ERP-Einführung und -Umstellung

Herkulesaufgabe: ERP-Projekte meistern

ERP-Einführungen sind bekanntermaßen mit einem enormen Aufwand und hohen Kosten verbunden. Welche Aspekte bei der Bewältigung dieser Herkulesaufgabe die zentralen und erfolgversprechenden sind, hat die Unternehmensberatung Poesis im Rahmen einer Studie erhoben.

 (Bild: ©Prostock-studio/stock.adobe.com)
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ERP-Projekte sind komplex und binden je nach Umfang eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Ressourcen über einen längeren Zeitraum an sich. Vor diesem Hintergrund hat Poesis Consulting eine Studie zum Thema ERP-Umstellung durchgeführt, an der Unternehmen aus Österreich und Deutschland mit 80 bis 2200 Mitarbeitern teilnahmen. Die Kernergebnisse werden im folgenden erläutert.

Softwareauswahl

Eine der ersten Fragen, die bei einer ERP-Umstellung aufkommt, ist die Frage nach der passenden Software. Dabei ist man prinzipiell mit zwei Möglichkeiten konfrontiert: Update auf eine aktuellere Version der sich schon in Betrieb befindlichen Software, oder der Wechsel zu einem anderen Software-Anbieter. Bei der Entscheidung können einige Leitregeln helfen. Es gibt gute Gründe für die weitere Verwendung einer Software, wie etwa ein ähnlicher Aufbau und eine bekannte Benutzer-Oberfläche. Dadurch wird beispielsweise die Umstellung aufgrund des bereits vorhandenen Wissens erleichtert. Zudem ist die Überführung einfacher, Geschäftsbeziehungen und Kontakte zum Softwarehersteller bleiben bestehen, häufig besteht die Möglichkeit bereits verhandelte Lizenzen ins neue System übernehmen zu können, Third Party Tools sind bereits bekannt und der Schulungsaufwand ist geringer. Doch auch für einen Anbieterwechsel gibt es Gründe. Die am häufigsten genannten sind dabei Unzufriedenheit mit der bekannten Software, deren begrenzter Funktionsumfang sowie die Änderung des Geschäftsmodells und der damit einhergehenden nicht mehr länger gegebenen Passung mit dem bestehenden Angebot des Anbieters. Ungeachtet dessen, ob man weiterhin in der Anbieter-Welt bleibt oder nicht, bildet ein strukturiertes Evaluations- und Auswahlverfahren basierend auf den Anforderungen der zukünftigen Prozesse, die rechtzeitige Einbindung der beteiligten Personen sowie die Rückendeckung durch die Geschäftsführung und die Unterstützung durch externe Spezialisten eine gute Grundlage, um die richtigen Software zu finden

IT-Landschaft

Nach der Auswahl muss die ERP-Software in die bereits existierende IT-Systemlandschaft integriert werden. Dabei nennen die Befragten das CRM-System als das am meisten betroffene IT-System, wenn es um den Anschluss an ein ERP-System geht. Ferner erachten die Befragten die Schnittstelle zu externen Dienstleistern oder auch das Reporting als wesentlich, da deren Integration zentrale Faktoren für eine erfolgreiche ERP-Umstellung sind. Als immer wiederkehrendes Kriterium für die Auswahl des ERP-Systems wird von den Befragten die Langlebigkeit der Software genannt – das zukünftige System sollte keine kontinuierlichen Veränderungen in den Lizenzbestimmungen aufweisen und technologisch zukunftsweisende Voraussetzungen erfüllen. Da die meisten zeitgemäßen ERP-Lösungen cloudbasiert sind, müssen sich auch die Kunden gezwungenermaßen vermehrt mit einem Wechsel in die Cloud beschäftigen. Schließlich gibt es auch gute Gründe dafür, wie etwa geringere Anforderungen an die eigene Infrastruktur, Flexibilität in Sachen Nutzeranzahl und Lizenzen oder einfache Skalierbarkeit. Jedoch muss wie immer die Situation beurteilt werden, in der sich das jeweilige Unternehmen befindet. Auch heute kann eine On-Premise-Installation noch immer die bessere Wahl sein. Wie auch immer man sich entscheiden mag, es hat maßgebliche Auswirkungen auf das weitere Projekt.

Go-Live

Der Go-Live kann als Big Bang oder in Etappen (modular oder über Mandanten) erfolgen. Ein Big Bang eignet sich dabei vor allem, wenn starke Abhängigkeiten zwischen den Systemen bestehen und hoch-integrative Prozesse betrieben werden. Es ist zwar die riskanteste Form des Go-Lives, oftmals aber weniger komplex und ressourcenschonender. Dabei wird auf ein konkretes Datum hingearbeitet, ab welchem die Nutzung des Alt-Systems beendet wird. Ein Go-Live in Etappen reduziert im Vergleich dazu das Risiko, da weniger Inhalte zu einem dezidierten Zeitpunkt live gehen und weniger Ressourcen gleichzeitig gebunden werden. Man kann auch von einer Art Lerneffekt profitieren, da mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Go-Lives – über Module oder Mandanten hinweg – stattfinden. Dadurch wird jedoch zwangsläufig die Projektlaufzeit verlängert, womit auch ein erhöhter Planungsaufwand einhergeht. Zudem ist ein solcher Go-Live komplexer.

Projektmethodik

Zu den gängigsten Projektmethodiken zählen zum einen der Wasserfall-Ansatz, zum anderen agile Vorgehensweisen. Zudem gibt es unterschiedliche Mischformen. Basierend auf den Expertengesprächen der Poesis-Studie ist keine klare Präferenz für eine der Methoden erkennbar. Obwohl in der Softwareentwicklung agile Projektmethoden immer mehr an Bedeutung gewinnen, setzt man bei ERP-Projekten oft noch auf klassische Wasserfall-Methoden oder auf Mischformen. Hybride Formen haben dabei oft den Vorteil, dass besser auf die jeweiligen Anforderungen eingegangen werden kann. Beispielsweise kann von einem Phasenplan mit agilen Elementen in den einzelnen Phasen profitiert werden. Die Anzahl an Sprints ist dabei vorgegeben (planbarer Wasserfallansatz) und durch kurze Entwicklungszyklen wird eine schnelle Abnahme von Entwicklungen sowie Parallelisierung von Aufgaben ermöglicht. Bei der Auswahl der Methode können Unternehmen dabei auch auf die Expertise externer Partner zurückgreifen.

Externe Partner

Ein Großteil der befragten Unternehmen arbeitet neben dem Implementierungspartner auch mit externen Beratungsdienstleistern zusammen. Dabei spielt es keine Rolle in welcher Phase des Projekts man sich befindet. Zu Projektbeginn kann ein strukturiertes und zielgerichtetes Auswahlverfahren Sicherheit schaffen. Im weiteren Projektverlauf können Unternehmen von der Erfahrung des externen Partners proftieren. Zudem können fehlende interne Ressourcen aufgefangen werden. Externe Berater helfen auch bei der Umsetzung innerhalb des zeitlich und finanziell gesteckten Rahmens. Eine weitere häufig übersehene, aber nicht zu vernachlässigende Aufgabe externer Beratungsdienstleister ist darüber hinaus die Vermittlerrolle zwischen Anwender-Unternehmen und Implementierungspartner.

Fit in die Zukunft

Die Umstellung eines ERP-Systems ist eine komplexe Aufgabe, mit der sich Unternehmen oft erst sehr spät beschäftigen. Dabei gilt: Je früher und umsichtiger sich Unternehmen dazu Gedanken machen, desto eher wird es in der Lage sein, signifikante Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Neben den Herausforderungen, die mit einer ERP-Umstellung einhergehen, birgt ein solcher Schritt aber auch Chancen. Es zeigt sich, dass ein Unternehmen im Zuge einer ERP-Umstellung ‚fitter‘ wird, da es an Projekterfahrung, Skills, Know-how oder auch Methodenkompetenz gewinnt. Zusätzlich werden die internen Prozesse optimiert sowie alteingesessene Muster hinterfragt und verändert. Kurz um: Im Zuge einer erfolgreichen ERP-Umstellung professionalisiert sich das Unternehmen und eröffnet sich dabei beträchtliche Chancen, sich zukunftssicher auszurichten.