschreibung fiel die Wahl auf die GOB Software & Systeme GmbH in Krefeld. Im weiteren Verlauf des Auswahlprojekts zeigte sich, dass das Lastenheft und die weiteren Ausschreibungsunterlagen nicht nur eine wichtige Basis lieferten, um den detaillierten Inhalt und Umfang des Projekts zu definieren, sondern auch die Grundlage für detaillierte Angebotsklärungen und schließlich für die kaufmännischen Vertragsverhandlungen schufen.
Die Aufgrund der guten Zusammenarbeit während des Auswahlverfahrens wurde auch das Einführungsprojekt gemeinsam mit MQ Result Consulting aufgesetzt. Kurz nach Projektbeginn änderten sich dann die Vorgaben der Geschäftsleitung: Statt bei den Tochterunternehmen sollte die Einführung nun bei der Muttergesellschaft in Engelskirchen beginnen. Zugleich sollten die Workshops effizienter werden und weniger Mitarbeiter beanspruchen. Deshalb schlug GOB ein Vorgehen nach der agilen Projektmethode vor. „So konnten wir uns einen Bereich nach dem anderen vornehmen“, berichtet Alfred Szudrowicz. „Dabei hat uns MQ Result Consulting mit sehr detaillierten Prozessbeschreibungen unterstützt.“ Der Softwarestandard wurde der jeweiligen Prozessbeschreibung gegenübergestellt, anschließend wurden sehr konzentriert die Diskrepanzen gelöst und schließlich feinjustiert. Dabei wurden oft bereits in der nächsten Sitzung neue Software-Stände vorgestellt. Jeweils zeitversetzt nach ein- bis zwei Wochen wurde die Arbeit am nächsten Bereich, etwa der Produktion, aufgenommen, so dass eine große ‚Prozesswelle‘ durch das Unternehmen lief. Die Teilprojektleiter hatten dann rund zehn Tage Zeit, die Software in Funktionstests zu prüfen. „Nach Abschluss dieser Phase konnte man dazu übergehen, die bereichsübergreifenden Prozesse zu bearbeiten, etwa zwischen Beschaffung und Produktion“, sagt Szudrowicz. Als kluger Schachzug der Geschäftsleitung erwies sich, dem Projektteam in Haus mit Schulungs- und Besprechungsräumen außerhalb des Werksgeländes zur Verfügung zu stellen: „Das hat das Projekt beschleunigt, weil man sich abseits vom Tagesgeschäft auf seine Aufgaben konzentrieren konnte“, meint Szudrowicz.
Werkzeuge von Lukas-Erzett für die Metall bearbeitung. (Bild: Lukas-Erzett GmbH & Co. KG)
(Bild: Lukas-Erzett GmbH & Co. KG)
Fortschritt im Auge behalten
Um den Fortschritt des agilen Einführungsprojektes auch in bereichsübergreifenden Prozessen bewerten zu können, entwickelte das Beratungshaus ein Konzept und beschrieb rund 30 Geschäftsprozesse. Diese Beschreibungen wurden während der beiden Integrationstests abgearbeitet. „Dabei haben wir Schulnoten vergeben und Mängellisten geführt, die dann sofort bereinigt wurden“, berichtet Szudrowicz. „In rund drei Monaten konnten wir nach und nach alle Ampeln für die Geschäftsprozesse auf grün stellen.“ Aufgrund der guten Ergebnisse war das neue System bereits ab Mitte November 2017 soweit eingerichtet, dass man an den Go-Live denken konnte. Dieser war für den Jahreswechsel geplant und wurde schließlich ab 21. Dezember vorbereitet: „Die ursprünglich im Raum stehende Urlaubssperre für die Projektmitarbeiter konnten wir bereits am zweiten Tag zur Freude aller aufheben“, sagt Alfred Szudrowicz. „Aufgrund der exzellenten Vorbereitung waren wir schon frühzeitig fertig und konnten am 3. Januar 2018 planmäßig live gehen.“ Es begann eine Phase von Feineinstellungen, um die Benutzerfreundlichkeit weiter zu verbessern.
Für den Produktionsstandort in Tschechien wurde eine weitere Projektphase geplant, die den 1. Oktober 2018 als Go-Live-Termin vorsah. Dieses Nachfolgeprojekt wurde ab Februar 2018 mit einer neuen Projektgruppe gestartet, die aber die Methoden des Hauptprojektes übernahmen: Teilprojektleiter und kleine Teams aus den Fachbereichen arbeiteten der Projektleitung nach der agilen Methode zu. In der heißen Phase ab August 2018 reiste jede Woche ein Kernteam nach Tschechien, um dort entsprechend der bisherigen Erfahrungen aus Engelskirchen auf den Erfolg des Echtstarts hinzuarbeiten. Am 27. September 2018 gelang auch dies.
Digitalisierung geht weiter
„Zwar war ich während dieser spannenden Zeit mehr in der Firma als bei der Familie – aber mit den richtigen Beratern und einem hervorragend motivierten Team haben wir eine super Leistung gebracht“, meint Szudrowicz rückblickend. Auch die inzwischen neue Geschäftsleitung der Firma beurteilt das Gesamtprojekt positiv: „Durch die schön integrierte, standortübergreifende Lösung auf einem Server ist die Transparenz im gesamten Unternehmen gestiegen“, schildert Olaf Heimann, der als Geschäftsführer den kaufmännischen Bereich verantwortet. Thomas Polinski, Geschäftsführer Technik, ergänzt: „Durchgehende Prozesse und die Integration unseres Produktionsstandortes sind eine Voraussetzung für die weitere Digitalisierung unseres Geschäfts.“ So stehen für Alfred Szudrowicz längst weitere Projekte der Digitalisierung im Mittelpunkt der Arbeit: Der Ausbau einer umfangreichen Wissensdatenbank, eine unternehmensweite Lösung für Business Intelligence und ein Webshop für E-Commerce sorgen dafür, dass der Werkzeugerhersteller bei der Digitalisierung sein hohes Tempo hält.
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